Die US-Vizepräsidentin Kamala Harris hat offenbar genügend Delegierte hinter sich versammelt, um sich beim Parteitag der Demokraten im August als offizielle Präsidentschaftskandidatin nominieren zu lassen. Das berichteten die US-Nachrichtenagentur AP und der US-Sender CNN übereinstimmend unter Berufung auf eigene Umfragen und Schätzungen.
Damit ist nahezu gesichert, dass die 59-Jährige bei der Wahl im November gegen den Republikaner Donald Trump antreten wird. Zuvor hatte US-Präsident Joe Biden am Sonntag angekündigt, sich aus dem Rennen um das Weiße Haus zurückzuziehen.
Wohl deutlich mehr Delegiertenstimmen als nötig
Die Delegationen mehrerer Bundesstaaten versammelten sich am Montagabend (Ortszeit), um ihre Unterstützung für die Vizepräsidentin zu bestätigen. Nach Zählung der Nachrichtenagentur AP kam sie auf deutlich mehr als die 1.976 Delegiertenstimmen, die sie benötigt, um sich die Nominierung zu sichern. Keiner der Delegierten, die von der AP kontaktiert wurden, wollte einen anderen möglichen Kandidaten als Harris nennen.
Harris bedankte sich in einer Stellungnahme bei den Delegierten für deren Unterstützung. "Ich freue mich darauf, die Nominierung bald offiziell anzunehmen", hieß es darin. Sie sei stolz darauf, dass die Delegierten aus ihrer Heimat Kalifornien dazu beigetragen hätten, sie über die entsprechende Hürde zu bringen, betonte Harris.
Biden über Harris: "Sie ist die Beste"
US-Präsident Joe Biden hat seine Demokratische Partei dazu aufgerufen, Vizepräsidentin Kamala Harris zu unterstützen. "Sie ist die Beste", sagte Biden und sicherte der 59-Jährigen selbst ebenfalls volle Unterstützung zu. So will er im Namen von Harris Wahlkampf machen und "auf der Straße" sein. Das erklärte er in einer per Telefonkonferenz übertragenen Rede, während Harris das Wahlkampfhauptquartier der US-Demokraten in Wilmington im US-Bundesstaat Delaware besuchte. Und weiter: "Ich werde alles tun, worum sie mich bittet."
Biden zu Rückzug: "Es war das Richtige"
In seinen ersten Äußerungen seit dem Rückzug seiner eigenen Kandidatur sagte Biden überdies, es habe sich zwar der Name an der Spitze geändert, nicht aber die Mission. Der 81 Jahre alte US-Präsident, der sich derzeit in seinem Haus in Rehoboth Beach im US-Bundesstaat Delaware von einer Coronainfektion erholt, äußerte sich in dem Telefonat auch direkt zu seinem eigenen historischen Rückzug: "Ich weiß, die gestrige Nachricht ist überraschend und schwer zu hören für Sie. Aber es war das Richtige."
In den verbleibenden Monaten seiner Amtszeit wolle er sich für ein Ende des Krieges im Gazastreifen einsetzen; er werde sehr eng mit den Israels und den Palästinensern zusammenarbeiten, "um herauszufinden, wie wir den Gaza-Krieg beenden, den Frieden im Nahen Osten schaffen und all die Geiseln nach Hause bringen können". Er sei entschlossen, in seiner noch verbleibenden Amtszeit so viel wie möglich zu erreichen, sowohl in der Außen- als auch in der Innenpolitik.
Harris nennt Wahlkampfsieg gegen Trump als Ziel
Im Gespräch mit Mitarbeitern ihres Wahlkampfteams erkannte Harris die "Achterbahnfahrt" der vergangenen Wochen an. Sie habe die Absicht, sich die Nominierung als Kandidatin der Demokratischen Partei zu verdienen und im November gegen den Republikaner Donald Trump zu gewinnen. "Unser Kampf um die Zukunft", sagte sie, "ist auch ein Kampf für Freiheiten."
Des Weiteren erklärte Harris, das Recht auf Abtreibung zu einem zentralen Bestandteil ihrer Präsidentschaftskampagne gegen Donald Trump zu machen. "Wir werden für die reproduktive Freiheit kämpfen, wissend, dass Trump, wenn er die Chance bekommt, ein Abtreibungsverbot unterzeichnen wird, um Abtreibungen in jedem einzelnen (Bundes-)Staat zu verbieten." Als weitere zentrale Punkte ihrer politischen Agenda nannte sie die Stärkung der Mittelschicht und strengere Waffengesetze.
Bidens Stimme erstmals nach Rückzug zu hören
Während des Auftrittes von Harris in Delaware blieb Biden weiter zugeschaltet und hörte ihrer Rede zu. Es war das erste Mal seit seinem Rückzug aus dem Präsidentschaftsrennen, dass die Stimme des Präsidenten öffentlich zu hören war. Seine Entscheidung hatte er schriftlich verkündet. Zuvor hatte sein Arzt mitgeteilt, der Präsident sei nach seiner Corona-Infektion auf dem Weg der Besserung. Noch ist nicht ganz klar, wann er nach Washington ins Weiße Haus zurückkehrt. Womöglich aber bereits an diesem Dienstag. Das geht zumindest aus seinem offiziellen Terminkalender hervor.
Biden hatte am Sonntag angesichts der Zweifel an seiner geistigen und körperlichen Fitness den Verzicht auf seine Kandidatur erklärt und zugleich seine Unterstützung für Harris bekundet.
Unterdessen sprechen sich nun immer mehr Parteigrößen der US-Demokraten für Harris als Präsidentschaftskandidatin aus - unter anderem die ebenfalls als mögliche Bewerber gehandelten Gouverneure Gavin Newsom (Kalifornien), Josh Shapiro (Pennsylvania), Roy Cooper (North Carolina) und die einflussreiche Kongressabgeordnete Nancy Pelosi.
Mit Material von AP und Reuters
Im Audio: Reaktion von Donald Trump und seinen Republikanern auf Joe Bidens Rückzug
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