Um Solidarität mit den Menschen in Gaza und im von Israel besetzten Westjordanland zu bekunden, haben am Samstag etwa 5.500 Personen auf dem Münchner Odeonsplatz demonstriert. Am Marienplatz verschafften sich Unbekannte Zugang zum Turm des Münchner Rathauses und befestigten dort eine palästinensische Flagge.
Mehrere Tausend Teilnehmer bei pro-palästinensischer Demo
Zu sehen waren größtenteils Palästina-Flaggen und Schilder mit Sprüchen wie "Stop the Genocide". Zu Beginn der Demonstration hielten die Demonstrierenden eine Schweigeminute in Gedenken an die Menschen in Gaza ab. Zuvor hatten die Veranstalter die Demonstrierenden darauf hingewiesen, dass die Parole "From the River to the Sea, Palestine will be free" auf der Veranstaltung nicht erlaubt ist. Die Parole fordert ein "freies Palästina", und zwar vom Fluss Jordan bis hin zum Mittelmeer – also auch auf dem heutigen Staatsgebiet von Israel.
Nach dem Auftakt am Odeonsplatz und einem Marsch durch die Maxvorstadt und Schwabing wurde die Veranstaltung gegen 18.30 Uhr beendet. Die Kundgebung unter dem Namen "Stoppt den Krieg - Freiheit für Palästina" wurde vom Münchner Zweig der Bewegung "Palästina spricht" organisiert. Rund 200 Beamte waren in München im Einsatz.
Drei Anzeigen wegen strafrechtlich relevanter Schilder
Wie die Polizei mitteilte, wurden drei Männer anzeigt, weil sie verbotene Plakate mit sich trugen: Ein 46-jähriger Oberpfälzer zeigte auf der Versammlung ein Plakat mit dem Schriftzug "From the River to the Sea". Zwei 20- und 21-jährige Männer aus München und dem Landkreis wurden ebenfalls angezeigt, weil sie sichtbar ein Plakat mit der Aufschrift "Intifada bis zum Sieg" trugen. Die Polizei stellte die Plakate sicher und entließ die Männer nach erfolgter Anzeige wieder.
Palästina-Flagge am Rathaus-Turm
Parallel zur Kundgebung auf dem Odeonsplatz hatten Unbekannte eine Palästina-Fahne vom Turm des Rathauses am Marienplatz angebracht, die laut Polizei aber wenig später bereits wieder entfernt werden konnte. Wie es zu dem Vorfall kommen konnte, ist bislang unklar. Die Palästina-Fahne ist nicht verboten. Strafrechtlich könnte die Aktion allenfalls als Hausfriedensbruch gewertet werden. Eine dementsprechende Anzeige der Stadt liegt aber laut Polizei bislang nicht vor.
Die Stadt München hatte nach dem Angriff der Hamas Anfang Oktober ihre Solidarität mit Israel bekundet, israelische Flaggen vor dem Rathaus gehisst und auch das Gebäude mit der israelischen Flagge angestrahlt.
Auch abseits von München: pro-palästinensische Kundgebungen
Auch in Nürnberg gab es pro-palästinensische Kundgebungen. An der größeren der beiden Demonstrationen nahmen 800 Menschen teil. Laut Polizei kam es dabei zu keinen nennenswerten Vorkommnissen. In zwei Fällen fielen der Polizei Ausrufe von Demo-Teilnehmern auf, bei denen "möglicherweise der Anfangsverdacht einer Straftat" besteht, heißt es von den Beamten. Die Polizei stellte die Identität der jeweiligen Demo-Teilnehmer fest. Die weitere Prüfung der Vorfälle steht noch aus.
"From the river to the sea" wird strafrechtlich verfolgt
Der bei pro-palästinensischen Demonstrationen verwendete Slogan "Vom Fluss bis zum Meer" wird in Bayern inzwischen strafrechtlich verfolgt. Das sagte der Münchner Oberstaatsanwalt Andreas Franck der "Süddeutschen Zeitung" vom Samstag. Wer Propagandamittel von verbotenen Organisationen öffentlich verwende, der werde nach Paragraf 86a des Strafgesetzbuchs belangt.
Franck beruft sich auf das Anfang November von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erlassene Betätigungsverbot für die radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas. Verboten sind damit auch Kennzeichen der Hamas. Aufgelistet neben Logos und Schriftzügen ist dort auch die Parole "Vom Fluss bis zum Meer" auf Deutsch oder in anderen Sprachen.
"Das müssen wir als eine klare Ansage interpretieren", sagte der Oberstaatsanwalt der "Süddeutschen". "Für uns bedeutet das eine neue juristische Klarheit." Die bayerische Staatsanwaltschaft werde entsprechend konsequent handeln.
Die "Süddeutsche Zeitung" zitierte ebenfalls den US-palästinensischen Schriftsteller Yousef Munayyer, der 2021 argumentiert habe, dass viele Menschen mit der Parole weiterhin den Wunsch verbänden, dass "Palästinenser in ihrer Heimat als freie und gleiche Bürger leben können, die weder von anderen beherrscht werden noch andere beherrschen".
Hunderttausende demonstrieren in London
Während pro-palästinensische Demonstrationen in Deutschland in eher kleinem Rahmen verlaufen, waren am Samstag in der englischen Hauptstadt London erneut Hunderttausende Menschen auf der Straße. In Sprechchören und auf Plakaten forderten sie "Freiheit für Palästina" und ein Ende der israelischen Angriffe auf den Gazastreifen. Nach Schätzungen der Polizei nahmen etwa 300.000 Menschen teil – die Veranstalter sprachen von 800.000.
Die Menge zog vom zentralen Hyde Park über die Vauxhall-Brücke zur US-Botschaft an der Themse. Auch britische Gewerkschaften und Politiker beteiligten sich an dem Protestmarsch, darunter der frühere Chef der Labour-Partei, Jeremy Corbyn. Zuletzt hatten mehrere Politiker der traditionell Palästinenser-freundlichen Sozialdemokraten aus Protest gegen die Weigerung des amtierenden Parteichefs Keir Starmer, eine Waffenruhe im Gazastreifen zu fordern, ihre Ämter abgegeben.
Im Video: Israels Armee marschiert voran
Mit Informationen von dpa
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