Ein Feld zwischen Irlbach und Straßkirchen, im Hintergrund die Pfarrkirche St. Stephanus in Straßkirchen. BMW will hier ein Werk bauen.
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Ein Feld zwischen Irlbach und Straßkirchen, im Hintergrund die Pfarrkirche St. Stephanus in Straßkirchen. BMW will hier ein Werk bauen.

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Bürger entscheiden über BMW-Werk in Straßkirchen

Darf BMW im Gäuboden ein Hochvoltbatteriewerk bauen? Darüber entscheiden 2.828 Wahlberechtigte in der Gemeinde Straßkirchen in einem Bürgerentscheid. Durchgesetzt hatte ihn die Gegeninitiative "Lebenswerter Gäuboden". Am Sonntagabend wird ausgezählt.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Niederbayern am .

Straßkirchen im Landkreis Straubing-Bogen: Ein niederbayerisches Dorf entscheidet über die Zukunftsplanung eines Weltunternehmens. Das ist demokratische Realität. Am Sonntag um 18 Uhr schließen in der 3.300-Einwohner-Gemeinde die Wahllokale. Dann haben möglichst viele Einwohner - so vor allem die Hoffnung der Befürworter - ihre drei Kreuze auf dem Wahlzettel gemacht. Denn eine niedrige Wahlbeteiligung würde eher den Gegnern in die Karten spielen. Doch der Reihe nach.

BMW erwirbt 105 Hektar Land

Im Februar dieses Jahres hatte die BMW-Group ein 105 Hektar großes Areal auf dem Gebiet der Gemeinden Straßkirchen und Irlbach im Landkreis Straubing-Bogen erworben. Den größten Teil vom Gutsbetrieb Poschinger, aber auch weitere Eigentümer haben dem Verkauf ihres Landes zugestimmt. BMW sicherte sich zudem ein Ankaufsrecht auf weitere 29 Hektar angrenzenden Grund.

Auf der Suche nach einem geeigneten Gelände für das geplante Werk für die Montage von Hochvoltbatterien kamen für den Automobilhersteller 20 Standorte infrage. Nach eingehenden Prüfungen sei nur das Gelände in Straßkirchen und Irlbach geeignet. In dem Werk sollen 600 Kilogramm schwere Hochvoltakkus zusammengesetzt werden, die dann in den Produktionsstätten in Dingolfing, Regensburg und München in Elektroautos eingesetzt würden.

Ein Teil der Bürger gründet Gegeninitiative

Schon Ende des vergangenen Jahres hatten sich die Pläne in Straßkirchen herumgesprochen. Einige Bürger gründeten daraufhin im Januar die Gegeninitiative "Lebenswerter Gäuboden", um das Werk in ihrer Nachbarschaft zu verhindern. 90 Prozent der Planfläche befindet sich auf Straßkirchener Gebiet in Sichtweite zum Ortseingang. Das Zentrum der kleineren Gemeinde Irlbach liegt etwas weiter entfernt. Hier hatte sich keine Gegnerschaft zusammengefunden.

Die Initiatoren argumentieren damit, dass hoch fruchtbarer Ackerboden einer versiegelten Industriefläche zum Opfer fiele. Auch würde durch Lkw sowie Pkw der zukünftigen Belegschaft und Betriebsbusse die ohnehin schon angespannte Verkehrssituation des Orts an der Bundesstraße B8 verschärft werden.

Ein drittes Argument betrifft den Fachkräftemangel. Beispielsweise würde den Gastronomiebetrieben in der Region bereits viel Personal fehlen. Hier besteht bei den Gegnern des Vorhabens die Befürchtung, dass durch den Personalbedarf bei BMW kleinere Unternehmen schließen müssten.

Pro-Seite organisiert sich über Facebook

Fährt man über die B8 durch den Ort, springen dem Betrachter vor allem die Plakate der BMW-Befürworter ins Auge. Diese haben sich über eine offene Gruppe auf der Social-Media-Plattform Facebook organisiert und werben für eine moderne Zukunft ihres Orts.

