Nicht nur Gefangene im Regelvollzug, auch Untersuchungshäftlinge sollen künftig häufiger mit Familie und Freunden telefonieren dürfen. Laut Staatsregierung kann mit der Ausweitung der Gefangenentelekommunikation "der gebotenen Aufrechterhaltung sozialer Bindungen und damit der erfolgreichen Resozialisierung der Gefangenen noch umfassender Rechnung getragen werden".
Justizminister Georg Eisenreich wollte den Gesetzentwurf im Landtag vorstellen, fiel aber coronabedingt aus. Petra Guttenberger (CSU), die Vorsitzende des Rechtsausschusses im Landtag, sprach von einem "guten und ausgewogenen Gesetzentwurf". Es müsse aber ausgeschlossen werden, dass die Gefangenen Zeugen und Opfer per Telefon bedrohen könnten. Auch der Koalitionspartner, die Freien Wähler, sieht in der Modernisierung der Bayerischen Strafvollzugsgesetzes einen wichtigen Schritt, um Kontakte aufrechterhalten zu können und die Resozialisierung zu unterstützen.
Unterstützung von der Opposition
Grünen-Politiker Toni Schuberl kritisierte, dass Gefangene bislang häufig weder bei Todesfällen noch bei anderen Anlässen wie Geburtstagen ihre Familie anrufen könnten. "Das ist mit diesem Gesetzentwurf endlich Vergangenheit". Allerdings brauche es zusätzliches Personal in den Justizvollzugsanstalten. Laut Gesetz stehe den Gefangenen zwar das Telefonieren zu, allerdings "unter dem Vorbehalt, dass es personell möglich ist". Viele Häftlinge könnten sich die teuren Telefongebühren zudem nicht leisten, so Schuberl.
AfD fordert Einschränkungen
Grundsätzlich unterstütze seine Fraktion den Schritt der Staatsregierung, erklärte Christoph Maier von der AfD. Dass es keinen Anlass für Anrufe mehr geben müsse, sei richtig. Allerdings forderte die AfD, nur Telefonate in deutsche Netze zuzulassen. "Die Resozialisierung muss in die deutsche Gesellschaft stattfinden", so Maier. Ausländische Strafgefangene will die AfD abschieben lassen.
Horst Arnold von der SPD widersprach: Menschenrechte gälten für alle, egal ob in deutsche oder ausländische Telefonnetze, sagte Arnold. Bayern habe bislang die restriktivste Gesetzgebung aller Bundesländer. Die Erfahrungen der übrigen Bundesländer zeigten aber, dass es weniger Rückfälle bei den Gefangenen gebe, wenn sie mehr telefonieren und Kontakte halten dürften. Das Leben sei mehr und mehr digital. Die SPD will deshalb einen Schritt weitergehen und Häftlingen auch Zugang zum Internet gewähren, allerdings nur unter Aufsicht.
FDP: Besser Videotelefonie als Kinderbesuche in der JVA
Auch Martin Hagen, der Fraktionschef der FDP, kritisierte den Ansatz der AfD. Telefonieren diene der Resozialisierung. Da sei es egal, ob die Verwandten im Ausland lebten oder nicht. Zudem sei es in manchen Fällen sinnvoller, so Hagen, gerade Kinder per Videotelefonie zu kontaktieren und ihnen Besuche in der JVA zu ersparen.
Nach der Debatte im Plenum wurde der Gesetzentwurf zur weiteren Beratung in den zuständigen Rechtsausschuss überwiesen.
Skype und Telefon dank Pandemie
Schon während der Corona-Pandemie durften die Insassen in den bayerischen Gefängnissen skypen und telefonieren. Für die Gefangenen die Chance, Kontakt mit Angehörigen zu halten, da Besuche coronabedingt nicht mehr möglich waren. Nachdem die geplanten Neuerungen aber zusätzlich zu den wieder regulären Besuchszeiten gelten sollen, fürchtet der Landesverband der bayerischen Justizvollzugsbediensteten erhebliche Zusatzbelastungen. Ohne mehr Personal seien die Überwachungs- und Verwaltungsaufgaben für das Personal nicht zu stemmen.
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