Frau liegt auf einem Teppich, neben sich ein Tablet
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Digital Detox: Erfolgreich Handy-Fasten – so geht's

Digital Detox: Erfolgreich Handy-Fasten – so geht's

Smartphones bestimmen unseren Alltag, vom Navi über Online-Banking bis hin zu Social Media. Ohne wird es schwer, dennoch planen laut einer Umfrage des Digitalverbands Bitkom 36 Prozent der Menschen "Digital Detox" – wie kann das klappen?

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Xaver war das ganze Jahr 2024 ohne Handy unterwegs. Nachdem sein Smartphone die Treppe hinuntergepurzelt war und einen Totalschaden hatte, nahm der 24-jährige Student die Challenge an: Ab sofort musste man ihn am Festnetz anrufen oder eine Mail schreiben. Denn einen Computer benutzte Xaver weiterhin: "Ich hab das Handy erstaunlich schnell nicht vermisst. Nach einem Monat war es so, als hätte ich nie eins besessen", hat er festgestellt.

Eine Herausforderung war es, Freunden und Familie klarzumachen, dass er eben nicht mehr über Social Media erreichbar war: "Aber da stellt man auch schnell fest, welches die wirklichen Freunde sind. Klar hab ich Dinge verpasst, aber das ist nicht schlimm." Nur ohne Navi ans Ziel zu kommen, war eine große Herausforderung: "Ich hab so viel nicht gefunden, obwohl ich mir sogar extra Karten gekauft habe. Aber ich hab dann eben gefragt." Seit 2025 hat Xaver wieder ein Handy: Und man sei recht schnell wieder im alten Fahrwasser, meint er.

Familienversuch: Eine Woche ohne

Man glaubt ja als moderner Mensch, fast nicht überlebensfähig zu sein ohne Handy – ob Online-Banking oder Routenplanung oder Kochrezepte. Auch Familie Huber war eine Woche "ohne", und überrascht, wie leicht es ging: Die neunjährige Marlene hat ihr Tablet nicht vermisst, endlich konnten die Eltern Monopoly mit ihr spielen. Ein Spiel, das ihnen sonst zu lange gedauert hat.

Und Mutter Veronika, die auch eine Woche lang aufs Fernsehen verzichtet hat, fügt hinzu, sie habe ein ganzes Buch gelesen und letztendlich habe sie sich am Ende gefragt, warum man das nicht öfters macht. Während der Fastenzeit will sie es nochmal eine Woche versuchen.

Die Zeit wird bewusster wahrgenommen

Dass man die Zeit achtsamer nutzt, wenn man auf das Handy verzichtet, bestätigt Daniela Holsboer. Sie hat sich jahrelang mit "Digital Detox" beschäftigt und auch Bücher darüber geschrieben. Als promovierte Literaturwissenschaftlerin sagt sie, der Wunsch der Menschen, sich zu vernetzen, sei groß.

Allerdings könnten Likes süchtig machen. Damit werde nämlich im Gehirn das Belohnungszentrum aktiviert: "Das sogenannte Glückshormon Dopamin wird ausgeschüttet. Das ist erstmal ein gutes Gefühl. Aber das Problem ist, dass sich das immer und immer und immer wieder spüren möchte, und die Dosis steigern möchte", so Holsboer. Und deswegen taucht man auch so schnell ab: "Wir alle hängen inzwischen an der digitalen Nabelschnur und vergessen, dass wir ohne Handy total vollkommen sind", wirbt die Mutter um Screen-freie Zeit und auch um einen bewussten Umgang.

Kleine Schritte statt komplettem Handy-Verzicht

Die Angst, etwas zu verpassen ("Fear of Missing Out", FOMO), hält viele am Handy, so Holsboer. Deswegen plädiert sie für kleine Schritte. Eine Möglichkeit: Offline in den Tag starten und erstmal eine Stunde ohne sein. Oder digitales Intervallfasten: 15 Minuten Mails lesen und beantworten und dann vier Stunden offline gehen, um dann wieder gezielt für 15 Minuten online zu sein. Und immer mal wieder einen Tag ohne Handy zu versuchen.

Digital Zen: Ein paar Tage ohne

Leben ganz ohne Medien, das will Christiane Spatzl gar nicht vermitteln – aber dazu ermutigen, es zu versuchen. Dabei müsse man es aber sorgfältig planen. Beispielsweise auf allen digitalen Medien einen Abwesenheits-Post erstellen, um den anderen auch zu zeigen: Ich bin jetzt offline.

Zudem müsse man sich auch ein Programm machen und einen Plan: Was tun, wenn der Drang kommt, nur mal schnell die Nachrichten zu checken. Da hilft beispielsweise ein Ausflug in eine Gegend, wo es kein Netz gibt. In Retreats führt die Kommunikationswirtin ihre Klienten langsam an das Thema heran – wie auch sie selbst ihr Leben immer wieder ohne Handy versucht.

Entspannter im Sein

Christiane Spatzl hat alle Benachrichtigungen ausgeschaltet, hat aber dennoch ein Smartphone. Digital Detox könne kurzfristig mal funktionieren, sagt sie, als Einstieg, um Motivation zu bekommen. Aber langfristig kann man nicht komplett auf digitale Medien verzichten. Viel wichtiger sei es, den bewussten Umgang zu trainieren und darauf vertrauen, dass man nicht viel verpassen werde. Denn wenn man Nachrichten nicht immer sofort beantworte, kämen auch weniger zurück – und es lohnt sich, wie sie sagt: "Ich höre von Freunden, dass ich ausgeglichener und aufgeräumter bin."

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