An der Arberlandklinik Viechtach wird gehämmert und gewerkelt. Noch sind die Baustelle und der Umbau möglich. Aber was ist nach dem 16. März? Denn ab da gilt die einrichtungsbezogene Impfpflicht. Das bedeutet: Nicht nur Pflegekräfte müssen geimpft sein, sondern auch Elektriker, Hausmeister oder Reinigungskräfte im Klinikum.
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Impfpflicht im Gesundheitswesen gilt auch für Reinigungskräfte
Christian Schmitz ist Vorstand der Arberland-Kliniken und weiß, dass beispielsweise fünf von 22 Mitarbeitern im Reinigungsdienst in Viechtach ungeimpft sind – ein Viertel der Mitarbeiter: "Das führt dazu, dass wir die Leistung im Reinigungsbereich nicht so ausführen können, wie wir es für den Klinikbetrieb benötigen würden. Zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht – aber das würde drohen, wenn uns die Mitarbeiter wegfallen."
Besonders im Gesundheitswesen bedarf es sauber gereinigter und desinfizierter Behandlungs- und Operationsräume, so Schmitz. Und auch die Handwerker, die gerade am Umbau der Klinik arbeiten, müssten ab Mitte März geimpft sein, um weiterhin in der Klinik arbeiten zu dürfen.
Das stellt Krankenhäuser wie Viechtach vor Herausforderungen: Nicht nur die eigenen Klinik-Mitarbeiter wie Ärzte oder Krankenpfleger müssen einen Nachweis über die Impfung erbringen, sondern auch alle externen Dienstleister müssen abgefragt werden.
"Impfpflicht spaltet das Krankenhaus"
Bisher liegt die gesamte Impfquote im Viechtacher Klinikum bei 85 Prozent. Zwar werden dem Personal und deren Angehörigen Impfangebote gemacht – zwingen will und kann man in Viechtach aber keinen:
"Das Thema Impfpflicht, glaube ich, spaltet die Gesellschaft, das spaltet auch teilweise im Krankenhaus – deswegen versuchen wir keinen Druck auszuüben. Uns tut jeder Mitarbeiter weh, der uns verlässt, egal ob er in der Reinigung arbeitet, in der Küche, in der Pflege, ob es ein Mediziner oder eine Krankenschwester ist. Dementsprechend sind wir momentan wirklich auf jeden angewiesen, der bei uns arbeiten möchte und kann. Dementsprechend sehen wir die Impfpflicht im Gesundheitswesen eher als kontraproduktiv an, um die Patientenversorgung gewährleisten zu können." Christian Schmitz, Vorstand der Arberland-Kliniken
- Zum Artikel: "Pflegenotstand - Nachwuchsprobleme in der Krankenpflege"
Geimpfte und ungeimpfte Krankenpflegerinnen
Die Mitarbeiter müssen sich bald entscheiden: Impfen – ja oder nein. Stefanie Schweikl beispielsweise arbeitet auf der Intensivstation am Viechtacher Klinikum. Sie ist zum dritten Mal geimpft, wartet schon auf die vierte Impfung: "Ich habe alle Wellen miterlebt, ich habe viele junge Menschen sterben sehen, die nicht hätten sterben müssen, wenn sie geimpft gewesen wären. Deshalb vertrete ich das so. Anfangs war es traurig, weil keine Impfung zur Verfügung stand. Aber jetzt hat man es in der Hand, bitte Leute, lasst euch impfen."
"Soll jedem selbst überlassen sein"
Ganz anders ihre Kollegin Selina Kastl. Die 20-jährige Krankenschwester ist nicht geimpft - und verliert deswegen wohl ihren Job: "Mir geht’s nicht gut damit - ich weiß, seitdem ich jung bin, dass ich Krankenschwester werden möchte. Und ich bin der Meinung: Das soll jedem selbst überlassen sein, ob er sich impft oder nicht. Ich finde das problematisch, dass sie in der Pflege eine Impfpflicht einführen möchten, weil durch die Impfpflicht hören schon viele auf - durch das wird es noch weniger."
Kastl hofft, wie sie sagt, dass die Impfpflicht im Gesundheitswesen noch einmal überdacht wird, ansonsten müsste sie sich eine neue Arbeit suchen.
Forderung nach allgemeiner Impfpflicht
Das Klinikum im Landkreis Regen hätte sich eine generelle Impfpflicht gewünscht - und nicht eine partielle nur für den Pflegebereich. So geht es auch der Regener Landrätin Rita Röhrl (SPD):
"Die berufsbezogene Impfpflicht schafft uns mehr Probleme als sie Nutzen bringt. Die Umsetzung ist äußerst schwierig. Zumal Fragen, wie man zum Beispiel damit umgeht, wenn die Versorgung in einer Einrichtung gefährdet ist, unbeantwortet bleiben. Eine allgemeine Impfpflicht würde alle Bürger gleich behandeln und würde die Flucht in andere Tätigkeitsfelder oftmals abwenden." Rita Röhrl, Landrätin Landkreis Regen
Impfpflicht: Erneut werden Gesundheitsämter gefordert
Bislang ist der 16. März als Start der einrichtungsbezogenen Impfpflicht angedacht. Dann müssten nach den bisherigen Planungen die Gesundheitsämter beurteilen, ob und wie ein Betretungs- oder Tätigkeitsverbot ausgesprochen wird. Das heißt: Die Mitarbeiter der Gesundheitsämter müssten nach eigenem Ermessen prüfen und entscheiden, da es keinen bindenden und bayernweit einheitlichen Kriterienkatalog gibt.
Das sieht Carolin Müller, Leiterin des Gesundheitsamts in Regen, kritisch: Aufgrund der Corona-Pandemie sei das Gesundheitsamt ohnehin "über Gebühr gefordert". Sollten weitere Aufgaben hinzukommen, wäre dies nur durch mehr Personal möglich. "Aber auch das würde die Last nicht sofort nehmen, denn neue Mitarbeiter müssen auch angelernt werden", so Müller.
- Zur Übersicht: "Aktuelle Hintergründe und News zur Corona-Impfung"
Wer kontrolliert die Impfungen?
Um ein einheitliches Vorgehen aller Gesundheitsämter sicherzustellen, brauche es mehr Informationen und Vollzugshinweise seitens des Bundesgesundheitsministeriums, wie die Leiterin des Gesundheitsamts fordert.
Viele Fragen bleiben auch knapp zwei Monate vor Inkrafttreten der einrichtungsbezogenen Impfpflicht im Gesundheitswesen noch offen. Wer beispielsweise kontrolliert, ob die Handwerker, die derzeit auf der Baustelle am Klinikum Viechtach arbeiten, nach dem 16. März geimpft sind oder nicht?
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