Rico Wuttke ist auf den elektrischen Rollstuhl angewiesen.
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Rico Wuttke hat nach langer Suche endlich eine barrierefreie Wohnung gefunden. Von denen gibt es in Deutschland viel zu wenige.

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Barrierefreie Wohnungen: Suche gleicht einer Lotterie

Laut Statistik sind rund 1,3 Millionen Menschen in Deutschland auf den Rollstuhl angewiesen. Dem stehen nur 900.000 barrierefreien Wohnungen gegenüber. Dass Rico Wuttke aus Nürnberg nun in eine eigene Wohnung ziehen kann, ist also ein Glücksfall.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Ein junger Mann aus Nürnberg will in eine eigene Wohnung ziehen. Das ist eigentlich nichts Besonderes. Doch was die Wohnungssuche erschwert: Rico Wuttke leidet unter Muskelschwund, ist auf einen elektrischen Rollstuhl und 24-Stunden-Betreuung angewiesen. Bis Mai lebte der 25-Jährige bei seinen Eltern in seinem zwölf-Quadratmeter-Kinderzimmer. Nicht, weil er unbedingt wollte, sondern weil er nichts Passendes fand – BR24 berichtete.

Jahrelange Wohnungssuche

Eine breite Wohnungstür, kein Absatz zwischen Hausflur und Diele, die Haustür breit genug. Das ist etwas, was in der Wohnung seiner Eltern nur mit Mühe und Augenmaß ging: mit dem E-Rolli durch eine Tür fahren, ohne gegen den Türrahmen zu rumsen. Jetzt hat Rico Wuttke eine barrierefreie Wohnung in der Nürnberger Südstadt gefunden, nach jahrelanger Suche. Die Umstellung war riesig für den 25-Jährigen: "Für das Selbstwertgefühl ist es mega gut", sagt Rico mit leiser Stimme.

Assistent ersetzt Ricos Arme und Beine

Möglich wird das Leben in den eigenen vier Wänden durch einen Assistenten: Michael Schott, von allen nur Schotti genannt. Der 55-jährige gelernte Kraftfahrer arbeitet für den Nürnberger "Verein für Menschen mit Körperbehinderung". "Schotti" ist tagsüber mit Rico in der Wohnung – immer dann, wenn der Pflegedienst freihat. Tee oder auch Essen kochen, Einkaufen, Freizeitgestaltung – Schotti ist der gute Geist. Immer da für Rico, der sich wegen seiner Muskel-Erkrankung nur noch stark eingeschränkt bewegen kann. Schotti ersetzt Ricos Arme und Beine.

"Mitleid nützt nichts"

"Ich habe ihn ins Herz geschlossen", sagt Michael Schott. "Und, ich mach’ mit ihm ganz normalen Blödsinn – wie mit jedem anderen auch. Weil ich der Meinung bin, Mitleid nützt ihm eh’ nichts. Und, solange er lacht, weiß ich, dass es ihm gut geht, wenn ich da bin." Und Rico Wuttke ergänzt, ihm sei der Beistand von Schotti "sehr wichtig. Wenn du selbst es nicht kannst, dann brauchst du jemanden, der die Arme und die Beine für dich selber ist."

Ricos Wunsch: Nicht im Wohnheim leben

Rico Wuttkes größter Wunsch war es, in einer eigenen, barrierefreien Wohnung zu leben und nicht in einem Wohnheim für Menschen mit Behinderung. Bundesweit fehlen rund 400.000 behindertengerechte Wohnungen. In Bayern wird keine Statistik darüber geführt, wie viele rollstuhlgerechte oder barrierefreie Wohnungen es gibt oder gebaut werden. Das werde über den Markt geregelt, heißt es auf Anfrage von BR24 aus dem Bau- und dem Sozialministerium.

  • Zum Artikel: Bayern barrierefrei? Von wegen!

Rico Wuttke hatte also riesiges Glück. Der "Verein für Menschen mit Körperbehinderung" hat das Appartement organisiert, der Bezirk Mittelfranken übernimmt die Miete und die Betreuung durch Michael Schott.

Mann mit Rollstuhl in seiner Wohnung.
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Rollstuhl

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