"Unkraut" wie Brennnessel, Löwenzahn und Giersch haben nützliche Inhaltsstoffe.
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Von links nach rechts: Wurzeln von Brennnessel, Löwenzahn und Giersch

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Erntezeit Oktober: Haarspülung und anderes aus Unkrautwurzeln

Erntezeit Oktober: Haarspülung und anderes aus Unkrautwurzeln

Wurzeln von Brennnessel, Nelkenwurz und Löwenzahn: Im Oktober lässt sich viel ernten und verarbeiten. Die Anwendungsgebiete sind vielfältig, von Haarspülung über Beinbalsam bis hin zu Glühweingewürz. Doch man sollte auch an die Schmetterlinge denken.

Im Frühjahr sind die Blätter der Unkräuter besonders schmackhaft und gehaltvoll, im Herbst sind dann quasi die Wurzeln reif. Sie dienen den Pflanzen nicht nur für die Wasser- und Nährstoffaufnahme und den sicheren Halt, sie sind auch ein Speicherorgan im Untergrund - und um diese über den Sommer eingelagerten Speicherstoffe geht es. Sie können die Kopfhaut vitalisieren, den Glühwein würzen und den Husten lindern, um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Mit Arbeit verbunden: Wurzeln ernten und saubermachen

Brennnesselwurzeln, Quecke und Giersch kann man oft einfach herausziehen. Wer Nelkenwurz, Kletten- und zum Beispiel Distelwurzeln ernten will, braucht einen Spaten oder einen Wurzelstecher. Die Wurzeln müssen hinterher sorgfältig gewaschen werden.

Dazu brauche man Muße, sagt die Heilpraktikerin und Allgäuer Wildkräuterführerin Birgit Lecheler aus Breitenthal im Landkreis Günzburg, "das macht man nicht so einfach im Vorbeilaufen". Wurzeln, die hinterher in Öl eingelegt werden, sollten vorher vollständig abtrocknen.

Haarwasser aus Brennnesseln oder Klettenwurzel

Das Haarwasser kann man als Spülung oder zur Kopfhautmassage nehmen. Die geschnittenen Brennnessel- oder Klettenwurzeln gibt man in eine Eins-zu-eins-Mischung aus Obstessig und Wasser, erwärmt sie leicht und lässt den Ansatz danach bis zu einen Monat lang ziehen. Eine andere Möglichkeit: Man nimmt einen Teil Obstessig auf zwei Teile Wasser, köchelt den Ansatz mit den Wurzelstücken zehn Minuten lang, lässt ihn ein paar Tage stehen, erhitzt ihn nochmal. Danach werden die Wurzeln abgeseiht oder gefiltert und das Haarwasser in Flaschen gefüllt.

Wer lieber Haaröl machen will, füllt trockene Wurzelstückchen bis zur Hälfte in ein Schraubglas und füllt es mit hochwertigem Olivenöl ganz auf. Lecheler lässt das Glas dann nicht in der prallen Sonne, aber an einem warmen und hellen Ort einen Mondzyklus, also knapp 30 Tage lang stehen und bewegt es alle zwei Tage ein bisschen. Danach gießt sie das Öl durch ein Sieb und lagert es an einem dunklen und kühlen Platz.

Beinbalsam aus Brennnesselwurzeln gegen Besenreiser

Das Brennnesselwurzel-Öl ist auch der Ausgangsstoff für ein Beinbalsam, das die Wildkräuterführerin jedes Jahr für sich selbst herstellt. Es soll gegen Besenreiser und zum Beispiel Krampfadern helfen. Dazu wird das abgeseihte Öl erwärmt, mit zehn Prozent Bienenwachs vermischt und abgefüllt.

Glühwein- und Suppengewürz

Die Wurzeln der Nelkenwurz enthalten wie die Gewürznelke das ätherische Öl Eugenol. Eugenol wirkt in Mundspülungen schmerzstillend und keimhemmend. Es kann aber auch die Verdauung anregen und kräftigen. Die gut gesäuberten Wurzeln fein geschnitten gemischt mit getrockneten Orangenschalen, Zimtstangenstückchen und Sternanis ergeben ein Glühweingewürz.

