Vor vier Jahren hat Steffen Schärpf mit einer Dorfwirtschaft in Diebach bei Hammelburg beruflich noch einmal völlig neu angefangen. Der Vorgänger im "Goldenen Roß" wollte aus gesundheitlichen Gründen aufhören, ein Nachfolger war nicht in Sicht.
Steffen, wie ihn heute alle nennen, ist in Diebach geboren. Als er noch Abteilungsleiter bei einem Würzburger Industriebetrieb war, der in wirtschaftliche Schwierigkeiten geriet, unternahm er zu Fuß eine Alpenüberquerung – und kam ins Grübeln. "Igendwann ist immer mehr die Idee gewachsen, vielleicht solltest du [die Wirtschaft] übernehmen", erzählt er. Denn ein Ort mit 1.100 Einwohnern brauche schon eine Kneipe, findet er.
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Förderung vom Amt für ländliche Entwicklung
In der Küche steht schon den ganzen Morgen Steffens Mutter Renate, zupft Salat, hobelt Gurken und macht Soßen. Natürlich alles ohne Tüten und Fertigmischungen. Ohne sie ginge nichts, sagt Steffen. Die Gäste freuen sich über Traditionsgerichte wie den Sonntagsbraten, aber auch über ihre Kartoffelsuppe mit Apfelkräpfchen.
Gefördert wurden der Umbau des alten Fachwerkhauses und die Modernisierung der Küche vom Amt für ländliche Entwicklung. 35 Prozent der förderfähigen Kosten wurden im Rahmen der Dorferneuerung übernommen. Das Amt und auch andere Behörden hätten ihn immer gut unterstützt, lobt der Wirt.
Rückhalt von Dorfgemeinschaft
Aber auch die Dorfgemeinschaft hat ihm den Rücken gestärkt. So konnte er während des Corona-Lockdowns sonntags bis zu hundert Essen außer Haus liefern. Umso mehr freut er sich, dass sich jetzt alle wieder bei ihm treffen können. "Im Gegensatz zu den sozialen Medien wie WhatsApp, wo ich nur gezielt mit Einzelnen oder mit ganz bestimmten Leuten zusammenkomme, weiß ich in einer Kneipe nicht, wen ich treffe und muss mich mit der Situation auseinandersetzen", sagt Schärpf. Er spiele gerne den Moderator und bringt die Gäste untereinander ins Gespräch.
Stammgast: Ein Ort braucht Kirche und Wirtschaft
Alois Sitzmann ist Stammgast. Mindestens einmal pro Woche kehrt er ein im "Goldenen Roß". Denn erstens muss der 85-Jährige nicht weit fahren und zweitens gibt es hier noch Traditionsgerichte wie etwa das fette Kesselfleisch, das in einer kräftigen Brühe mit viel Gemüse gegart und traditionell mit Meerrettich und einer Salz-Pfeffermischung serviert wird. "Ein Dorf mit einer Kirche braucht auch eine Wirtschaft, wo man Neues erfährt", sagt er.
Wechsel nicht bereut
Im großen Saal halten die Feuerwehr und die Vereine ihre Jahressitzungen, zweimal die Woche macht eine Gruppe Qigong-Übungen. Die Wirtschaft sei eine Bereicherung für das Dorfleben, sagt die Ortsbeauftragte Elisabeth Assmann. Natürlich lief auch bei Steffen Schärpf nicht immer alles nach Plan und geregelte Arbeitszeiten gehören der Vergangenheit an. Bereut hat er seinen Wechsel vom Abteilungsleiter zum Wirt aber bislang trotzdem nicht.
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