geröstete Kaffebohnen in einer Tasse
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Das Projekt "wir.kaffee" will die Risiken von Kaffeebauern auf die Abnehmer verteilen.

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FairNetzt: Kaffee aus Nicaragua mit Partnern aus dem Allgäu

FairNetzt: Kaffee aus Nicaragua mit Partnern aus dem Allgäu

Solidarische Landwirtschaft global gedacht: Nach diesem System handeln die Weltläden aus der Iller-Lech-Region mit Kaffeebauern. Allerdings ist das Pilotprojekt ins Stocken geraten. Wie das Netzwerk "FairNetzt" hilft, es wieder in Gang zu bekommen.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

Der Duft von Kaffee strömt schon durch den Eine-Weltladen in Füssen: Bevor das Geschäft öffnet, bespricht sich noch das Team aus Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen. Der Kaffee, den die Frauen dabei trinken, stammt von 15 kleinbäuerlichen Betrieben aus Nicaragua (Mittelamerika). Die Weltläden in der Region Iller-Lech haben mit den Bauern vor gut drei Jahren das Projekt "wir.kaffee" gestartet und das System der solidarischen Landwirtschaft auf den Handel mit Kaffee übertragen.

Weltläden kaufen ganze Ernte

"Wir sichern den Bauern zu, dass wir ihnen ihre gesamte Ernte abnehmen, und verkaufen die Ernteanteile dafür im Vorfeld", erklärt Ina Schicker, Koordinatorin der Weltläden Iller-Lech. Dadurch hätten die Bauern und ihre Familien ein fixes Einkommen, könnten die Kaffeebäume nachhaltig bewirtschaften und ihre Existenz sei sicher.

Wenn die Ernte einmal schlecht ausfalle, etwa durch Unwetter oder Schädlinge, werde das Risiko auf viele Schultern verteilt. "Es ist ein kleines Risiko für jeden Einzelnen. Etwa, dass er dann eben weniger Kaffee bekommt als ursprünglich gedacht", sagt Schicker. Würden die Bauern dagegen, wie sonst meist üblich, nach Ertragsmenge bezahlt, könnte eine schlechte Ernte oder gar ein Ernteausfall das Ende ihrer Existenz bedeuten.

Kaffee-Projekt braucht zuverlässige Abnehmer

Das Kilo der jüngsten Ernte von "wir.kaffee" kostet rund 22 Euro, ähnlich viel wie andere Fairtrade-Kaffees. Anteilsscheine für die kommende Ernte gibt es für 80 Euro. Erwarten können Anteilsnehmer dafür zwischen drei und fünf Kilo Kaffee. Allerdings steht das Projekt vor Herausforderungen: "Alle sagen zwar, das ist eine ganz super Idee, ganz toll. Aber kaum jemand will mitmachen", sagt Schicker sichtlich ratlos. Damit das Pilotprojekt fortbestehen kann, benötigt sie dringend weitere Mitstreiter: einzelne Kaffeeliebhaber, die Anteilsschein kaufen, oder auch Cafés oder Firmen, die den "wir.kaffee" in größeren Mengen abnehmen – wie es die Stadtverwaltung Sonthofen zum Beispiel schon tut.

"FairNetzt" hilft mit neuen Ideen

Beim Thema Abnahme kommt "Allgäu FairNetzt" [externer Link] ins Spiel. Das Netzwerk besteht aus über 100 Initiativen, Organisationen und Unternehmen aus dem gesamten Allgäu (von Buchloe bis Oberstdorf, von Lindau bis Füssen). Die Initiative will Menschen zusammenbringen, die sich mit ihren Ideen für eine lebenswerte und "enkeltaugliche" Region engagieren. "Das ist sinnstiftend, es ist friedensstiftend und es ist das, was ich mir als Miteinander in der Welt wünsche", schwärmt Allgäu-FairNetzt-Sprecher Joachim Weiler.

Zwei Stunden Fragen und Kritik

Eine konkrete Aktion von "FairNetzt" sind sogenannte Projektschmieden. Einen Abend lang diskutieren interessierte Menschen aus allen gesellschaftlichen Schichten und jeder politischen Couleur über Projekte aus der Region. Weltladen-Koordinatorin Ina Schicker konnte ihr Kaffee-Problem in die Brainstorming-Runde einbringen. Fast zwei Stunden lang beantwortet sie Nachfragen, lässt das Projekt kritisieren, hört sich Lob an.

Kommt die Kaffeetante?

Schicker freut sich danach über die vielen Ideen der mehr als 40 Menschen, die mitdiskutiert haben. "Es war ganz wunderbar, ich bin ganz inspiriert", sagt Schicker am Ende des Projektschmiede-Abends von FairNetzt. Es sei ein breites Spektrum an Ideen zusammengekommen, an die sie und ihr Team so noch nicht gedacht habe. "Vor allem die Idee einer 'Allgäuer Kaffeetante', die als Botschafterin für den wir.kaffee auftreten könnte, kann ich mir gut vorstellen", sagt Schicker. Zusammen mit ihren Mistreiterinnen aus dem Weltladen will sie die Impulse aus der Projektschmiede nun auswerten, damit es den Kaffee auch künftig noch gibt und seine Produzenten weiter eine faire Chance im Leben bekommen.

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