Der scheidende SPD-Fraktionschef Florian von Brunn
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Aus für Florian von Brunn als bayerischer SPD-Fraktionschef

Florian von Brunn zieht Konsequenzen aus dem Votum der SPD-Landtagsfraktion gegen ihn: Der 55-Jährige tritt bei der Neuwahl der Fraktionsspitze am Dienstag nicht mehr an, wie er in München ankündigte. Seine Zukunft als SPD-Landeschef ließ er offen.

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Neun Monate nach dem schlechten Abschneiden der bayerischen SPD bei der Landtagswahl gibt Florian von Brunn den Fraktionsvorsitz ab. Bei einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz im Landtag sagte der 55-Jährige, er werde bei der Neuwahl der Fraktionsspitze am Dienstag nicht erneut kandidieren.

Die Landtagsfraktion hatte ihrem Vorsitzenden am Mittwoch das Vertrauen entzogen. Von Brunn bestätigte, dass nach einer intensiven Debatte elf Abgeordnete für eine Neuwahl der Fraktionsspitze gestimmt hatten. Vier votierten dagegen, zwei enthielten sich. Für ihn sei das "ein klares Signal", sagte von Brunn. Dem künftigen Fraktionsvorstand wünsche er alles Gute und viel Glück. "Es ist eine schwierige Aufgabe."

Entscheidung über SPD-Landesvorsitz noch offen

Eine Entscheidung über seine Zukunft als SPD-Landesvorsitzender hat von Brunn nach eigenen Angaben noch nicht getroffen. "Ich mache mir noch Gedanken darüber", sagte er. Es gehe ja nicht nur um den Landesvorsitz, sondern er sei auch im Bundesvorstand der SPD. "Ich habe tatsächlich viele positive Zuschriften, viel Zuspruch bekommen." Er wolle zunächst abwarten, wie sich die Fraktionssitzung am Dienstag entwickle.

Grundsätzlich sei er immer der Überzeugung gewesen, dass es "absolut sinnvoll" sei, Fraktions- und Parteiführung "in einer Hand zu haben". Die bayerische SPD müsse jede Chance nutzen, mit bekannten Gesichtern und vereinten Ressourcen aufzutreten. "Sonst werden die politischen Chancen geringer."

Interner Streit über leitenden Fraktionsmitarbeiter

Bei der Landtagswahl im Oktober hatte die SPD mit dem Spitzenkandidaten von Brunn nur 8,4 Prozent erreicht – ihr bisher schlechtestes Ergebnis. Der Münchner wurde nach langer Debatte zwar erneut zum Fraktionsvorsitzenden gewählt, es gab aber viel Unzufriedenheit unter den Abgeordneten.

Auslöser des Aufstands war nun ein Streit um einen leitenden Fraktionsmitarbeiter. Die Darstellungen der genauen Umstände unterscheiden sich allerdings sehr. Am Mittwochabend erfuhr der BR aus SPD-Kreisen zunächst, dass sich der Mann "gegen die Regeln" selbst mehrere 10.000 Euro für Überstunden ausgezahlt habe. Als von Brunn arbeitsrechtliche Schritte gegen den Mitarbeiter einleiten wollte, stellten sich die Abgeordneten den Angaben zufolge hinter diesen – und votierten schließlich gegen von Brunn.

Von Brunn verlangt transparente Aufarbeitung

Der scheidende SPD-Fraktionschef bestätigte diese Darstellung. Gerade die SPD habe die Verpflichtung, mit Geld der Steuerzahler "in transparenter und verantwortungsvoller Art und Weise umzugehen", argumentierte von Brunn.

Es sei dringend notwendig, dass der neue Fraktionsvorstand diesen Vorgang komplett und transparent aufarbeite, dass die notwendigen zivil- und strafrechtlichen Schlussfolgerungen gezogen werden. Er rate seinem Nachfolger, "hier auch eventuell den Obersten Bayerischen Rechnungshof um eine Prüfung zu bitten". Ohne eine Aufarbeitung "mit den entsprechenden Konsequenzen" drohe Schaden für die politische Arbeit der SPD. Nähere Details zu den Umständen der Auszahlung nannte von Brunn nicht.

