An Erntedank an diesem Sonntag werden die Kirchen wieder reichlich geschmückt. In Gundelfingen etwa, in der katholischen Pfarrkirche St. Martin, da wird der Altar bunt - mit Kürbissen, Mais, Karotten, Kohlköpfen und vielem mehr. Als Gärtnerstadt hat man ja einiges an Gemüse zu bieten. Besonders ist jedoch vor allem eine Tradition, die hier seit fast 35 Jahren alljährlich zum Erntedankfest auflebt. Die Gundelfinger legen ein sogenanntes Körnerbild - bestehend unter anderem aus vielfarbigen Linsen, Gewürzen, Reis und Tee.
Bischofsmantel aus leuchtend roten Chiliflocken
Wochenlang schon sind fleißige Hände am Nebenaltar zugange. Das Bild soll Bischof Ulrich zeigen, der im leuchtend roten Mantel auf seinem dunkelbraunen Pferd sitzt und den funkelnden Bischofsstab in der Hand trägt. Elke Lohner reicht dem 14 Jahre alten Simon ein Döschen mit roten Chiliflocken, für das Schultertuch von Bischof Ulrich. Simon hat sich unterdessen vorsichtig auf seine Position begeben: Halb sitzt er, halb liegt er auf einem Brett, das, mit etwas Abstand, ungefähr in der Mitte über das gut zwei Meter breite, noch unfertige Körnerbild gelegt ist. Nur so kommt er dort hin, wo er hin muss: Mitten ins Bild, ohne fertige Teile zu zerstören. Zwei Stunden kann er in der Position arbeiten, erzählt er, "danach tut's langsam weh, das ist auch nicht die weichste Bank".
Viel Fingerspitzengefühl gefordert
Aus dem Döschen schüttet Simon ganz vorsichtig Chiliflocken in die mit schwarzen Körnchen vorgelegten Umrandungen. Zentimeter für Zentimeter wird der Mantel des Bischofs so rot - chilirot. Ist das Döschen leer, füllt Elke Lohner es neu für Simon – alles geht Hand in Hand, ein eingespieltes Team: "Wir sind auch immer ganz bewusst sehr wenige, damit wir ruhig arbeiten können, damit wir unsere Anweisungen auch verstehen."
Sie haben schon vor Wochen angefangen, noch in den Sommerferien, damit das Körnerbild auch sicher bis Erntedank fertig wird. Julia ist oben am Rand beschäftigt: Sie arbeitet mit Reis. Mit einem Pinsel bringt sie die Körnchen in Reih und Glied. Simon und Julia sind heuer zum zweiten Mal mit dabei. Bei schönstem Wetter draußen sitzen sie in der Kirche, legen Korn für Korn - mit Begeisterung.
Der Ehrgeiz: Die Tradition bewahren
Das Motiv haben sie heuer passend zum Ulrichs-Jahr gewählt: Der Bischof reitet in die Lechfeld-Schlacht. Dieses Jahr ist das Bild noch anspruchsvoller als im vergangenen. Jedes Jahr wollen sie sich steigern, denn sie treten in große Fußstapfen: 30 Jahre lang hatte der Frauenkreis das Körnerbild gelegt, Fotos der Bilder sind in einem dicken Ordner abgeheftet. Doch auch heuer kann sich das Ergebnis sehen lassen.
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