Wer Löwenzahn-, Brennnessel- und Gierschwurzeln ganz fein schneidet, trocknet und dann mit Salz mischt, hat ein Unkräutersalz aus dem Untergrund, mit dem man zum Beispiel Bratkartoffeln oder Suppen am Tisch würzen kann. Fein schneiden ist wichtig, weil die Wurzeln faserreich sind. Eventuell lassen sich die getrockneten Wurzelstückchen in der Küchenmaschine zu Pulver häckseln, dann entfaltet sich das Aroma besser.

Wurzeln von Quecke, Karde, Beinwell und Distel

Quecken, junge Distel- und Ackerschachtelhalmwurzeln kann man auch essen. Queckenwurzeln sind in Russland ein traditionelles Einleggemüse. Wer aus Unkrautwurzeln eine Beilage bereiten will, ist aber mindestens das halbe Wochenende beschäftigt – selbst wenn es genug Quecken im Garten gibt.

Aus Karden- und Beinwellwurzeln macht man bewährte pflanzliche Arzneien. Kardenwurzeltinktur wird immer wieder als hilfreich gegen Borreliose-Folgen empfohlen, Beinwelltinktur-Umschläge sind angezeigt bei Knochen- und Gelenkschäden.

Die Wurzeln von Löwenzahn und Brennnessel kann man auch als Tee nutzen. Beide Unkräuter enthalten Wirkstoffe, die Niere, Leber und Galle aktivieren und das Bindegewebe stärken. Da reicht es allerdings nicht aus, die Wurzelstückchen nur zu überbrühen, wie bei Blätter- oder Blütentee. Sie sollte man ein paar Minuten leise köcheln.

Auch an Schmetterlinge und Spatzen denken

Wurzeln ernten ist etwas völlig anderes als Blättchen zupfen und Beeren pflücken. Denn wer die Wurzeln erntet, tötet die Pflanze. Giersch und Quecke sind Ausnahmen - die sind so nicht kleinzukriegen. Aber schon wer den ein oder anderen Brennnesseltrieb rauszieht, um an die Wurzeln zu kommen, vernichtet Lebensräume.

An Brennnesseln, Disteln, Karden, Kletten, Nelkenwurzeln und Quecken könnten Schmetterlingspuppen hängen, die sich noch nicht fertig entwickelt haben, gibt Wolfgang Weisser, Professor für Terrestrische Ökologie an der TU München-Weihenstephan zu Bedenken. Außerdem überwintern Käfer, Mücken, Fliegen, Schlupfwespen oft als winzige Eier in den Blütenköpfchen, im Stängel, an den Blättern. Deswegen sollte man nur so viele Wurzeln ernten wie man braucht und den Rest der Wild- und Zierstauden im Garten stehen lassen.

  • Zum Artikel: So können Sie Schmetterlingen in Ihrem Garten helfen

Im Frühjahr kann man die verholzten Triebe abschneiden und sollte sie dann aber nicht auf dem Kompost entsorgen, sonst kompostiert man auch die Insekten-Nachkommen. Lieber noch ein paar Monate in eine ruhige Ecke stellen, damit die Tiere schlüpfen können.

Die Samen von Brennnesseln, Disteln, Nelkenwurz und Klette sind darüber hinaus wertvolles Winterfutter für Spatzen, Stieglitze und viele andere Kleintiere. Die bräuchten auch im Winter jeden Tag etwas zu fressen, sagt Weisser, "so ein bisschen Nahrung" reicht nicht weit. Also so viel wie möglich stehen lassen. Wer den Anblick der wertvollen Unordnung nicht aushält, kann versuchen, seine Nerven mit einem Tee aus der Baldrianwurzel zu beruhigen.

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