Ein Angeklagter und eine Angeklagte im Gerichtssaal sprechen mit ihren Anwälten.
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"Juristisches Voodoo": Ex-Anwalt muss nach Corona-Betrug in Haft

"Juristisches Voodoo": Ex-Anwalt muss nach Corona-Betrug in Haft

Ein ehemaliger Rechtsanwalt aus Schwabach hat zu Unrecht Corona-Soforthilfe kassiert. Dafür muss er in Haft. Seine Ehefrau erhielt eine Bewährungsstrafe. Damit endet ein Prozess, der nach Ansicht des Gerichts länger dauerte als nötig.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten Franken am .

Anderthalb Stunden dauerte die Urteilsbegründung: Es war wie eine kleine Revanche für die stundenlangen Ausführungen des Angeklagten während der Verhandlung am Landgericht Nürnberg-Fürth. Der Vorsitzende Richter Mark Leppich fand deutliche Worte. Der Angeklagte, der seit 2019 wegen eines Berufsverbots nicht mehr als Rechtsanwalt arbeiten darf, habe versucht, mit seinem selbstbewussten Auftreten und seiner Verwirrungstaktik überall durchzukommen. Seine Methoden erinnerten "an einen Hütchenspieler mit seinen Töpfen im Frankfurter Bahnhofsviertel". Doch im Gerichtssaal habe diese Taktik nicht gefruchtet.

Mehr als 550.000 Euro Corona-Überbrückungshilfen ergaunert

Die Kammer am Landgericht Nürnberg-Fürth befand den 63-Jährigen des vorsätzlichen Subventionsbetrugs für schuldig. Er muss für vier Jahre und drei Monate ins Gefängnis. Das Gericht ging von einer besonderen Schwere der Schuld aus. Die Staatsanwaltschaft hatte in ihrem Plädoyer gar eine Haftstrafe von fünfeinhalb Jahren gefordert.

Das Gericht sah es nach zehn Verhandlungstagen als erwiesen an, dass der ehemalige Rechtsanwalt bei der Beantragung von Corona-Überbrückungshilfen absichtlich falsche Angaben gemacht hat, um das Geld – mehr als eine halbe Million Euro – selbst einzustreichen. Dazu behauptete er, eines seiner Unternehmen habe durch die Pandemie Umsatzeinbrüche gehabt und in dieser Zeit mehrere Mitarbeitende beschäftigt.

Bewusst getäuscht – "juristisches Voodoo"

Der Angeklagte gab in seinem Antrag auf Corona-Hilfen an, seine Firma sei dauerhaft wirtschaftlich am Markt tätig. Doch die Firma "war so tot, wie sie nur tot sein kann", sagte Leppich. Der Angeklagte hatte in seinen stundenlangen Ausführungen behauptet, dass die Firma in seine Kanzlei eingebracht worden sei. Das stimme faktisch nicht, "eine Topfpflanze macht keinen Umsatz", so der Vorsitzende Richter salopp über die angeblich in die Kanzlei eingebrachten Vermögensgegenstände. "Das ist – mit Verlaub – juristisches Voodoo."

Der Angeklagte hatte in der Verhandlung zudem behauptet, das Land Bayern stelle unnötige und viel mehr Anforderungen an Subventionsantragssteller als andere Länder. Aus diesem Grund seien seine Angaben ausreichend gewesen. "Der Angeklagte hatte das Motto: Ich schnitze mir die Welt, wie sie mir gefällt", meinte Leppich dazu. Dem Einzelnen stehe es nicht zu, das zu beurteilen, wenn er die Hilfen erhalten wolle.

"Verwirrung und Finten" ziehen Prozess in die Länge

Eigentlich, sagte der Vorsitzende Richter, sei der Fall nicht kompliziert. Dennoch habe das Gericht statt der ursprünglich angesetzten fünf Verhandlungstage zehn Tage lang verhandeln müssen. "Wir haben so lange gebraucht, um durch das Dickicht an Verwirrung und Finten durchzukommen", so der Richter in Richtung des Angeklagten.

Letztlich habe ihm das lange Verfahren nicht geholfen, denn er sei trotzdem wegen vorsätzlichen Subventionsbetrugs schuldig gesprochen worden. Zu seinen Lasten wertete die Kammer unter anderem, dass der Angeklagte vorbestraft war und sich den Appell aus diesem Verfahren, sich ruhig zu verhalten, nicht zu Herzen genommen hatte.

Ehefrau mit hineingezogen

Die mitangeklagte Ehefrau des Ex-Rechtsanwalts kam mit einer Bewährungsstrafe von einem Jahr davon. Sie war als Geschäftsführerin des fraglichen Unternehmens eingesetzt und hatte nach eigener Aussage "alles unterschrieben, was mein Mann mir vorgelegt hat". Man könne ihr Naivität unterstellen, sagte sie beim Prozessauftakt am 10. Oktober. Aber sie habe tatsächlich nicht gewusst, was sie unterschrieben habe. Finanzielles sei Sache ihres Mannes gewesen.

Die Kammer sprach sie des leichtfertigen Subventionsbetrugs für schuldig. "Wie man so viel so ignorant übersehen kann oder will, wie sie es getan haben, tut echt weh", so der Vorsitzende Richter zu der Angeklagten. Zu ihren Gunsten habe gesprochen, dass sie in Bezug auf die Leichtfertigkeit ihrer Taten geständig gewesen sei.

Weitere Verfahren laufen - Insgesamt zwei Millionen Euro Schaden

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Doch auch wenn der Angeklagte nicht in Revision gehen sollte – für den Ex-Anwalt aus Schwabach ist die Sache damit voraussichtlich noch nicht zu Ende. Gegen ihn wird in 14 weiteren Fällen ermittelt, mit weiteren 1,5 Millionen Euro Schaden. Diese Fälle waren aber nicht Gegenstand der aktuellen Verhandlung.

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