Schüler stehen im Klassenzimmer verteilt und schauen an die digitale Tafel.
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"Wie zufrieden bist du mit der Demokratie in Deutschland?" Unterrichtsstunde an der Josef-Greising-Berufsschule in Heidingsfeld

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"Es läuft nicht alles gut!" Demokratiekritik in der Berufsschule

"Es läuft nicht alles gut!" Demokratiekritik in der Berufsschule

"Demokratiefeindliche Aussagen gehören zum Alltag", sagt Michael Ländner. Er ist Lehrer an einer Berufsschule in Würzburg. Statt sich abzuwenden und wegzuschauen, schafft er ein Forum und geht in den Dialog. Ist die Demokratie in Gefahr?

Über dieses Thema berichtet: regionalZeit - Franken am .

"Sie wären bestimmt ein guter Diktator!" Michael Ländner braucht einen Augenblick, um darauf eine Antwort zu finden. Denn auf die Frage folgt im Klassenzimmer kein auflösendes Gelächter, sondern Zustimmung. Michael Ländner ist Lehrer an der Josef-Greising-Schule im Würzburger Stadtteil Heidingsfeld. In mehreren Berufsschulklassen thematisiert er gerade die Demokratie - auch gemäß des Koalitionsvertrags.

Er stellt fest, dass teils heftige demokratiefeindliche Äußerungen alltäglich geworden sind und nimmt die Jugendlichen mit ihren Sorgen ernst. Was bedeutet Demokratie eigentlich? Was sind die Alternativen? Bei der Frage "Wie zufrieden bist du mit der Demokratie?" ist das Meinungsbild in drei Klassen unabhängig voneinander eindeutig: etwa drei Viertel der Schülerinnen und Schüler positionieren sich als unzufrieden bis sehr unzufrieden.

Die Jugendlichen sind frustriert von der aktuellen Demokratie

Die Jugendlichen sind Bauzeichner-, Maurer- und Straßenwärter-Azubis, teilweise kommen sie aus ganz Bayern. Von Mittelschulabschluss bis Abitur ist alles vertreten. Die Kritikpunkte der Schülerinnen und Schüler an der Demokratie in ihrer aktuellen Form lassen sich herunterbrechen auf fehlendes Gehör der Politik für die junge Generation, mangelnde Gleichberechtigung und Einschränkung der Meinungsfreiheit. "Wenn man mal was sagt, ist man gleich der Depp", beklagt ein Schüler, "die lügen doch alle", und "die haben doch keine Ahnung von dem, was sie da tun" ein anderer.

Eine Schülerin kritisiert die fehlende Gleichberechtigung von Frauen und Randgruppen, in ihrem älteren Umfeld beschwere man sich dagegen über zu viel Gleichberechtigung. Einige äußern sich aber auch positiv zur Demokratie: "Hier kannst du wenigstens auf die Straße gehen, wenn dir was nicht passt. Wenn du das in einer Diktatur probierst, bereust du es!", gibt ein Schüler zu bedenken.

Michael Ländner vermutet, dass ein Grund für dieses Stimmungsbild die Komplexität der Politik in Deutschland ist. "Um bei den Nachrichten alles mitzukommen, wird viel Wissen vorausgesetzt. Wissen, das fehlt, weil sich keiner tagtäglich mit Politik befasst – auch deshalb, weil es in einer repräsentativen Demokratie nicht nötig ist. Aber dann stehen viele junge Menschen und Bürger alle vier Jahre vor der Wahl und verstehen die Parteiprogramme nicht. Das frustriert."

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Michael Möhnle referiert zum Thema "Demokratie vs. Diktatur"

"Demokratie ist zu selbstverständlich geworden"

Als Höhepunkt seiner Demokratie-Aktionswoche hat Michael Länder über die CSU-nahe Hanns-Seidel-Stiftung einen Referenten eingeladen. Michael Möhnle ist Publizist und war unter anderem Pressesprecher im Europäischen Parlament sowie Leiter Europäische Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im Staatsministerium für Bundes- und Europaangelegenheiten. In seinem Vortrag an der Josef-Greising-Schule geht er auf die aktuellen internationalen Bewegungen von Demokratien und Diktaturen ein. Die Demokratie stehe weltweit unter Druck, sagt Möhnle: "Nur noch etwa 20 Prozent der Menschen leben in einer echten Demokratie." Immer mehr Diktaturen fordern die Demokratie heraus. Das Beispiel Russland zeigt, dass Länder sogar bereit sind, Kriege zu führen. Demokratiefeindliche Äußerungen von jungen Leuten begegnen ihm häufiger, meint Möhnle. "Sie wissen nicht mehr, was eine Demokratie ist, obwohl sie in einer leben."

