Die bayerische Staatsregierung will die Folgen der Energiekrise im kommenden Jahr mit einem eigenen Härtefallfonds in Höhe von 1,5 Milliarden Euro abmildern. Das hat das Kabinett auf einer eintägigen Haushaltsklausur am Sonntag in München beschlossen.
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Bayerische Hilfsprogramme als Ergänzung zum Bund
Damit sollen unter anderem existenzgefährdete kleine und mittelständische Unternehmen unterstützt werden. Gleiches gilt für Einrichtungen der sozialen Infrastruktur, etwa Kliniken, Kitas, Pflegeeinrichtungen, Privatschulen, Studentenwerke, Vereine oder den Bereich Kultur und Medien.
Unterstützt werden sollen aber auch Bürgerinnen und Bürger, die wegen der Energiekrise existenzgefährdet sind, wie Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nach der Klausur sagte - darunter ausdrücklich auch Öl- oder Pellets-Nutzer. Ziel sei es, Hilfsprogramme des Bundes zu ergänzen und Lücken zu schließen.
Geld wird erst im nächsten Jahr beantragt werden können
Sollten die 1,5 Milliarden Euro des Härtefallfonds nicht reichen, gebe es noch "Luft nach oben", betonte Söder. "Wir lassen niemanden allein." Notfalls könne man im Haushalt immer noch nachsteuern.
Die Details - etwa eine mögliche maximale Höhe pro Einzelfall und die konkreten Bedingungen - blieben aber zunächst offen. Klar ist aber, dass das Geld erst irgendwann im neuen Jahr beantragt werden kann. "Es wird Anfang nächsten Jahres werden - ich will's gar nicht mal für den Januar versprechen", sagte Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler).
Haushalt 2023 soll ohne neue Schulden auskommen
Die Staatsregierung plant für das Wahljahr 2023 mit einem Etat von 71 Milliarden Euro Gesamtvolumen - und ohne neue Schulden. Der Landtag muss den Haushalt noch beschließen. "Wir haben wichtige Weichenstellungen für den Winter aber auch für die Zukunft Bayerns gemacht", sagte Ministerpräsident Söder. Alles sei aus Mehreinnahmen und Rücklagen finanziert, im Gegensatz zum Bund ohne versteckte neue Schulden.
Im Etatentwurf von CSU und Freien Wählern sind Investitionsausgaben 10,3 Milliarden Euro vorgesehen, dies entspricht einer Investitionsquote von 14,5 Prozent. Im laufenden Haushaltsjahr liegt die Quote noch bei 16,0 Prozent. Die Personalausgaben sind weiter der größte Posten - die Quote steigt im Vergleich zu 2022 (38,5 Prozent) sogar weiter auf 39,8 Prozent.
"Schule und Kinder haben neben der Energie Top-Priorität", betonte Söder. So sollen 1.600 neue Stellen für Lehrkräfte, Verwaltungskräfte und Sozialtherapeuten geschaffen werden. Mit dem Einstieg für Mittel- und Grundschullehrer auf A13 soll begonnen werden. Außerdem sollen bis zu 14.000 neue Kita-Plätze auf den Weg gebracht werden, so Söder. Der Entwurf für 2023 sieht Bildungsausgaben von 24,6 Milliarden Euro vor, dies sind 100 Millionen Euro weniger als in diesem Jahr.
Bayern setzt auf Wasserstoffkraftwerke
Nicht nur der aktuelle Winter soll durch den Haushalt gesichert werden, wie der bayerische Ministerpräsident bei der Vorstellung betonte. "Wir wollen bewusst ein Zeichen für die Zukunft setzen." Dies soll durch einen "Energie- und Klimaturbo" geschehen. Er solle "neben der Erreichung der Klimaziele" auch die Energiepreisentwicklung abfedern. Dafür seien Mittel in Höhe von 500 Millionen Euro vorgesehen.
