Eine Frau mit zahlreichen Stichwunden wird tot in einem Auto entdeckt. Angehörige und Ermittler glauben zu wissen, wer das Opfer ist. Doch der Fall nimmt eine spektakuläre Wendung. Jetzt droht einem Duo ein Prozess wegen gemeinschaftlichen Mordes. Die Staatsanwaltschaft Ingolstadt hat nun Anklage im sogenannten "Doppelgängerinnenmord" erhoben.
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Anklage: Gemeinschaftlich begangener Mord
Die Behörde wirft den beiden Angeschuldigten gemeinschaftlich begangenen Mord vor. Sie sollen am 16. August 2022 gemeinschaftlich eine 23-jährige Frau aus Eppingen in einem Waldstück zwischen Eppingen und Heilbronn mit einer Vielzahl von Messerstichen getötet und die Leiche in einem Auto in Ingolstadt zurückgelassen haben.
Laut Anklage sollte mit dem Mord erreicht werden, den Tod der weiblichen Angeschuldigten glaubhaft vortäuschen zu können. Nach innerfamiliären Streitigkeiten wollte die Beschuldigte demnach untertauchen, um mit gestohlener Identität ein neues Leben zu beginnen. Ab Anfang August 2022 hatte sie deshalb begonnen, über verschiedene Instagram-Accounts Kontakt zu ihr optisch ähnelnden jungen Frauen aufzunehmen. Sie versuchte diese durch unterschiedliche Versprechungen zu einem Treffen zu bewegen. Am 9. August nahm die Angeschuldigte einen ersten Kontakt zu ihrem späteren Opfer auf. Die 23-jährige Frau aus Eppingen war beiden Angeschuldigten bis dahin unbekannt.
Mit 56 Messerstichen getötet
Um das spätere Opfer zu einem Treffen zu bewegen, bot ihr die Angeschuldigte eine kostenlose Behandlung in ihrem Kosmetikstudio an. Dafür sollte die 23-Jährige später Instagram-Werbung machen. Am 16. August holten die beiden Angeschuldigten ihr späteres Opfer an dessen Wohnort Eppingen ab. Auf der Fahrt nach Ingolstadt wurde die 23-Jährige in einem Waldstück unter einem Vorwand aus dem Auto gelockt und dem gemeinsamen Plan entsprechend durch den männlichen Angeschuldigten mit mindestens einem Schlag auf den Hinterkopf zu Boden gebracht und anschließend mit 56 Messerstichen getötet.
Den Leichnam der Getöteten transportierten die beiden Angeschuldigten entsprechend ihrem Tatplan nach Ingolstadt. Dort stellten sie das Fahrzeug ab, wo das Fahrzeug nachts von den Angehörigen der weiblichen Angeschuldigten gefunden wurde. Die Angehörigen hielten die Tote zunächst für die eigene Tochter. Ein DNA-Abgleich ergab allerdings später, dass es sich bei der Getöteten um die 23-Jährige aus Heilbronn handelte. Die beiden Tatverdächtigen konnten wenig später festgenommen werden.
Staatsanwaltschaft geht von niedrigen Beweggründen aus
Die Staatsanwaltschaft Ingolstadt geht in Anbetracht der ermittelten Tatumstände davon aus, dass die beiden Angeschuldigten aus niedrigen Beweggründen und heimtückisch handelten, sodass die gemeinschaftlich begangene Tat als Mord zu qualifizieren ist. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen hatte die Angeschuldigte bereits zuvor versucht, den Bruder ihres ehemaligen Lebensgefährten, von dem sie vermutete, er stünde einer Versöhnung entgegen, töten zu lassen.
Der männliche Angeschuldigte ist darüber hinaus verdächtig, während seiner Untersuchungshaft im April 2023 versucht zu haben, einen Mithäftling zur Tötung von Zeugen des Ermittlungsverfahrens wegen des sogenannten "Doppelgängerinnenmords" zu überreden. Zu diesem Zweck übergab er diesem eine Liste mit Personen und stellte ihm eine Belohnung in Aussicht. Der Mithäftling weigerte sich jedoch, diesem Ansinnen nachzukommen.
Angeschuldigte in Untersuchungshaft
Gegenstand der Anklage ist damit ein von beiden Angeschuldigten gemeinschaftlich begangener Mord. Beiden Angeschuldigten wird darüber hinaus unabhängig voneinander eine weitere Tat, jeweils versuchte Anstiftung zum Mord, vorgeworfen.
Die beiden Angeschuldigten befinden sich seit dem 18. August 2022 in Untersuchungshaft. Die Frau hat ihre Unternehmungen, den Bruder ihres ehemaligen Lebensgefährten töten zu lassen, weitgehend eingeräumt. Im Übrigen bestreiten beide den Tatvorwurf und machen nun von ihrem Schweigerecht Gebrauch.
Mehr als 190 Zeugen
Die Staatsanwaltschaft Ingolstadt hat nun bekannt gegeben, dass sie am 28. August Anklage zum Landgericht Ingolstadt (Schwurgericht) erhoben hat. In der Anklage werden mehr als 190 Zeuginnen und Zeugen benannt. Darüber hinaus stützt die Staatsanwaltschaft den Tatnachweis unter anderem auf zahlreiche DNA-Spuren und Inhalte diverser Chatverläufe.
Über die Eröffnung des Hauptverfahrens und damit über eine mögliche Terminierung der Hauptverhandlung entscheidet das Schwurgericht am Landgericht Ingolstadt.
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