Drei Afghanen sitzen bei der Caritas und lassen sich von Angela Müller beraten.
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Die Caritas in Eichstätt hilft den rund 60 ehemaligen afghanischen Ortskräften, in Deutschland anzukommen.

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Eine neue Zukunft: Afghanische Ortskräfte in Eichstätt

Eine neue Zukunft: Afghanische Ortskräfte in Eichstätt

Nach der Machtübernahme der Taliban wurde das Leben in Afghanistan besonders für diejenigen gefährlich, die zuvor für den Westen gearbeitet hatten. Rund 60 dieser ehemaligen Ortskräfte sind nun in Eichstätt angekommen - und beginnen ihr Leben neu.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

Es gibt viel zu tun für die drei ehemaligen Ortskräfte aus Afghanistan und Angela Müller von der Caritas Kreisstelle in Eichstätt. Gemeinsam sitzen sie um einen Tisch und besprechen alles, was man für ein Leben in Deutschland braucht: Krankenversicherung, Jobsuche, Schulanmeldung der Kinder.

Erst kurz vor Weihnachten kamen die rund 60 ehemaligen Ortskräfte in das Übergangswohnheim nach Eichstätt. "Sie brauchen alles, was man für ein Leben in Deutschland halt braucht. Da muss man ganz von vorn anfangen", berichtet Angela Müller. Sie betreut und berät die Menschen, die in Afghanistan für internationale Organisationen gearbeitet haben.

Dramatische Flucht aus Afghanistan

Leicht war der Weg nach Deutschland für keinen von ihnen. Fiozr Rasuli versuchte zunächst am Flughafen von Kabul, das Land zu verlassen. Gemeinsam mit seiner Frau und seinen drei Kindern stand er im Gedränge. Er zog sich Verletzungen zu, verlor zeitweise seine Kinder - und schaffte es nicht, in den Flughafen zu kommen. Die Familie versteckte sich in der Stadt. "Wir haben die Handys abgeschaltet, weil ich hörte, dass Handys von den Taliban geortet werden. Und so hatten wir gar keinen Kontakt mehr", erzählt er.

Sie sollten warten, hieß es dann von deutscher Seite. Doch das Risiko war Fiozr Rasuli zu hoch. Mit seiner Familie schaffte er es an die Grenze zu Pakistan. "Das war sehr gefährlich. Wir standen mehrere Stunden und warteten. Doch die Taliban ließen uns nicht durch. Sie schlugen mich und sogar meine Frau." Als die Grenze geöffnet worden sei, seien alle losgerannt. Er habe seine Kinder verloren. Zum Glück fand er sie auf pakistanischer Seite wieder. "Sie hatten nur kleine Verletzungen an Händen und Füßen. Aber wir hatten es geschafft." Ihm gelang die Flucht aus Afghanistan. Über Islamabad kam er nach Deutschland.

Noch viele warten auf Evakuierung

Vor allem für Frauen sei die Lage schwierig, erzählen die ehemaligen Ortskräfte in Eichstätt. "Sie dürfen sich nicht mehr bilden, sie können das Haus kaum noch verlassen", sagt Ali Ahmad Hassani. Er hat noch Schwestern, die in Afghanistan leben. Um sie und ihre Zukunft macht er sich große Sorgen.

    • Zum Artikel: Afghanische Ortskräfte kämpfen um Leben ihrer Familien

Laut bayerischem Innenministerium hat Deutschland bislang 8.300 ehemalige Ortskräfte und ihre Angehörigen aufgenommen. Rund 1.400 von ihnen sind nach Bayern gekommen. Doch noch immer warten Menschen in Afghanistan auf ihre Evakuierung. Dazu teilte das Innenministerium mit, dass die Bundesrepublik entschlossen sei, die Aufnahme weiterer ehemaliger afghanischer Ortskräfte voranzutreiben und zu beschleunigen. Auch der Freistaat werde weitere Personen aufnehmen.

Neues Leben in Deutschland

Die Afghanen in Eichstätt sind froh, dass sie es nach Deutschland geschafft haben. "Deutschland ist ein gutes Land", meint Ali Ahmad Hassani. Auch er kam mit seiner Familie kurz vor Weihnachten ins Übergangswohnheim nach Eichstätt. Jetzt will er auf jeden Fall die Sprache und die Kultur kennenlernen. "Aber ich will auch alles über das Land erfahren. Ich liebe Demokratien", sagt er strahlend.

Dennoch sei es schwer gewesen, die Heimat zu verlassen - den Job, geliebte Menschen, das Haus. "Keiner verlässt gerne seine Heimat. Aber das Land ist kein Land mehr", meint er. Hoffnung auf eine schnelle Besserung der Lage in Afghanistan hat er nicht. Und so sehen die allermeisten ihre Zukunft in Deutschland.

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