Christen in aller Welt gedenken am Karfreitag des Leidenswegs Jesu. An mehreren Orten in Deutschland zogen Christen mit großen Kreuzen durch die Straßen. Führende Vertreter der beiden großen Kirchen haben in ihren Karfreitagspredigten an Hoffnungsmomente auch in Kriegszeiten erinnert und riefen zu mehr Mitmenschlichkeit und Zuversicht auf.
Traditionell haben die Gottesdienste an Karfreitag einen ernsten Charakter – in den katholischen Kirchen gibt es keine Orgelmusik und kein Glockengeläut. Ein wichtiges Element ist die Verehrung des Kreuzes: Die Gläubigen knien vor dem Kreuz nieder.
"Wer Gott sucht, findet Antworten"
In ihren Predigten nahmen viele Bischöfe Bezug auf das Leiden der Menschen in der Ukraine, in Israel und Gaza. Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, rief die Menschen dazu auf, trotz der vielfachen Krisen, Gott und das wirklich Menschliche stärker zu suchen. "Wem es ernst damit ist, der kann Antwort finden: heute, im Kreuz, am helllichten Tag", sagte Bätzing in seiner Karfreitagspredigt. Nicht wenigen Zeitgenossen erscheine dies jedoch müßig oder suspekt. "Wer sucht denn noch nach Gott?", fragte der Limburger Bischof.
Die kommissarische Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Kirsten Fehrs, betonte, Mitgefühl müsse in diesen Zeiten für jeden gelten: "Und deshalb darf niemals das eine Leid gegen anderes Leid aufgewogen werden. Weder rechtfertigt der jahrzehntelange Nahostkonflikt die Gräueltaten der Hamas, noch kann der Kampf gegen den Terror die Tötung unschuldiger Zivilisten entschuldigen."
Der hannoversche evangelische Landesbischof Ralf Meister forderte zu Mitgefühl mit Leidenden auf. Die Geschichte von der Kreuzigung Jesu erinnere die Menschen daran, dass sie zwar verletzlich und dem Leid ausgesetzt seien, aber auf "die Mitleidenschaft" Jesu hoffen könnten, sagte Meister in der Stiftskirche zu Loccum.
Bamberger Erzbischof Gössl: Jesus ließ sich weder verbiegen noch verbittern
Auch in Bayern wurde der Tag mit Gottesdiensten und Prozessionen begangen. Der Münchner Kardinal Reinhard Marx warnte in seiner Predigt vor einer weiteren Instrumentalisierung von Religion in politischen Konflikten weltweit. Es sei ein Skandal, wenn Religionen zum Unfrieden beitrügen, sagte der Erzbischof von München und Freising im Münchner Liebfrauendom.
Nach Auffassung des Bamberger Erzbischofs Herwig Gössl wird durch das Kreuz Jesu die Spirale von "Gewalt und Gegengewalt" durchbrochen. Der sich ständig steigernde Hass und alle Rufe nach Rache und Vergeltung würden überwunden, sagte er laut einer vorab verbreiteten Mitteilung am Karfreitag in seiner Predigt im Dom. Unter dem Kreuz werde Versöhnung, Vergebung und Neubeginn möglich.
Das Kreuz werfe bis heute Fragen auf, die niemand einfach beantworten könne. "Aber der, der am Kreuz hängt, macht zumindest deutlich, dass er sich nicht hat verbiegen lassen durch die Machtandrohung eines Pilatus, dass er sich nicht verbittern ließ durch die Treulosigkeit seiner Jünger und auch nicht zerbrechen ließ durch die Gewalt des Todes.
Kreuztrachten – Prozessionen mit Gnadenbildern und Kreuzen
An manchen Orten fanden Kreuztrachten statt. Viele davon haben eine Jahrhunderte alte Tradition. Beim Lübecker Kreuzweg etwa beteten 600 katholische und evangelische Christen für Frieden in der Welt. Auch im unterfränkischen Lohr am Main nahmen viele Menschen bei strömendem Regen an einer Kreuztracht teil. Gut eine Stunde lang wurden 13 lebensgroße Holzfiguren schweigend durch die Gassen der Altstadt getragen, die die Leidensgeschichte Jesu darstellen.
Der 1658 erstmals urkundlich erwähnte Umzug gilt als eine der letzten vollständigen Bilderprozessionen in Deutschland. Bis in die 1960er-Jahre hatten die Gläubigen den Zug noch singend und betend begleitet. Seitdem herrscht jedoch Stille während der Prozession.
Papst sagt kurzfristig Teilnahme an Kreuzweg-Prozession ab
Am Kolosseum in Rom hat die traditionelle Karfreitagsprozession ohne den Papst stattgefunden. Franziskus sagte am Abend kurzfristig und überraschend seine Teilnahme ab. Als Grund nannte der Vatikan den Gesundheitszustand des katholischen Oberhauptes. Man wolle ihn mit Blick auf den Gottesdienst der Osternacht und auf die Messe am Ostersonntag schonen.
Mit Informationen von dpa, KNA und EPD
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