Gemeinsam essen und dabei ins Gespräch kommen: Das war das Ziel der "Bamberger Mahlwache Asyl", die am Montag vor dem Gabelmann-Brunnen in der Innenstadt stattgefunden hat. Mehrere Flüchtlingsorganisationen und die evangelische Kirche hatten das Treffen organisiert, um das "Wir-Gefühl" zu stärken und auf die Situation der Geflüchteten aufmerksam zu machen. Kritisiert wurden unter anderem der EU-Asylkompromiss und die Ankerzentren, wovon es eines in Bamberg gibt.
Lockere Stimmung trotz ernster Themen
Die Stimmung war locker, auch wenn die Themen nicht einfach waren. Menschen aus Syrien, Afghanistan, dem Iran oder waschechte Bamberger saßen gemeinsam an Bierbänken und sprachen miteinander. Einige hatten etwas zu essen mitgebracht, von Taboulé bis hin zu verschiedenen Brotaufstrichen. Auf einer kleinen Bühne traten mehrere Musikgruppen auf, immer wieder ergriff dort jemand das Wort.
Ein Zeichen der Verbundenheit setzen
Auch Ibo Mohamed war mit dabei, er floh 2015 aus Syrien nach Deutschland. Die "Mahlwache" finde er super wichtig, betont er im Gespräch mit dem BR, damit sich die Menschen zu den Themen Flucht und Migration austauschen können. Er selbst hat sich in Deutschland integriert, arbeitet mittlerweile als Erzieher und weiß, was manche hier mitgemacht haben auf ihrer Flucht. Er hat es selbst erlebt.
Nicht viele wollten über ihre Flucht reden, manche seien schlichtweg zu sehr traumatisiert, sagt Pfarrerin Mirjam Elsel vom Evangelisch-Lutherischen Dekanat Bamberg. Sie hat das Treffen mitorganisiert und sagt, es sei besonders wichtig in diesen Zeiten, in denen Stimmung gegen Geflüchtete gemacht werde, ein Zeichen zu setzen. Diejenigen, die ihre Stimme gegen diese Menschen erheben würden, seien eine laute Minderheit. Mit der "Mahlwache Asyl" wolle man zeigen, dass die Mehrheit anders denke.
Verständnis für geflüchtete Menschen schaffen
Mitra Sharifi, Vorsitzende des Migrantenbeirats Bamberg, sagte bei der Mahlwache: "Ich bin stolz, wie sich Menschen in Bamberg für Geflüchtete einsetzen. Dass dieser humanitäre und europäische Geist, für die Menschenrechte zu stehen, hier gelebt wird." Sharifi hofft, dass solche Aktionen auch die Empathie in der Bevölkerung für Geflüchtete stärken. Jeder solle sich einmal vorstellen, wie es wäre, wenn er mit seinen Kindern oder seiner Familie flüchten würde vor Gewalt oder Not. Menschen im Meer ertrinken zu lassen, weil sie auf der Suche nach Frieden und Sicherheit sind, sei keine Option, so Sharifi.
Gleichzeitig kritisierte sie die Asylpolitik der EU. Was kürzlich als großer Kompromiss angepriesen worden sei, hält sie für nicht realisierbar und menschenunwürdig. Die EU-Innenminister hatten sich am 8. Juni unter anderem darauf verständigt, dass Asylverfahren von Geflüchteten in Zukunft an den EU-Außengrenzen durchgeführt werden sollen. Dazu können die Menschen bis zu zwölf Wochen in haftähnlichen Asylzentren festgehalten werden, bis ihre Identität und ihr Schutzstatus geprüft wurden. So sollen Asylsuchende, die geringe Chancen auf eine Aufnahme haben, gar nicht erst in die EU gelangen.
Kritik an Ankerzentren
Auch Pfarrerin Mirjam Elsel kritisiert die Asylpolitik der EU. Sie fürchtet, dass die Geflüchteten an den Außengrenzen nicht die Möglichkeit bekommen, ausreichend rechtlichen Beistand zu erhalten. Das Ankerzentrum in Bamberg sei zudem nicht geeignet, Menschen zu integrieren. Viele würden dort sehr lange untergebracht, ohne Arbeitserlaubnis oder Deutschkurs. Sie erlebe häufig, dass diese Menschen erst einmal resozialisiert werden müssten, wenn sie aus den Ankerzentren herauskommen. Dort herrsche oft Gewalt. Besonders für traumatisierte Menschen sei es zudem eine Qual, in engen Unterkünften mit vielen anderen untergebracht zu sein.
Das Ankerzentrum (Abkürzung für Ankunfts-, Entscheidungs- und Rückkehr-Einrichtungen) in Bamberg wurde am 01. August 2018 errichtet, ausgelegt ist es für 1.500 Menschen. Sieben Ankerzentren gibt es insgesamt in Bayern. Laut dem Bayerischen Innenministerium sind dort derzeit 11.550 Menschen untergebracht, etwa 13.500 Plätze seien verfügbar.
Regelbrecher gibt es überall
Bei der Mahlwache kamen auch einige Passanten ins Gespräch mit den Teilnehmenden. Eine ältere Frau beschwerte sich, dass sich Geflüchtete nicht an die Regeln und Gesetze in Deutschland halten würden. Ibo Mohamed kennt diese Anschuldigungen - bei allen Nationen und Kulturen, auch bei Deutschen, gebe es Menschen, die "keine Engel" seien und sich nicht an Gesetze hielten. Die Mehrzahl der Menschen, die er kenne, würden sich aber integrieren wollen und seien froh, dass sie in Deutschland in Sicherheit lebten.
Die "Bamberger Mahlwache Asyl" fand zum vierten Mal statt. Seit rund sechseinhalb Jahren treffen sich in Bamberg zudem regelmäßig montags Menschen bei der "Bamberger Mahnwache Asyl", um auf die Situation von Geflüchteten aufmerksam zu machen.
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