Fraktionsvize Halbleib: "Haltlose Vorwürfe"

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Volkmar Halbleib wies von Brunns Darstellung entschieden zurück. "Das sind haltlose Vorwürfe. Das müssen wir in aller Deutlichkeit sagen", sagte er dem BR. "Dass er in einer Pressekonferenz dieser Art die auch noch einmal nach außen trägt, ist aus meiner Sicht inakzeptabel."

Der Fraktionsvorstand habe sich intensiv mit diesem Fall befasst und "mit fünf zu null Stimmen bei zwei Enthaltungen klar gesagt, dass der Sachverhalt keine Ansatzpunkte für weitere arbeitsrechtliche Schritte hergibt". Der Fall sei geklärt.

Kritik an von Brunns Führungsstil

Von Brunn habe aber die klare Botschaft der Fraktion verstanden, dass ein Weiter-so mit ihm nicht möglich sei, betonte Halbleib. "Ich hätte mir gewünscht, dass er sofortige Konsequenzen zieht." Aber immerhin gebe es die klare Ansage, dass er den Weg für einen Neustart freimache. "Das ist am Ende das, was zählt."

Der Streit über den Mitarbeiter sei nur ein äußerer Anlass gewesen. Letztendlich gehe es um den Führungsstil. Zu Beginn der Legislaturperiode sei vereinbart worden, dass die Fachsprecher der Fraktion wieder mehr zur Geltung kommen – "von der Ich-Performance hin zur Wir- Performance", schilderte Halbleib. Leider habe sich die Lage aber weiter verschlechtert. Daher sei es jetzt notwendig gewesen, "Dinge zu ändern". Dies sei nun mit dem klaren Votum der Fraktion auf den Weg gebracht worden.

Von Brunn sagte, natürlich mache man als Partei- und Fraktionsvorsitzender Fehler. Dieser Kritik stelle er sich gerne. Er habe aber sehr viel gearbeitet für die Partei, sich stark engagiert. "Die Situation ist, wie sie ist. Ich akzeptiere sie."

Grießhammer will Fraktionschef werden

Der bisherige Fraktionsvize Holger Grießhammer kündigte an, für den Vorsitz zu kandidieren. Er sei in den vergangenen Wochen bereits immer wieder gefragt worden, ob er Fraktionsvorsitzender werden wolle, sagte der 42-Jährige dem BR. Er traue sich das Amt zu. Grießhammer wurde 1982 in Marktredwitz (Oberfranken) geboren und ist Maler- und Lackierermeister. Der SPD gehört er seit 2000 an, von 2008 bis 2020 war er zweiter Bürgermeister der Stadt Weißenstadt. Im vergangenen Jahr zog er in den Landtag ein.

Halbleib betonte, Grießhammer sei ein Gewinn für die Fraktion, weil er auch wirtschaftlichen Sachverstand mitbringe – schließlich leite er einen selbst aufgebauten handwerklichen Betrieb. "Er ist bescheidener im Auftreten, aber hat durchaus Konsequenz. Und deswegen kann ich mir das gut vorstellen." Halbleib selbst will sich ins neu formierte Team einbringen. "Ich bin einer der erfahrenen Parlamentarier. Ich war parlamentarischer Geschäftsführer, weiß relativ viel über parlamentarische Abläufe." Es sei aber nicht sein Hauptziel, Fraktionsvorsitzender zu werden.

Von Brunn seit 2021 Nummer eins der Bayern-SPD

Florian von Brunn ist seit mehr als drei Jahren die Nummer eins der bayerischen SPD: Zunächst wurde er im April 2021 zusammen mit Ronja Endres an die Spitze des Landesverbands gewählt. Anschließend forderte er mitten in der Legislaturperiode den damaligen Fraktionsvorsitzenden Horst Arnold heraus und löste ihn nach einer Kampfabstimmung ab.

Von Brunn polarisierte auch in der eigenen Partei und Fraktion: Für die einen war er klar die Idealbesetzung, andere haderten mit seinem forschen Führungs- und Politikstil. Im Mai 2023 wurde er mit 86,5 Prozent als Landeschef bestätigt, im Oktober als Fraktionsvorsitzender.

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