Zwei Männer stehen in einer Hotelküche und bereiten Speisen zu.
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Symbolbild Gastronomie

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Bayerwald-Tourismus: Personal dringend gesucht

Wie viele Branchen leiden auch Hotels und Wirtshäuser unter Personalmangel. Bei der Mitarbeitersuche wird mancher Arbeitgeber nun kreativ. Es fließt mehr Geld für Stellenanzeigen, auch ältere Bewerber kommen zum Zug. Zum Beispiel im Bayerischen Wald.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus der Oberpfalz am .

Die Berliner Agentur Index, nach eigenen Angaben die größte Stellenanzeigen-Datenbank Europas, hat exklusiv für BR24 ausgewertet, wieviel Geld Gastgeber und Gastronomen alleine im Bayerischen Wald von Januar bis Mai 2024 für Stellenanzeigen ausgegeben haben: Es waren demnach rund 356.000 Euro, ein Schätzwert aufgrund der Anzeigenpreise. Eventuelle Rabatte, die ein Unternehmen vielleicht bekommen hat, sind nicht berücksichtigt. 393 Firmen schalteten insgesamt 1.805 Stellenanzeigen in den verschiedensten Medien – für insgesamt 1.073 offene Stellen. Die Stellen wurden also fast immer mehrfach ausgeschrieben. Das zeigt, wie angespannt die Personallage im Tourismus ist.

Mehr als doppelt so viel Geld für Stellenanzeigen wie 2019

Im Jahr 2019 wurde nicht einmal halb soviel Geld für touristische Stellenanzeigen ausgegeben. Aber eine leichte Entspannung gibt es: 2023 hatte man von Januar bis Mai sogar rund 427.000 Euro für die Personalsuche bezahlt, für damals noch 1.231 offene Stellen.

Der Bayerische Wald ist dabei nur ein Beispiel, ähnlich dürfte es in anderen Tourismusregionen in Bayern laufen. In ganz Bayern fehlt Personal in der Gastronomie und Hotellerie.

Wellness-Hotel macht erfolgreiche "Goldies"-Kampagne

"Oldies but Goldies" – an diesen bekannten Slogan lehnt sich die "Goldies"- Kampagne an, die das Wellness-Hotel "Bayerwaldhof" in Liebenstein bei Bad Kötzting Anfang des Jahres gestartet hat. Sie zielt ganz bewusst auf ältere Arbeitnehmer und Rentner. "Wir schätzen Erfahrung, Reife und Leistung der Generation Gold", steht auf dem Flyer, den das Hotel drucken ließ, vorne drauf ein sympathisches Foto mit zwei entspannt lächelnden Servicekräften, beide schon älter.

Mit 27 jungen Auszubildenden und insgesamt 240 Beschäftigten hat das 200-Betten-Hotel zwar eigentlich weder Personal- noch Nachwuchsmangel. Man zahlt übertariflich, bietet Zusatzleistungen und seit Corona eine 4-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich. Wenn eine Stelle frei wird, müsse man inzwischen dennoch länger nach Ersatz suchen als früher, sagt Hotelbesitzer Thomas Mühlbauer. Ihm geht es aber auch um Wertschätzung für alle älteren Mitarbeiter.

"Erfahrene Mitarbeiter in einem jungen Team, das ist eine gute Ergänzung. Man kann damit auch Defizite ausgleichen, die die Jungen manchmal haben, etwa mit dem frühen Aufstehen." Hotelbesitzer Thomas Mühlbauer

Auf die Idee kam er, als ein langjähriger Hausmeister in Rente ging, aber auf Minijob-Basis weiterarbeiten wollte, damit es ihm daheim nicht langweilig wird.

Servicekraft: Man darf sich ruhig trauen

Rund dreißig Bewerber gab es im ersten Anlauf der "Goldies"-Kampagne. Sechs davon stellte das Hotel ein. Auf andere will man später bei Bedarf zurückkommen. Der Andrang war auch deshalb so groß, weil das Hotel bei den Arbeitszeiten sehr flexibel ist. Lothar Thiel, gelernter Koch und mit 68 Jahren längst Rentner, arbeitet zum Beispiel zwei Vormittage pro Woche als Frühstückskoch, um sich etwas dazuzuverdienen. Er fühlt sich willkommen und rundum akzeptiert:

"In vielen Betrieben heißt es, es tut uns leid, in ihrem Alter passen Sie nicht in unser junges Team. Und hier ist es genau das Gegenteil." Lothar Thiel (68), Frühstückskoch

Nach 53 Jahren als Koch à la carte in Vollzeit genießt es der Schweinfurter, der in den Bayerischen Wald gezogen ist, dass er jetzt ganz entspannt nur noch Spiegeleier, Rührei und Omeletts machen muss. Servicekraft Christine Hastreiter (59), die schon seit Langem im "Bayerwaldhof" arbeitet, freut sich auch über die Kampagne: "In meinem Alter gibt es so viele Menschen, die noch gern was tun möchten, aber sich wegen ihres Alters nicht trauen", sagt sie. Die Kampagne zeige, dass man sich "ruhig trauen darf".

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Hotelbesitzer Thomas Mühlbauer (2. v.r.) mit ein paar seiner "Goldies"-Mitarbeiter.

15.000 offene Stellen bayernweit

Allein ältere Mitarbeiter in Teilzeit zu beschäftigen – das wird den Personalmangel in der Branche aber nicht lösen. Rund 15.000 Stellen sind aktuell in der Gastronomie und Hotellerie in Bayern unbesetzt, schätzt der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband. In der Zeit der Corona-Lockdowns hat die Branche fast zehn Prozent ihres Personals verloren, sagt Landesgeschäftsführer Thomas Geppert. Einige konnte man inzwischen zurück- oder neu gewinnen. Die Lage habe sich im Vergleich zum Vorjahr leicht entspannt. Aber inzwischen mache sich - wie in allen Branchen - der demografische Wandel bemerkbar. Es gibt nicht genug Junge, die Ältere, die in Rente gehen, ersetzen.

Besonders gravierend sei der Mangel bei den Servicekräften, in der Küche und beim Housekeeping. Viele Restaurants kochen deshalb nur noch abends, nicht mehr mittags, machen zusätzliche Ruhetage oder öffnen sowieso nur noch von Donnerstag bis Sonntag. Hotels, die zu wenig Reinigungskräfte haben, lassen einige ihrer Zimmer leerstehen. Doch das führe zu Umsatzeinbußen, so der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband. Nicht jeder Betrieb kann sich das also leisten. Außerdem schwächten die Engpässe "die gesamte touristische Attraktivität Bayerns".

Hotelverband: Viele Wirte haben resigniert

Bei der Agentur für Arbeit sind aktuell nur knapp 6.000 offene Stellen im Bereich Gastronomie und Tourismus in Bayern gemeldet. Doch das liegt auch daran, dass viele Betriebe ihre offenen Stellen erst gar nicht mehr melden. "Viele suchen nur noch intern oder über Mundpropaganda", sagt zum Beispiel die Kreisvorsitzende des Hotel- und Gaststättenverbands im Landkreis Regen, Monika Schweizer. Viele hätten auch schon resigniert. Denn auf Anzeigen oder über die Agentur bekomme man kaum brauchbare Bewerber. "Manche vereinbaren einen Vorstellungstermin und erscheinen dann nicht einmal." Gleichzeitig gebe es immer mehr offenbar unseriöse Bewerberportale aus dem Ausland. "Die klicke ich inzwischen gleich weg", sagt Schweizer.

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