Die Bärin Gaia - auch JJ4 genannt - in der norditalienischen Region Trentino-Südtirol darf weiter nicht getötet werden. Ein Gericht in Trient hat den Abschussbefehl des Provinzregierung erneut ausgesetzt – vorerst bis 27. Juni. Das teilte das Verwaltungsgericht in einem Beschluss am Freitag mit. Das Gericht gab damit den Einsprüchen verschiedener Tierschutzvereine - allen voran LAV - statt. Gaia ist den Behörden zufolge das Tier, das Anfang März einen Jogger getötet hatte.
Protestaktionen von Tierschützern
Tierschützer wollten den Abschuss der Bärin verhindern und sind deshalb am Donnerstag in Trient auf die Straße gegangen, die Stimmung war angespannt. Ein Bürgermeister aus der Region, der dafür ist, die Bären zu töten, soll den Demonstrierenden zugerufen haben, er wünsche Ihnen, dass sie selber mal von einem Bären angegriffen werden. Gegen Mittag wurde das Verfahren unterbrochen.
Einer, der das alles mit großem Interesse verfolgt, ist Arpád von Gáal. Er ist Chef eines Gnadenhofes für Bären im niederbayerischen Bad Füssing und hat angeboten, Gaia aufzunehmen, um zu verhindern, dass sie getötet wird.
14 Bären auf Bundeswehrgelände im Wald
Arpád von Gáal leitet den Tierschutzverein "Gewerkschaft für Tiere e.V." mit Sitz in München. Der Verein unterhält unter anderem den Bären-Gnadenhof in Niederbayern, der 2008 eröffnet wurde und in diesem Jahr 15 Jahre alt wird. Aktuell leben dort nach Vereinsaussage 14 Bären. Die maximale Kapazität wäre 17. Es handelt sich um ein ehemaliges Bundeswehrgelände mitten im Wald auf einer Fläche von circa zehn Hektar. Der Hof hat eine Betreiberlizenz für Braunbären und Kragenbären, bisher habe er aber nur Braunbären aufgenommen.
Vorgesehen ist der Bären-Gnadenhof für geschundene, in Gefangenschaft gehaltene Bären, also jene, die in Käfighaltung oder schlechter Haltung bisher kein artgerechtes Bärenleben leben durften und konnten. Gaia als freilebende Bärin wäre also ein Novum für die Tierpfleger.
Bären sind Einzelgänger
"Das wäre sicherlich eine Herausforderung für uns, der wir uns auch gerne stellen. Wobei ich dazu sagen muss: Jeder Bär, den wir retten, hat so seine eigene Herausforderung für die Tierpfleger, die vor Ort sind", sagt von Gáal. Große Sorgen mache er sich deswegen aber nicht.
"Sicherlich, die Integration der Vergesellschaftung wäre ein Problem, das gebe ich zu. Die Vergesellschaftung ist aber immer ein gewisses Problem bei den Bären, weil die Bären eben Einzelgänger sind und keine Rudelgänger." Arpád von Gáal, Leiter des Tierschutzvereins "Gewerkschaft für Tiere e.V."
Für die Tierpfleger sei das jedes Jahr, jede Saison wieder eine neue Herausforderung, selbst herauszufinden, welche Bären zueinander passen. "Es ist nämlich nicht so, dass, wenn einmal Bär A und Bär B im letzten Jahr gut miteinander zusammenleben konnten und auskamen, dass das jetzt im Jahr 2023 auch so ist." Die Bären können laut Gáal auch durchaus sehr aggressiv untereinander werden. "Und dann gibt es unter Umständen Mord und Totschlag."
Im Notfall: Bär einzeln unterbringen
Der Hof hat Bärengehege in verschiedenen Größen. Das kleinste Gehege ist einen Hektar groß, und das größte Gehege ist zirka dreieinhalb Hektar groß. "In dem Gehege von dreieinhalb Hektar halten wir derzeit vier Bären zum Beispiel. Aber auch in einem Einzelgehege mit einem Hektar Größe haben wir zwei Bären. Im Notfall kann man also einen Bären oder eine Bärin alleine unterbringen, was auch regelmäßig vorkommt."
Zunächst vier bis sechs Wochen Quarantäne
"Wenn wir Bären aus Gefangenschaft retten, werden die zunächst mal bei uns in eine sogenannte Drehscheibe gebracht. Der Bär wird dort für circa vier bis sechs Wochen gehalten. Es ist sozusagen eine Art Quarantänestation. Der Tierarzt beobachtet den Bären sehr genau. Und wenn er grünes Licht gibt, dann entlassen wir den Bären in ein Einzelgehege. Und da kann er sich frei bewegen", so der Tierschützer. Jedes Gehege sei mit einem Swimmingpool ausgelegt, denn die Bären benötigten auf jeden Fall immer Wasser.
Von Gáal fürchtet nicht, dass er die Debatten, wie sie in Trient geführt werden, zu sich nach Hause holen könnte. Er erfahre sehr viel Zuspruch und Anerkennung von der umliegenden Bevölkerung. "Das Alarmsystem hat sich bei uns bewährt. Es ist noch nie zu irgendwelchen Vorfällen gekommen. Wir haben auch eine Hochsicherheitsanlage, dass wir auch diesen Bären gut bei uns aufnehmen können", sagt er.
- Zum Artikel: Jogger getötet - Kommt gefangene Bärin nach Niederbayern?
AUDIO: Interview in der Bayern2 radiowelt vom 25. Mai: Arpád von Gáal vom Tierschutzverein "Gewerkschaft für Tiere e.V."
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!