Pandemie, Kriege, Inflation – Krisen haben Spuren hinterlassen

Auch für Politikwissenschaftler Dr. Christoph Mohamad-Klotzbach von der Uni Würzburg ist das eine Entwicklung, die schon länger in Gang ist. Pandemie, Kriege, Inflation – die Krisendynamik der letzten Jahre hat Spuren hinterlassen, gerade bei Jugendlichen. Wenn die Frustration im direkten Umfeld - wie bei den Eltern, Freunden oder den Kollegen im Ausbildungsbetrieb - wächst, dann präge das die jungen Leute.

Die Hoffnung, dass das System die eigene Situation verbessert, sinkt aber auch durch eigene Erfahrungswerte. Im Wahlverhalten tritt dann leichter eine Oppositionshaltung ein. Kein Beleg, aber ein Indiz dafür, sind die U18-Landtagswahlen in Bayern 2023. Dort hat gerade die AfD viele Stimmen bekommen und liegt mit knapp 15 Prozent an zweiter Stelle hinter der CSU (26 Prozent). Im Vergleich zur vorherigen Wahl 2018 ein Plus von über 6 Prozentpunkten.

Die Jugendlichen erfahren – entweder selbst oder durch das persönliche Umfeld –, dass andere Parteien ihre Wahlprogramme nicht umsetzen oder nicht umgesetzt haben und nutzen auch als Ventil die AfD. Dass in den Diskussionen in den Klassen die Regierenden und deren Inhalte mit der Form Demokratie gleichgesetzt wurde, ist für Klotzbach nicht abwegig: Ändert oder verbessert sich aus Sicht der Menschen die Politik nicht, kann sich das auch auf das politische System auswirken. Viele Diktaturen, wie auch Russland, haben sich beispielsweise aus Demokratien entwickelt.

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Vier Berufsschulklassen folgen dem Vortrag von Michael Möhnle

Lösungsansätze: Bessere Angebote der Politik und mehr Dialog

Michael Möhnle nimmt die Parteien in die Pflicht, fordert dazu auf, "sich nicht in Populismus zu ergießen, sondern wieder Grundsätzliches sagen: da geht es um Freiheit, da geht es um Grundrechte". Es müsste seiner Aussage nach auch bessere Angebote für die Vertretung des Volkes geben. "Wenn man heute in den Bundestag schaut, stellt man fest: Das hat mit dem deutschen Volk nichts mehr zu tun." Auch in einer Berufsschulklasse von Michael Ländner äußert ein Schüler den Wunsch, dass in der Demokratie alle Gesellschaftsschichten vertreten sein müssten.

Das Entscheidende sei, gerade in Bezug auf Jugendliche, Foren zu schaffen: Zeit nehmen, zuhören, in den Dialog kommen. Klotzbach wie auch Möhnle loben Michael Ländner deshalb für seine Initiative. "Wenn wir in eine Kultur kommen, in der sich Leute aus Angst zurücknehmen und zensieren, wird es schwierig", gibt Klotzbach zu bedenken. Dabei dürfe es aber genauso wenig zu einem Schwarz-weiß-Denken wie zu emotionalisierten Debatten kommen, bei denen jedes Argument personalisiert oder zu persönlich aufgefasst wird. "Langfristig ist das ein Problem für eine Demokratie."

"Kriege werden in der Regel nicht von intakten Demokratien geführt. Menschen, die in die EU flüchten, kommen aus Diktaturen." Michael Möhnle meint, allein das seien doch Beweise, dass eine Demokratie besser ist als eine Diktatur. Das müsse man heute wieder verständlich machen.

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