Zum Münchner CSD kamen dieses Jahr Hunderttausende Menschen, Köln feierte den größten Christopher Street Day seiner Geschichte. Nicht überall finden Pride-Paraden statt, gerade in ländlichen Regionen oft nicht. Heute feiert Ebersberg zum ersten Mal eine Pride-Parade. In Landsberg am Lech fand er bereits zum zweiten Mal statt.
Die Christopher Street Days in Ebersberg und Landsberg sind von Bedeutung, denn auf dem Land fehlen oft Repräsentation und Vorbilder. Das sagt auch der 19-jährige Liam Sauer. Er hat den CSD in Landsberg mitorganisiert. Er sagt, gerade CSDs auf dem Land seien wichtig, weil es queere Menschen überall gebe. Weil die Community dort aber kleiner sei, gebe es auch keine Struktur, Anlaufstellen oder queere Gruppen. "Von daher ist es wichtig, auch hier Präsenz zu zeigen und jungen Menschen zu zeigen, es ist ok, so zu sein!"
CSD soll Queer-Community in Landsberg vernetzen
Organisiert wurde die Veranstaltung in Landsberg vom Verein "Vida" in Zusammenarbeit mit "Landsberg bleibt bunt", dem Bezirksjugendring Oberbayern, Fridays for Future und "VIVA Randerscheinungen". Etwa 400 Menschen sind in die 30.000 Einwohnerstadt gekommen, auch aus Augsburg oder München. Der CSD soll auch helfen, die Community hier zu vernetzen.
Ein Coming-out auf dem Land fällt schwerer als in der Großstadt. Liam sagt, dass es hilft, mit anderen queeren Menschen zu sprechen. Denn nahezu alle queeren Menschen würden Diskriminierungserfahrungen machen. Es sei wichtig, sich auszutauschen mit Menschen, die einen wirklich verstehen, die verstünden, welche Ängste man hat.
Im Video (9. Juli 2023): Erster CSD in Landsberg
Stadt unterstützt LGBTIQ-Community
Am Landratsamt hängen Regenbogenflaggen. Anders als in manchen Orten in Ostdeutschland unterstützt die Stadt queere Menschen. Dem 2. Bürgermeister Moritz Hartmann ist es wichtig, dass die Community Raum hat. Deshalb stellt die Stadt das Jugendzentrum kostenlos zur Verfügung. Dort finden immer wieder Netzwerktreffen statt, Veranstaltungen oder Beratungsgespräche.
Trotzdem ist die Demonstration auch in Landsberg immer noch wichtig. Das verdeutlicht auch der 27-jährige Philipp. Er berichtet beispielsweise von einem Vorfall auf dem Landsberger Volksfest. Dort habe ein Freund von ihm mit seinem Partner Händchen gehalten, es habe sich ein Halbkreis um die beiden gebildet und sie seien "komisch angemacht" worden.
Mehr Akzeptanz, aber auch mehr Ablehnung
Auch Liam merkt aktuell eine "Polarisierung der Gesellschaft". Das zeige sich auch bei queeren Themen. Einerseits gebe es immer mehr Unterstützer und Akzeptanz, aber auf der anderen Seite werde auch die Ablehnung viel stärker - sowohl von der Intensität als auch der Quantität. "Das ist auch hart, dass uns immer mehr Menschen unterstützen, uns aber auch mehr Hass entgegenschlägt", so Liam.
Zwei Stunden lang ziehen alte und junge Menschen gemeinsam durch die Altstadt. Sie tragen Regenbogenflaggen, Plakate und bunte Kostüme. Jasmin ist zum Beispiel für Leute hier, die sich selbst nicht trauen können, auf den CSD zu gehen. Anke erzählt, für sie ist der CSD in Landsberg wichtiger als beispielsweise der in München: "Weil ich in Landsberg angefangen habe, meine Queerness zu leben und das verdammt schwer war. Also in der Schule und generell akzeptiert zu werden, wenn man anders ist", so Jasmin.
Einige Zuschauer sind auch zufällig heute vorbeigekommen und schauen vom Rand aus zu. Viele kommen so zum ersten Mal überhaupt mit einer Pride-Parade in Kontakt.
Auf dem Land fehlen queere Vorbilder
Was auf dem Land immer noch fehlt, sind Vorbilder. Denn in Großstädten ist die queere Community größer. Auch Zahl der registrierten Straftaten gegen queere Menschen ist ein Problem. Die hat sich in Bayern im Jahr 2023 verdoppelt. Immer wieder werden Regenbogenflaggen oder Pride-Zeichen abgehängt oder zerstört. Zuletzt wurde ein Regenbogenzebrastreifen in Würzburg übermalt.
In Landsberg hingegen verläuft die Demonstration ohne Zwischenfälle. Liam hofft, dass es immer mehr kleine CSDs geben wird. Damit deutlich wird: Queere Menschen gibt es überall.
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