Die Pro-Seite verweist darauf, dass in der Region andere Werke wie die Papierfabrik in Plattling schließen müssten. Neue, moderne Arbeitsplätze seien für die Gemeinden daher unabdingbar. Zudem würde es sich um eine Fläche handeln, die nach eigenen Angaben weit unter einem Prozent der gesamten Ackerfläche des Gäubodens ausmache. Die Befürworter haben auch die Hoffnung, dass die Chancen auf einen schnelleren Bau einer Umgehungsstraße durch die BMW-Ansiedlung steigen würden.

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BR-Reporter Riedl rechnet mit Befürwortung

Vervielfachung der Gewerbeeinnahmen

Für die Gemeinden Straßkirchen und Irlbach hätte die Hochvoltbatteriefabrik enorme finanzielle Auswirkungen. Die Gewerbesteuereinnahmen würden sich vervielfachen. Ein Vergleich mit anderen BMW-Standorten zeige, dass man nach kompletter Fertigstellung mit Beträgen im niedrigen zweistelligen Millionenbereich rechnen könne, so ein Gemeindesprecher.

Dringend benötigte Einnahmen für die kleinen Orte, die infrastrukturelle Modernisierungsprojekte finanzieren müssen – wie zum Beispiel im Bereich der Kläranlage. Dem Vernehmen nach könnte das kleinere Irlbach sogar mehr profitieren. Dies hängt unter anderem damit zusammen, dass die notwendige Infrastruktur für das BMW-Werk auf dessen Gemeindegebiet läge.

1.600 Arbeitsplätze im ersten Schritt

BMW will und muss nach eigenen Angaben 2026 mit der Batteriemontage starten. Die sogenannte "Neue Klasse" der E-Sparte benötige diese Akkus. Nach der ersten Bauphase sollen 1.600 Arbeitsplätze entstehen.

330.000 Hochvoltpakete will der Automobilhersteller jährlich montieren. Bis zum Ende des Jahrzehnts plant BMW eine zweite Bauphase und die Vollauslastung des Werks. Dann würden sich Arbeitsplätze und Produktivität verdoppeln, so der Plan.

70 Prozent der Stellen sollen intern mit Angestellten aus anderen Werken besetzt werden. BMW wird nicht die vollen 105 Hektar bebauen, und darf das auch rein rechtlich nicht. Aufgrund des Ankaufsrechts bezüglich der weiteren Fläche treibt die Gegner trotzdem die Sorge um, dass es nicht bei dem geplanten Werk bleiben könnte.

Drei Kreuze notwendig

Ob pro oder contra BMW: Bis Sonntag müssen die Wählenden drei Kreuze auf ihrem Wahlzettel machen. Eins zum Ratsbegehren für das BMW-Werk, mit dem die Straßkirchener Gemeindevertretung die Entscheidung selbst an seine Bürger abgibt. Ein weiteres zum genannten Bürgerbegehren für den Erhalt der fruchtbaren Böden im Gäuboden.

Falls wider Erwarten diese beiden gegensätzlichen Begehren positiv beschieden würden, käme es zu einem Stichentscheid. Hierfür müssen die Bürger das dritte Kreuzchen auf dem Wahlzettel setzen.

Gut 2.800 Wahlberechtigte haben es also in der Hand, ob sich ihr Dorf deutlich verändert, oder ob BMW für die Zukunft seiner Elektrifizierungssparte erhebliche Umplanungen vornehmen muss. Das Ergebnis der Abstimmung wird am Sonntag gegen 20 Uhr erwartet und im Straßkirchener Rathaus verkündet.

  • Zum Artikel: So soll das neue BMW-Werk im Gäuboden aussehen

Im Video: Gemischte Reaktionen auf geplantes BMW-Werk

BMW plant eine Fabrik für Hochvoltbatterien. Viele Bürger sind dagegen.
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BMW plant eine Fabrik für Hochvoltbatterien. Viele Bürger sind dagegen.

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