Ein Beispiel aus Würzburg, wo der Wohnungsmarkt sehr angespannt ist. Ein Würzburger Vermieter vergibt offenbar ganz bewusst Wohnungen an Menschen, deren Miete das Jobcenter zahlt. Dort hat er mutmaßlich mehr abgerechnet, als ihm zustand. Er soll bei den Quadratmeterangaben zahlreicher Wohnungen betrogen haben. Offen ist, ob die Behörden davon wussten, aber nie reagiert haben, obwohl es um öffentliche Mittel ging.
Wohnen auf kleinstem Raum
Vor mehr als zehn Jahren hatte der Vermieter zwei Gebäude entkernen und umbauen lassen. In einem Gebäude wurden so aus ursprünglich 14 mindestens 100 winzige Wohnungen gemacht.
In diesem Haus lebt Stefanie B.: durch ein kleines Fenster fällt etwas Tageslicht in den Raum, in dem die 46-Jährige duschen, kochen, essen und schlafen soll. Ein winziges Bad, eine Spüle, zwei Herdplatten, in der Mitte ein Bett. Für mehr ist kein Platz. Am Waschbecken fehlt seit ihrem Einzug vor einem Jahr das Abflussrohr, die Toilette spült seit einiger Zeit nicht mehr.
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Letzte Zuflucht vor der Wohnungslosigkeit
Als Stefanie B. vor einem Jahr ihre alte Wohnung räumen musste, fand sie auf dem angespannten Würzburger Wohnungsmarkt auf die Schnelle nichts Anderes. Sie habe keine andere Wahl gehabt, als die Wohnung zu nehmen, sagt sie, sie hätte sonst auf der Straße gestanden. Für Stefanie B. ist die Wohnung die letzte Zuflucht vor der Wohnungslosigkeit. "Einerseits war ich froh, eine Wohnung zu haben, aber ich habe nicht gewusst, wie die Verhältnisse hier im Haus sind“, sagt die 46-jährige.
Wohnung angeblich doppelt so groß
Die Wohnung liegt in einem Mehrfamilienhaus. Sie soll "ca. 32 Quadratmeter“ groß sein. So steht es in den Mietunterlagen, die dem BR vorliegen. Doch die Wohnung wirkt kleiner: Messungen im Zuge von Recherchen ergeben nur rund 16 Quadratmeter.
In anderen Wohnungen in dem sechsgeschossigen Gebäude scheint die Situation ähnlich zu sein. Teils sind in den Unterlagen, die dem BR vorliegen oder die wir einsehen konnten, Quadratmeterangaben vermerkt, die doppelt oder fast dreimal so hoch sind, wie die Ergebnisse der Messungen im Zuge der Recherche.
Der Vermieter lässt detaillierte Fragen unbeantwortet. Per E-Mail teilt er mit, Informationen über Mängel lägen nicht vor. Und weiter: "Wir kommunizieren bei Wohnungsbesichtigungen gar nichts. Wir zeigen die Wohnung und nennen den Preis.“
Falsche Angaben in Mietunterlagen
Stefanie B.s Miete zahlt das Jobcenter. In dem Mehrfamilienhaus ist sie damit nicht die Einzige. Und viele der vom Jobcenter bezahlten Wohnungen haben eine Gemeinsamkeit: In den Mietunterlagen stehen mutmaßlich falsche Quadratmeterangaben.
Im Raum steht deshalb der Verdacht, dass das Jobcenter über Jahre hinweg zu hohe Mieten gezahlt hat. Ein Schaden in Millionenhöhe scheint denkbar. Das Jobcenter verweist auf BR-Anfrage darauf, dass das Mietverhältnis immer zwischen den Mietern und dem Vermieter bestehe. In einem einzelnen Fall habe man einen anonymen Hinweis auf Unstimmigkeiten erhalten, heißt es in einer ersten Stellungnahme. Zuerst hatte die Main-Post berichtet.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt
Träger des Jobcenters ist die Stadt. Eine Person, die für das Würzburger Jobcenter gearbeitet hat, äußert sich dazu. Sie will anonym bleiben. Sie versichert dem BR, dass Mitarbeiter des Jobcenters gewusst hätten, dass der Vermieter falsche Quadratmeterangaben mache. Es falle auf, wenn Mieten immer genau so berechnet seien, dass sie vom Jobcenter noch getragen würden.
Sie schildert dem BR die Schwierigkeiten des Jobcenters. "Jeder Mitarbeiter war natürlich froh, wenn unsere Kunden eine Wohnung gefunden hatten, die wir im Rahmen der Vorschriften auch bezahlen konnten“, so die ehemals beim Jobcenter beschäftigte Person.
Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft in diesem Fall. Die Stadt hat Anzeige gegen den Vermieter und den Hausverwalter erstattet.
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