Es ist ein eingespieltes Team, die Vorbereitungen laufen nach der To-Do-Liste der vorigen Jahre. Das Oberlicht des Bunkers muss mit einem schwarzen Tuch verdunkelt werden. Meterlange Metallstangen sollen noch an der Wand angebracht werden, hier sollen die Preisträger der letzten 30 Jahre gewürdigt werden. Innerhalb weniger Tage verwandelt das ehrenamtliche Festivalteam das katholische Gemeindezentrum im mittelfränkischen Thalmässing, den „Bunker“, in einen Kinosaal.
Es dauert nur wenige Minuten, bis die Menschenkette fast 100 Stühle aus dem Lagerraum eines Sportvereins auf den Anhänger gepackt hat. Schüler Adrian Klehr aus Hilpoltstein hilft zum dritten Mal bei den Vorbereitungen mit. "Weil ich kulturelle Veranstaltungen auf dem Land gut finde und unterstützenswert", sagt er.
Kleines Team stellt Kurzfilmfestival auf die Beine
Die Stimmung ist gelöst, herzlich und humorvoll. Initiator der Thalmässinger Kurzfilmtage ist der 66-jährige ehemalige Lehrer Hans Seidl. Jahrelang war er Schulseelsorger am Gymnasium in Hilpoltstein. Im Rahmen der katholischen Jugendarbeit hatte er vor 30 Jahren einen Filmabend veranstaltet.
"Es war nie geplant, dass das so ein Filmfestival wird", sagt Hans Seidl. Es sei langsam gewachsen, nach zwei Ausgaben seien die ersten Filmemacher auf sie zugekommen. Einer seiner Jugendlichen von damals, Peter Hauke, ist immer noch dabei. Und Sohn Benedikt, der als Kind schon jedes Jahr beim Stühleschleppen mitgeholfen hat. Dessen heutige Partnerin Stefanie Singer ist ebenfalls ehemalige Schülerin von Lehrer Seidl - und seit 20 Jahren im Team.
Jüngere Generation hat Organisation übernommen
Vor zehn Jahren haben Benedikt und Stefanie die Organisation in die Hand genommen. "Wir hatten damals, nach 20 Ausgaben, einen Durchhänger", erzählt Hans Seidl. Aber für Benedikt Seidl und Stefanie Singer sei Aufhören keine Option gewesen. "Die machen das viel besser", sagt der Senior. "Ich hatte überall Tausend Zettel und ziemliches Chaos". Sohn Benedikt, ein Informatiker, hat alle To Do Listen digitalisiert. Somit müssen sie jedes Jahr einfach nur wieder aufgerufen werden.
366 eingereichte Filme fürs Kurzfilmfestival auf dem Land
Auch die Sichtung der eingereichten Filme läuft inzwischen digitalisiert. Über einen Pool können alle Mitglieder des ehrenamtlichen Festivalteams die eingereichten Kurzfilme in kleiner Auflösung ansehen und Noten vergeben. 366 Filme standen für diese Ausgabe zur Auswahl Die besten 50 werden dann gemeinsam diskutiert und das Programm zusammengestellt.
Die Filme dürfen höchstens 15 Minuten lang sein, die meisten sind sogar deutlich kürzer. Bei der Zusammenstellung des Programms versucht das Team, eine gute Mischung auszusuchen.
"Wir zeigen lustige oder berührende Filme aller Genres, also Dokumentationen, Spielfilme, Animationen und einen Cartoon. Es sind leichte Filme dabei, die gute Laune machen, aber auch schwere Kost, die einem etwas abverlangt." Peter Hauke vom Team Kurzfilmfestival halmässing.
Filmemacher genießen Ruhe auf dem Land
Bei den Thalmässinger Kurzfilmtagen stehen an zwei Tagen 23 Filme auf dem Programm. "Viele sind von jungen Filmemachern aus den Hochschulen gedreht", sagt Stefanie Singer. "Da gibt es sehr viele gute Leute". Sie arbeitet hauptberuflich für einen Verlag in München. Mehr als 300 Filme hat sie sich für die aktuelle Ausgabe der Kurzfilmtage nach Feierabend oder am Wochenende angesehen.
Ihr Favorit in diesem Jahr ist der Film "Das ist keine Figur, das ist Verrat" von Romina Küper. "Dabei prallen Welten aufeinander, er ist Schriftsteller, die Mutter Friseurin. In so kurzer Zeit so eine Geschichte zu erzählen, wo man am Schluss noch eine Träne verdrücken muss, das ist ganz toll." Zehn Filmschaffende reisen persönlich an zu den Kurzfilmtagen. "Die meisten leben in Großstädten und genießen dann die Ruhe hier auf dem Land. Und dass sie im Publikum sitzen können und die Reaktionen der Leute direkt mitkriegen", sagt Singer.
Als Preistrophäe gibt es eine handgemachte "Olga"
Bereits mehrfach hatten die Thalmässing Kurzfilmtage Werke von Jan Peters im Programm, erstmals im Jahr 2001. Der in der Szene bekannte Filmemacher dreht mit Super-8, und redet ununterbrochen. In der aktuellen Ausgabe kommt der Experimentalfilm von Marie-Catherine Theiler und Jan Peters zur Aufführung. "Wir freuen uns immer, wenn er Filme bei uns einreicht, und dieses Jahr können wir endlich wieder einen zeigen", berichtet Steffi Singer erfreut.
Etwa 150 Menschen erwartet das Festivalteam an den beiden Abenden. Das Einzugsgebiet werde dabei immer größer, sagt Hans Seidl. "Aber es sind immer noch viele Leute vom Ort, die einfach einen schönen Abend haben wollen". Am ersten Festival-Abend (10.05.2024) darf das Publikum über die Preisträger abstimmen, am Samstag wird dann der Horizonte-Preis der katholischen und evangelischen Medienzentralen vergeben. Und irgendjemand darf dann die handgemachte Preistrophäe der Thalmässinger Kurzfilmtage 2024 mit nach Hause nehmen: die Olga.
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