Es ist ein Gesetz, das polarisiert. Die Ampel-Koalition will Anbau und Konsum von Cannabis teils legalisieren. Für Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ist das "eine Wende in der Drogenpolitik", für Kritiker wie den ehemaligen bayerischen Gesundheitsminister Klaus Holetschek "ein gefährlicher Irrweg". Über den entsprechenden Gesetzentwurf beraten die Abgeordneten im Bundestag am Mittwochabend. Was genau die Regierung plant und welche Regeln bald gelten könnten – die wichtigsten Fragen und Antworten.
Cannabis: Was soll erlaubt werden?
Privat Cannabis anzubauen, zu besitzen und zu konsumieren soll legal werden – unter bestimmten Bedingungen. Der Besitz von bis zu 25 Gramm soll künftig straffrei sein. Außerdem sollen Erwachsene bis zu drei Cannabis-Pflanzen haben dürfen, um damit den eigenen Konsum zu decken. Sie müssen aber dafür sorgen, dass Kinder und Jugendliche keinen Zugriff auf die Pflanzen haben.
Geraucht werden darf die Droge allerdings nicht überall. Es soll eine Schutzzone geben: ein Konsumverbot im Abstand von 200 Metern rund um Schulen, Spielplätzen, öffentlichen Sportplätzen und ähnlichem. Dasselbe gilt rund um Anbauvereine, sogenannte Cannabis-Clubs. Auch in Fußgängerzonen soll der Konsum verboten sein.
Was sind Cannabis-Clubs?
In Vereinen oder Genossenschaften können Mitglieder den Anbau von Cannabis gemeinsam organisieren. Die Vereinigungen dürfen laut Gesetzentwurf maximal 500 Mitglieder haben – Erwachsene ab 18 Jahren, die in Deutschland wohnen. Der Verein darf nicht gewerblich sein und braucht die Erlaubnis einer Behörde. Werbung oder Sponsoring soll den Vereinen verboten sein. Jede Person darf nur in einem Anbauverein Mitglied sein, nicht in mehreren.
Was dürfen Cannabis-Clubs?
Die Vereine sollen Cannabis anbauen und zum Eigenkonsum an die Mitglieder weitergeben dürfen. Die Abgabe ist begrenzt auf 25 Gramm pro Tag und auf 50 Gramm pro Monat. Für junge Menschen zwischen 18 und 21 Jahren gelten schärfere Regeln. Vereine dürfen an sie nur 30 Gramm pro Monat abgeben, wobei der zulässige THC-Gehalt bei zehn Prozent liegt.
Die Qualität des Cannabis muss kontrolliert werden und die Droge darf nur in Reinform als Marihuana oder Haschisch abgegeben werden. Zuständig für die Einhaltung der Regeln sind die Behörden auf Länderebene. Bayern plant nach Angaben der Staatsregierung eine zentrale Kontrolleinheit dafür, um einen "möglichst strengen und konsequenten Vollzug zu gewährleisten".
Was sagen Kritiker?
Die bayerische Staatsregierung ist gegen die Legalisierung. Bayerns amtierende Gesundheitsministerin Ulrike Scharf, CSU, die vor kurzem die Vertretung des bisherigen Ministers Holetschek übernommen hat, hält die Cannabis-Pläne der Ampel für unverantwortlich: "Cannabis ist eine gefährliche Droge und birgt ernsthafte gesundheitliche Risiken, vor allem für jungen Menschen". Scharf verweist unter anderem auf ein erhöhtes Risiko für Angststörungen, Depressionen und Psychosen.
Die Vertreter der Bundesländer haben im Bundesrat eine Stellungnahme zum Gesetz verabschiedet. Sie zweifeln etwa daran, dass die vorgesehenen Schutzzonen wirksam funktionieren können und hinterfragen, ob Kontrollen praktisch umsetzbar sind. Außerdem halten die Länder die Ermittlung von Cannabis-Grenzwerten am Steuer im Auto für dringend nötig.
Was entgegnet die Bundesregierung?
Auch Bundesgesundheitsminister Lauterbach betont immer wieder, dass bis zum Alter von 25 Jahren das wachsende Gehirn vom Konsum nachhaltig geschädigt werden könne. Die Legalisierung soll deshalb mit einer Präventionskampagne begleitet werden, um Wissen rund um die Gefahren zu vermitteln. Es gebe also in Zukunft mehr Prävention und Jugendschutz, so Lauterbach.
Befürworter aus der Ampel argumentieren zudem, dass der Cannabis-Konsum ohnehin stattfinde. Mit der Teil-Legalisierung hole man diesen aus der Illegalität. Damit soll außerdem der Schwarzmarkt ausgetrocknet werden, so das Ziel der Ampel.
Wann kommt die Legalisierung von Cannabis?
Am Mittwochabend debattieren die Bundestagsabgeordneten in erster Lesung über den Gesetzentwurf. Danach wird er an die zuständigen Ausschüsse verwiesen, in denen die Abgeordneten über mögliche Änderungen und über Details verhandeln. Die Bundesregierung plant, dass das Gesetz Anfang 2024 in Kraft tritt.
Im Audio: Hanf gewinnt in der Medizin immer mehr an Bedeutung
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