Mit kürzeren Wartefristen will die Bundesregierung Asylbewerber künftig schneller in Arbeit bringen. Bei Fachleuten in Ostbayern stößt die geplante Regelung auf Kritik - sowohl bei Wohlfahrtsverbänden wie der Caritas, als auch bei den Wirtschaftskammern.
Sorge vor bürokratischen Hürden
Für den Caritasverband der Diözese Regensburg ist die Lockerung "kein großer Sprung" für eine Verbesserung der Integration in den Arbeitsmarkt für Asylbewerber. Das sagte die Leiterin des Referats für Migration und Integration der Caritas, Nika Krausnick. Die neue Regelung werde kaum eine Veränderung bringen. Vielmehr stünden bürokratische Hürden im Weg, die der Gesetzgeber laut Krausnick dringend abbauen müsse, sagt die Integrationsbeauftragte.
- Zum Artikel: Sollten Flüchtlinge früher arbeiten dürfen?
Das Bundeskabinett hat am Mittwoch in Berlin Erleichterungen für die Arbeitsaufnahme von Geflüchteten beschlossen. Sie sollen demnach künftig generell nach sechs Monaten arbeiten dürfen. Bisher gilt das Arbeitsverbot für Menschen in Gemeinschaftsunterkünften neun Monate lang für Alleinstehende und sechs Monate lang für Eltern von Kindern. Von den Erleichterungen ausgenommen werden sollen jedoch Menschen, die Deutschland verlassen müssen, die aus sicheren Herkunftsländern kommen oder die Identitätsklärung verweigern. Menschen mit einer Duldung sollen grundsätzlich eine Beschäftigungserlaubnis erhalten.
Enormer Aufwand schreckt viele Arbeitgeber ab
"Der häufigste Ausschlussgrund, warum jemand nicht arbeiten darf, ist die fehlende Identitätsklärung", sagte Krausnick. "Bei uns wird in der Regel nur der Pass akzeptiert, aber nicht zum Beispiel die Geburtsurkunde. Viele Asylsuchende haben aber keine Pässe."
Ein weiteres Hindernis sei das "unglaublich aufwendige" Genehmigungsverfahren für einen Arbeitsplatz. "In Bayern wird Asylsuchenden nicht pauschal nach den jetzt sechs Monaten erlaubt, zu arbeiten, sondern jede Stelle muss extra beantragt und genehmigt werden", so Krausnick. An dem Prozess seien die Arbeitgeber, die Ausländerbehörde, die Arbeitsagentur und teils auch die Caritas beteiligt. Wegen dieses Aufwands würden Arbeitgeber häufig davor zurückschrecken, Asylsuchende überhaupt anzustellen.
Umzüge für die Arbeit sind nicht erlaubt
Integrationsexpertin Krausnick kritisiert außerdem, dass ein Arbeitsangebot nicht als Grund anerkannt wird, umziehen zu dürfen. Menschen, die sich im Asylverfahren befinden, oder Geduldete, dürfen sich ihren Wohnort nicht aussuchen. Somit fielen viele Jobangebote weg, vor allem wenn es sich um Schichtarbeit handelt.
Wenn der Gesetzgeber eine spürbare Verbesserung schaffen möchte, sollte er solche Hürden abbauen, meint Krausnick. Bei der Caritas Regensburg beschäftigen sich derzeit sechs Mitarbeiter mit den Belangen von Asylsuchenden, allein dieses Jahr wurden bereits rund 6.200 Beratungsgespräche mit circa 2.700 Menschen geführt.
Kammern wünschen sich Sicherheiten
Bei der IHK Oberpfalz und Kelheim begrüße man alle Maßnahmen, die Asylsuchende schneller in Arbeit bringen. Allerdings brauche es aus Sicht der Unternehmen parallel zu der zeitlichen Perspektive eine verlässliche Arbeitserlaubnis sowie eine Bleibeperspektive, sagt eine Sprecherin. Die Betriebe bräuchten die Sicherheit, dass die Arbeitnehmer nicht plötzlich abgeschoben werden oder keine Arbeitserlaubnis mehr haben.
Ähnlich sieht es die Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz. Eine Verkürzung des Arbeitsverbots "schadet nicht", sagt Georg Haber, Präsident der Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz auf BR-Anfrage. "Allerdings stellen wir uns die Frage, ob eine Verkürzung um drei Monate die entscheidende Stellschraube für das Gelingen der Arbeitsmarktintegration sein kann", so Haber weiter.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!