Nach sechs Jahren Bauzeit, mehrmaligen Verzögerungen und einer Verdopplung der Kosten wird die Dokumentation Obersalzberg bei Berchtesgaden am 27. September wiedereröffnet. Das hat die Sprecherin des Instituts für Zeitgeschichte in München (IfZ) dem BR-Studio Chiemgau bestätigt.
Eröffnung ursprünglich für 2020 geplant
Bei der Zeremonie eineinhalb Wochen vor der Landtagswahl wird unter anderem Ministerpräsident Markus Söder (CSU) anwesend sein. Vor sechs Jahren hatte er – damals noch als Finanzminister – den Grundstein gelegt für die neue Dauerausstellung auf dem Gelände der Wohnresidenz Adolf Hitlers, die dessen zweiter Regierungssitz war. Die Eröffnung kündigte Söder für 2020 an.
Unter anderem wegen Problemen mit beteiligten Firmen hatte sich zunächst der Neubau verzögert. Dann kam Corona. Nachdem der Neubau im Dezember 2021 fertiggestellt wurde, kam es zu Lieferengpässen bei verschiedenen Ausstellungsmaterialien wie Holz und Spezialvitrinen. So dauerte auch der Aufbau der neuen Dauerausstellung rund zehn Monate länger als ursprünglich vorgesehen.
Kosten haben sich verdoppelt
Außerdem wird das Projekt mit 30,1 Millionen Euro rund doppelt so teuer als zunächst veranschlagt. Die Gesamtkosten des Projekts werden noch vom Finanzministerium geprüft. Aktuell geht das Ministerium aber davon aus, dass die 30,1 Millionen Euro nicht überschritten werden.
Geschichte des Obersalzbergs neu vermitteln
In der neuen Dauerausstellung "Idyll und Verbrechen" wird die Bilderbuchkulisse des Obersalzbergs den Tatorten des Nazi-Regimes gegenübergestellt. Das Team des Instituts für Zeitgeschichte (IfZ) entwickelte das Konzept, das mit mehr als 350 Exponaten und zahlreichen multimedialen Elementen die Geschichte des Obersalzbergs neu vermitteln soll.
Der Ort ist geschichtsträchtig. Hitler hatte einst auf dem Obersalzberg Gäste empfangen und teils die Regierungsgeschäfte geführt. Fünf Minuten Fußmarsch von der heutigen Dokumentation entfernt fällte Hitler in seinem Berghof weitreichende und todbringende Entscheidungen.
Dekonstruktion der Bilder vom volksnahen "Führer"
Hitler verbrachte rund ein Viertel seiner Regierungszeit am Obersalzberg. Dort seien etwa Propagandabildwelten geschaffen worden, die Hitler als volksnahen "Führer" inszenierten, erläuterte eine Sprecherin des IfZ, das die Ausstellung museumsfachlich betreut. Die Dekonstruktion dieser Bilder sei ein wichtiges Anliegen der neuen Ausstellung. Im Zentrum stehe die Verbindung zwischen der idyllisch gelegenen Bergresidenz und der großartigen Landschaft einerseits sowie den Tatorten und Opfern der von hier aus betriebenen Verfolgungs- und Mordpolitik in ganz Europa andererseits.
Das größte Exponat: die historische Bunkeranlage
Durch die Ausstellung leiten den Angaben zufolge Schlüsselexponate, die verschiedene Themenkomplexe anhand eines ausgewählten Ausstellungsobjekts erschließen. Das größte Exponat auch der neuen Dauerausstellung ist die historische Bunkeranlage.
Die "Dokumentation Obersalzberg" betreibt seit 1999 die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit, sie zählt dabei zu den bundesweit und international bedeutenden Einrichtungen. Mehr als drei Millionen Menschen besuchten das Zentrum mit der Dokumentation über die NS-Gewaltherrschaft und ihre Folgen, ehe es wegen des Neubaus geschlossen wurde.
Besucherandrang machte Erweiterung notwendig
Die Resonanz hatte schnell die Erwartungen übertroffen. Die für rund 30.000 bis 40.000 Gäste konzipierte Dokumentation verzeichnete schließlich jährlich etwa 170.000 Besucher aus dem In- und Ausland, unter ihnen auch Schulklassen. In Spitzenzeiten drängten sich fast 1.500 Besucher täglich in der Ausstellung. Die Entscheidung zur Erweiterung war bereits vor gut zehn Jahren gefallen.
Mit Informationen von dpa
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!