Die Staatsregierung hat hier vor allem Wasserstoff im Blick, so Söder. Bis zu 50 kleine Wasserstoffkraftwerke, sogenannte Elektrolyseure, sollen insbesondere in Regionen gebaut werden, wo besonders viel Erneuerbare Energien erzeugt werden. Gerade in Gebieten, in denen es Probleme mit der Einspeisung der Überschüsse ins Stromnetz gebe, sei Wasserstoff "die optimale Ergänzung zur Speicherung dieses Stromes".
Genehmigungen für Erneuerbare Energien sollen beschleunigt werden
Geplant seien auch Investitionen in den Ausbau von Wasserstoff-Tankstellen und in den Bau von speziellen Pipelines. So solle ein "richtiges Wasserstoffcluster" entstehen, das auch eine Chance für die ländlichen Räume sei, sagte Söder. Hierfür werden 150 Millionen Euro bereitgestellt, wie Wirtschaftsminister Aiwanger ergänzte. Weitere 100 Millionen Euro werden in die Infrastruktur wie Pipelines gesteckt. Ziel sei ein bayerisches Wasserstoffnetz, wie Söder betonte.
Ferner sollen 100 zusätzliche Stellen, sogenannte "Problemlöser", bei den Regierungen dafür sorgen, dass Genehmigungsverfahren für Erneuerbare Energien wie Windkraft oder Geothermie beschleunigt werden. Unter den vorgesehenen Maßnahmen ist auch mehr Photovoltaik auf staatlichen Dächern, für die sich der Freistaat verpflichtet, 125 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen.
Freistaat will Eon-Aktien veräußern
Söder betonte, dass auch die noch im Besitz des Freistaates befindlichen Eon-Aktien veräußert werden sollen, um in die bayerische Energieinfrastruktur zu investieren. Bayerns Eon-Anteile umfassen nach Angaben von Söder ein Volumen von rund 250 Millionen Euro.
Ihr Verkauf wurde in der Vergangenheit schon mehrfach diskutiert, am Ende wurde er aber nie vollzogen.
Kritik: Noch kein Haushaltsentwurf vorgelegt
Claudia Köhler (Grüne), stellvertretende Vorsitzende des Finanzausschusses im Bayerischen Landtag, kritisierte bei BR24live, dass es sich bei den Äußerungen der Staatsregierung nur um Ankündigungen handele. Die Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen bräuchten Planungssicherheit - dazu brauche es einen aufgestellten Haushalt, aber "wir haben noch nicht mal einen Entwurf", so die Grünen-Politikerin.
Der Prozess, bis der Haushalt stehe, gehe jetzt erst los, sagte Köhler. Es sei daher unmöglich, vor April 2023 diesen Haushalt greifen zu lassen, weil von der Staatsregierung noch nichts vorgelegt worden wäre. Den Schwarzen Peter immer auf den Bund zu schieben, ohne den Bayern nichts machen könne sei falsch. "Diese Staatsregierung ist in der Verantwortung für Bayern und hat ihre Arbeit zu machen."
Es gäbe ganz klare Aufgaben, die Ländersache seien, sagte Köhler. Bei einzelnen Förderprogrammen sei jahrzehntelang nichts passiert "und da braucht es jetzt eine große Kraftanstrengung, um das Ruder herumzureißen". Konkrete Zahlen seien Söder und Aiwanger schuldig geblieben, kritisierte Köhler: "Wie viel gibt es denn für Geothermie, wie viel gibt es für Photovoltaik? Wie viel entnehmen wir der Rücklage und wie viel ist dann noch in der Rücklage?"
Auch die Konzentration auf Wasserstoff greife zu kurz: "Wir müssen alle Wärmenetze ausbauen. Wir müssen den Kommunen jetzt unter die Arme greifen und zum Januar signalisieren, da kommt was, da helfen wir euch, da könnt ihr euch drauf verlassen", sagte Köhler.
Mit Informationen von dpa und epd
BR24live: Die gesamte Pressekonferenz zum Haushalt 2023
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