Auf den ersten Blick ist Köfering ein beschauliches Dorf. Es gibt eine kleine Kirche, mehrere Höfe, drei Supermärkte entlang der Hauptstraße. Und das Schloss der Grafen von Lerchenfeld, das mitten im Zentrum liegt und um das sich herum über Jahrhunderte die Menschen angesiedelt haben. Bis hierhin nicht außergewöhnlich.
Doch in den vergangenen 30 Jahren hat der Ort vor den Toren Regensburgs einen rekordverdächtigen Bauboom erlebt. Die Folge: Die Einwohnerzahl Köferings hat sich zwischen 1987 und 2005 mehr als verdoppelt, von 1.030 auf fast 2.300 Einwohner. Keine andere Gemeinde in Bayern konnte solche Zuwachszahlen verzeichnen.
Industrieansiedlungen lassen Preise in der Stadt steigen
Es war die Zeit, als auch im nahegelegenen Regensburg viel im Umbruch war. Unter anderem hat BMW in den 80er-Jahren ein Werk im Südosten der Stadt errichtet. Später haben sich auch der Chiphersteller Infineon und der Autozulieferer Continental in Regensburg angesiedelt. Die Stadt wurde größer und schicker.
Neben der Einwohnerzahl ist auch der Quadratmeterpreis sprunghaft angestiegen. Die Menschen haben Alternativen gesucht und fanden sie unter anderem in Köfering.
550 neue Wohnhäuser in Köfering
Nun könnte sich in Köfering die Geschichte wiederholen: Am Rand des Dorfes entsteht ein komplett neues Viertel. "Graf Lerchenfeld Quartier" prangt auf dem grün-weißen Bauschild, das jedem, der auf der B15 von Regensburg nach Landshut fährt, unweigerlich ins Auge fällt. Geht es nach den Investoren, sollen auf dem Grund der Adelsfamilie rund 700 Häuser entstehen. Die Gemeinde will aber nur 550 genehmigen.
Obwohl noch kein Haus dort gebaut ist, die Nachfrage ist enorm, bestätigt Investor Markus Dirnberger. Der erste Bauabschnitt mit 100 Häusern war innerhalb kürzester Zeit verkauft. Und auch für die nächsten Abschnitte ist Dirnberger guter Dinge: Es gebe mehr Anfragen als Grundstücke zur Verfügung stehen.
Investition in Infrastruktur notwendig
Im Rathaus von Köfering steht Bürgermeister Armin Dirschl vor einer Karte seiner Gemeinde. Dass neue Viertel zeichnet sich durch viele gerade Linien und Symmetrie auf der Karte ab. Eine "urbane Bebauung" sei gewollt, sagt Dirschl. Sofern alle Bauabschnitte genehmigt werden, kann Bürgermeister Dirschl mit rund 2.100 neuen Köferinger Bürgern rechnen.
Daher muss das Dorfoberhaupt schon jetzt an die Zukunft denken: Direkt neben dem Baugebiet entsteht ein neuer Kindergarten. Es wird das erste Gebäude sein, dass im neuen Viertel fertig wird.
Zuzug als Zukunftsgarantie
Dass Köfering jetzt wieder wächst, ist für den Bürgermeister nicht überraschend. Verantwortlich für die erneute Bautätigkeit im Dorf ist vor allem die Nähe zur "Boomtown" Regensburg und der Mangel an Wohnraum. Die Bundesstraße ist schon jetzt zur Rush-Hour gut befahren. Manch alteingesessenem Bürger geht die Entwicklung zu schnell.
Laut Bürgermeister sichert der Zuzug dagegen die Zukunft des Dorfes. "Wir haben drei Einkaufsmärkte in Köfering. Bei anderen Gemeinden, wo diese Entwicklung nicht da war, hat man sehen können, dass diese Unternehmen ganz schnell die Immobilie verlassen und in andere Ortschaften gehen. Mit dem Projekt können wir unsere bestehenden Einkaufsmärkte hier halten, was auch für die alte Bevölkerung von Nutzen ist."
Gemeindebund: Sorgfältig planen
Auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) beobachtet, dass die Nachfrage nach Wohnraum vor allem in Gemeinden rund um Großstädte erneut gestiegen ist. Grundsätzlich bewertet der DStGB die Schaffung von Wohnraum auf dem Land zwar positiv. "Ländliche Räume können insoweit eine wichtige Entlastungsfunktion für die oft überhitzten Wohnungsmärkte in den Großstädten übernehmen und so maßgeblich zur Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse beitragen." Allerdings mahnt der DStGB an, dass die Gemeinden sorgsam planen und entwickeln sollten. Kurz: Mehr im Dorfzentrum statt im Außenbereich bauen.
Köfering will Dorf bleiben
Im Dorfzentrum von Köfering, gegenüber vom Schloss, steht derzeit noch ein verlassenes Gebäude. Die Fenster sind nahezu alle herausgebrochen, an der Hausecke fehlt ein Stück der Wand. Bürgermeister Dirschl zeigt auf die alten Stallungen. In dem Gebäude soll das neue Rathaus entstehen, direkt daneben ein großer Dorfplatz. "Wir wollen ja auch Dorf bleiben. Und keine Vorstadt von Regensburg werden. Und deswegen war es uns wichtig, dass man einen zentralen Ort in der Mitte des Ortes schaffen, wo sich die Leute treffen können."
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