Es ist mitten in der Nacht im April 2023, als Susa Niemann Schreie hört. Jemand ruft auf der Straße um Hilfe, nachts um halb drei, mitten in der Aschaffenburger Innenstadt. Susa Niemann öffnet ihr Schlafzimmer-Fenster und ruft: "Was ist denn da los?". Zu diesem Zeitpunkt hat ein Mann in der Fußgängerzone eine Frau zu Boden gerissen und versucht, sie zu vergewaltigen. Durch das Rufen aus dem Fenster wird der Täter abgelenkt, der Frau gelingt es, sich loszureißen.
"Hatte das Gefühl, es geht um Leben und Tod"
Die 53-jährige Susa Niemann reagiert sofort und öffnet der Frau ohne zu zögern die Tür. Der Täter folgt ihr noch bis zum Eingang des Wohnhauses. Drinnen verständigen die beiden Frauen sofort die Polizei. Die kann den Täter kurz darauf festnehmen. Später wird er zu drei Jahren Haft verurteilt. "Das war eine Affekt-Handlung", erinnert sich Susa Niemann im Gespräch mit BR24. Sie habe deutlich gehört, dass es sich in diesem Fall nicht um alkoholisierte Menschen handelt, die laut sind. "Ich hatte das Gefühl, da geht es um Leben und Tod."
Hingehört, hingeschaut, mutig gehandelt
Dafür, dass Susa Niemann hingehört, hingeschaut und mutig gehandelt hat, verleiht ihr die Stadt Aschaffenburg den Bürgerpreis "Mutiges Vorbild – wertgeschätzt". Die Auszeichnung für ihr vorbildliches Handeln bekommt Susa Niemann auf Vorschlag der Aschaffenburger Staatsanwaltschaft.
Im Gespräch mit BR24 sagte Susa Niemann, dass ihr die Auszeichnung fast ein wenig unangenehm sei. Ihr größtes Geschenk sei, dass der Frau nicht mehr passiert sei. "Mein Lebensgefährte sagte zu mir, Zivilcourage ist ansteckend, nimm den Preis an. Da war mir klar, ok, ich nehme den Preis an."
Lob von der Staatsanwaltschaft: "Auf diese Menschen angewiesen"
Die leitende Oberstaatsanwältin Monika Schramm, die Susa Niemann der Jury des Preises vorgeschlagen hatte, lobt das Verhalten der 53-Jährigen: "Wir sind in vielen Fällen auf genau diese Menschen angewiesen, um einen Fall aufzuklären. Sie sind wertvolle Zeugen und wie in diesem Fall auch Retter."
Kleiner Bruder des "Mutig-Preises"
Die Auszeichnung "Mutiges Vorbild – wertgeschätzt" wird auch als kleiner Bruder des Aschaffenburger Mutig-Preises bezeichnet, der alle zwei Jahre verliehen wird. Träger ist die "Jugend mit Zukunft gemeinnützige GmbH" in Aschaffenburg. Beides sind Bürgerpreise, die für Zivilcourage verliehen werden.
Dieser Artikel ist erstmals am 03.09.2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel aktualisiert und erneut publiziert.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!