Menschen mit Transparent "Klimaschutz ist kein Verbrechen" vor der Mauer des Justizpalastes in Nürnberg.
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Klimaprotest in Nürnberg: Aktivisten sind zur Unterstützung eines angeklagten Rentners gekommen. Der Mann wurde zu einer Geldstrafe verurteilt.

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Blockade am Hauptbahnhof: Klimaaktivist zu Geldstrafe verurteilt

Im August 2022 hatte er sich zusammen mit anderen am Nürnberger Hauptbahnhof auf der Straße festgeklebt. Dafür hat das Amtsgericht einen Freisinger zu einer Geldstrafe verurteilt. Reue zeigte der Klimaaktivist nicht: Er tue dies für seine Enkel.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten Franken am .

Rund um den Nürnberger Hauptbahnhof ging fast nichts mehr an jenem Tag im August 2022. Zusammen mit 40 anderen Aktiven der Klimabewegung "Letzte Generation" hatte sich ein 73 Jahre alter Mann aus Freising an der Fahrbahn festgeklebt, um auf die Klimakatastrophe hinzuweisen. Deshalb stand er heute wegen Nötigung vor dem Amtsgericht Nürnberg. Er war der erste, alle anderen Beteiligten werden noch folgen. Einen Strafbefehl hatte der Rentner nicht akzeptiert, daher kam es zur Verhandlung. Das Urteil: 115 Tagessätze zu je 40 Euro. Die Staatsanwaltschaft hatte eine kurze Freiheitsstrafe von vier Monaten ohne Bewährung gefordert.

  • Zum Artikel: Razzia bei "Letzter Generation": Minister weist Vorwürfe zurück

Klimaaktivist verteidigt sich selbst vor Gericht

Auf einen Verteidiger hatte der Angeklagte, der auf Freispruch plädierte, bewusst verzichtet. Stattdessen gab er seitenlange Erklärungen ab. Insgesamt sechs selberverfasste Beweisanträge legte der 73-jährige Rentner dem Richter am Amtsgericht Nürnberg vor. Vier davon ließ der Richter den Angeklagten verlesen, zwei weitere während der Sitzung kopieren und an die Prozessbeteiligten verteilen. Da war schon eine Stunde der Verhandlung vergangen – denn zuvor hatte der Angeklagte bereits eine Erklärung von rund 30 Minuten abgegeben Dies sei notwendig, sagte er, denn viele Richter verstünden die Tragweite der Klimakatastrophe nicht.

"Tue dies für meine Enkel"

"Solange die Bundesregierung und der Bundestag nicht handeln", so der Mann, "sehe ich mich dazu gezwungen, weiterzumachen." Und: "Ich habe den Eindruck, ich tue alles, was ich kann. Wenn nicht, würde ich mir schäbig und egoistisch vorkommen." Deshalb stellte er auch seine Beteiligung an der Klebeaktion auf dem Asphalt vor dem Hauptbahnhof in Nürnberg erst gar nicht in Abrede. Auch eine weitere Aktion – damals klebte er mit selbst angerührtem Kleister Plakate auf die Schaufenster einer Bankfiliale – hält er heute noch für angemessen. Ein Gericht hatte ihn damals wegen Mittäterschaft und Sachbeschädigung zu einer Strafe von zehn Tagessätzen zu je 20 Euro verurteilt. Seit Januar 2019 engagiere er sich in der Klimabewegung, berichtete der achtfache Großvater. Er tue dies für seine Enkel.

Ein Mann steht in einem Gerichtssaal.
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Der angeklagte Klimaaktivist aus Freising bei seinem Prozess vor dem Amtsgericht Nürnberg.

Klimaforscher und Diagramme

Aus Sicht des Angeklagten macht sich die Bundesregierung schuldig, ihr Verhalten sei rechtswidrig und selbstzerstörerisch. Zudem zitierte er mehrere Klimaforscher, zeigte Diagramm und berief sich unter anderem auf den umstrittenen Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer.

Mahnwache vor Gerichtsgebäude

Strafrechtlich wertete die Staatsanwaltschaft in ihrer Klageschrift die Klima-Klebeaktion vom August 2022 als gemeinschaftliche Nötigung. Begleitet wurde das Strafverfahren von einer Mahnwache auf dem Gehweg vor dem Justizpalast in Nürnberg. Knapp zehn Unterstützerinnen und Unterstützer waren am Morgen mit Plakaten vor dem Gerichtsgebäude erschienen. Eine ihrer zentralen Botschaften: "Klima schützen ist kein Verbrechen".

In das Urteil gegen den Mann floss auch seine Verurteilung wegen der Plakat-Klebeaktion an der Bankfiliale ein. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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