Wenn alte Autos in Europa zu schmutzig oder zu unsicher sind und hier keine Zulassung mehr kriegen, werden sie entweder verschrottet - oder ins Ausland verkauft. Die ältesten und schmutzigsten Fahrzeuge gehen in Länder außerhalb Europas und werden dort günstig repariert.
Vor allem in Westafrika sind die importierten Gebraucht- und Altwagen aus Europa oder den USA für viele Menschen die einzige Mobilität, die sie sich leisten können. Aber die Autos schaden auch Umwelt und Menschen. Oft werden sie unter menschenunwürdigen Bedingungen repariert, kommen ohne Katalysator oder funktionierende Airbags wieder auf die Straße - und enden irgendwann als Schrott, der nicht mehr entsorgt werden kann und die Umwelt belastet. Auch die heimische Wirtschaft in Ländern wie Ghana leidet unter der Exportwagenflut aus Europa.
Video: Kontrovers - Die Story: Autoschrott in Afrika: Was deutsche Gebrauchtwagen anrichten
Importe einschränken? Klappt nicht ohne EU
Ghana versucht deshalb, die Importe aus dem Ausland einzudämmen. Als erstes Land in Westafrika verabschiedete es 2020 ein Gesetz, das den Import alter Autos einschränken soll. Wer ein Auto importiert, das älter als zehn Jahre ist, muss am Hafen hohe Strafzölle zahlen.
Doch das hilft nur in der Theorie, denn: Der Export von Gebrauchtwagen aus Europa ist bislang de facto unreguliert. Eigentlich ist der Export von Altwagen, also Autos am Ende ihrer Lebensdauer, in Europa verboten. Die Fahrzeuge gelten als Giftmüll und müssten in Europa entsorgt werden. Der Export von Gebrauchtwagen hingegen ist erlaubt. Das Grundproblem dabei: Es ist oft nicht erkennbar, ob es sich um Alt- oder Gebrauchtwagen handelt. Dasselbe Fahrzeug kann beides sein, je nachdem, was der Besitzer damit vorhat: Will er es verschrotten lassen, ist es ein Altwagen, will er es weiterverkaufen, gilt es als Gebrauchtwagen. Er muss nur einen Käufer finden.
Autos werden unter menschenunwürdigen Bedingungen repariert
Aus diesem Grund kommen immer noch viele europäische Autos in miserablen Zuständen an afrikanischen Häfen wie Tema in Ghana an. Da die Strafzölle vor Ort bei der Abholung entrichtet werden müssen, bleiben allzu alte Wagen oft einfach am Hafen liegen. Oder sie werden in umliegende Länder der Region weitergereicht und dann dort zum Problem - wie die Recherchen von "Kontrovers – Die Story" in Ghana zeigen.
Die Autos, die in Ghana ankommen, werden früher oder später in einer der tausenden Werkstätten im Land repariert, oft unter menschenunwürdigen Bedingungen. Ohne ordentliches Werkzeug oder Schutzkleidung bringen die Mechaniker alte Autos auf Vordermann, die dann am Ende oft ohne Katalysator oder funktionierenden Airbag die Straßen unsicher machen und die Umwelt verpesten. Solange die Altwagenimporte den Aufbau einer heimischen Industrie in Ghana verlangsamen, haben viele junge Leute aber kaum eine andere Perspektive.
EU will Exporte mit neuer Altfahrzeugrichtlinie unterbinden
Umweltorganisationen und NGOs appellieren deshalb schon seit Langem an die EU, den Ausfuhr alter Autos besser zu regulieren - und scheinen nun Gehör gefunden zu haben. Mitte Juli veröffentlichte die EU-Kommission einen Vorschlag zur Neufassung der EU-Altfahrzeugrichtline. Die soll nicht nur die illegale Verschrottung alter Autos in Europa unterbinden und zu besserer Kreislaufwirtschaft und Verwertung wichtiger Metalle aus Katalysatoren und Autobatterien beitragen, sondern auch dem Problem der Gebrauchtwagenexporte abhelfen. Die wichtigste Änderung: Künftig dürfen nur noch Autos exportiert werden, die gültigen TÜV haben oder einen anderen europäischen Nachweis der Fahrtauglichkeit.
Die Überprüfung und Umsetzung der Richtlinie fällt den Zollbehörden der Mitgliedsländer zu. Unterstützung sollen sie aber erhalten durch eine EU-weite, einheitliche, elektronische Datenbank, die das Nachverfolgen von Alt- und Gebrauchtwagen ermöglichen soll, auch nachdem diese abgemeldet werden. Der Vorschlag der Kommission geht in den kommenden Wochen an das EU-Parlament zur Abstimmung. Wird er angenommen, haben die Mitgliedsländer drei Jahre Zeit zur Umsetzung.
Dieser Artikel ist erstmals am 26. Juli 2023 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.
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