Nach der tödlichen Messerattacke auf einen Arzt im oberbayerischen Wasserburg am Inn (Landkreis Rosenheim) hat die Polizei mittlerweile nach eigenen Angaben ein ziemlich klares Bild davon, was passiert ist und warum der mutmaßliche Täter sein Opfer attackiert hat. "Wir haben schon einigermaßen eine Vorstellung über die Abläufe und die Hintergründe der Tat", sagte ein Polizeisprecher am Mittwoch.
Polizei schweigt wegen möglicher psychischer Erkrankung und Pietät
Allerdings würden Details mit Blick auf die mögliche psychische Erkrankung des Verdächtigen nicht öffentlich preisgegeben. Zudem gelte es, Rücksicht auf die Angehörigen zu nehmen und die Pietät zu wahren.
"Wir gehen davon aus, dass es sich um eine gezielte Attacke handelte", sagte der Polizeisprecher. Laut vorläufigem Obduktionsergebnis führten die dabei erlittenen Verletzungen zum Tod des Mannes.
Der verhaftete Tatverdächtige ist laut Polizei offenbar ein ehemaliger Patient. Polizei und Staatsanwaltschaft teilten mit, es gebe Hinweise darauf, "dass zwischen dem Opfer und dem mutmaßlichen Täter vor einigen Jahren ein berufsbedingter Kontakt bestand".
Der 40-jährige Tatverdächtige schweigt zu Vorwürfen
Der 40-jährige Tatverdächtige äußerte sich nach Angaben des Polizeisprechers vor dem Ermittlungsrichter am Dienstag nicht zu den Vorwürfen. Gegen den Deutschen mit Wohnsitz in Norddeutschland wird nun wegen Mordes ermittelt.
Er befindet sich mittlerweile in einer forensischen Fachklinik. Dort werden Menschen behandelt, die aufgrund einer psychischen Erkrankung oder aufgrund einer Suchterkrankung zum Straftäter geworden sind und ihre Straftaten im Zustand verminderter oder aufgehobener Schuldfähigkeit begangen haben.
Arzt auf Gelände des Inn-Salzach-Klinikums niedergestochen
Am Montagabend war auf dem Gelände des Inn-Salzach-Klinikums in Wasserburg ein Arzt erstochen worden. Der 64-jährige hatte mit Straftätern in der psychiatrischen Klinik gearbeitet.
Die Beamten waren wegen eines anderen Einsatzes vor Ort, als ein Zeuge sie auf den niedergestochenen Mann aufmerksam machte. Ersthelfer kümmerten sich bereits um den Schwerverletzten, der aber noch vor Ort starb.
Blutverschmierter 40-Jähriger festgenommen
In der Nähe des Tatorts fanden die Polizisten einen blutverschmierten Mann, der sich widerstandslos festnehmen ließ. Er hatte zuvor selbst den Notruf gewählt.
Die mutmaßliche Tatwaffe, ein Küchenmesser, wurde von der Polizei sichergestellt. Zeugen der Bluttat gibt es bis jetzt nicht.
Getöteter Mediziner arbeitete als Forensikarzt
Der getötete Mediziner hatte nach Angaben der Beamten als Forensikarzt mit psychisch kranken und suchtkranken Straftätern gearbeitet. "Er hat nur mit Rechtsbrechern, im Maßregelvollzug, gearbeitet", sagte eine Sprecherin des Regierungsbezirks Oberbayern am Dienstag in München. Der Bezirk ist Träger der betroffenen Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie, psychosomatische Medizin, Geriatrie und Neurologie in Wasserburg am Inn (Landkreis Rosenheim).
Beim Maßregelvollzug geht es um die Unterbringung von psychisch kranken oder suchtkranken Straftätern zum Schutz der Bevölkerung und zur Therapie der Betroffenen. Eine Möglichkeit ist die Unterbringung von Straftätern in einem psychiatrischen Krankenhaus. Voraussetzung ist, dass jemand bei der Tat nur vermindert oder gar nicht schuldfähig war und für die Allgemeinheit weiterhin gefährlich ist.
Aus Norddeutschland angereist?
Der Getötete war nach Angaben der Bezirkssprecherin seit vielen Jahren in der Klinik beschäftigt. Ob der Mann vor der Tat bedroht worden sei, wisse sie nicht – dem gehe man ebenfalls nach. Weiter hieß es, der mutmaßliche Täter sei aktuell nicht in der Klinik untergebracht gewesen. Vielmehr sei er angereist und habe wie ein Besucher das überwiegend frei zugängliche Klinikgelände betreten.
Das Klinikgelände sei ein offenes Areal, bestätigte eine Sprecherin. Beim überwiegenden Teil der psychisch kranken Menschen, die dort untergebracht seien, handele es sich nicht um Straftäter. Vielfach gehe es bei den Patienten um Selbst- statt um Fremdgefährdung.
BKG: Tödliche Angriffe auf Personal sehr selten
Von Fällen, bei denen medizinisches Personal der Klinik tödlich verletzt wurde, wisse sie bislang nichts, so die Sprecherin. "Es gibt niemanden im Krankenhaus, der sich an eine derartige Tat erinnert."
Auch laut der Bayerischen Krankenhausgesellschaft (BKG) seien gewalttätige Übergriffe auf medizinisches Personal, bei denen Menschen schwer verletzt oder gar getötet werden, sehr selten. Schutz sei aber nur bedingt möglich, so BKG-Sprecher Eduard Fuchshuber. Viele Krankenhäuser setzten gerade für Mitarbeiter in Notaufnahmen auf Selbstverteidigungskurse oder Schulungen zum Thema Deeskalation.
Mit Informationen der dpa
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