Die Kreuzotter ist die einzige Giftschlange, die es in Bayern gibt. Auch deshalb wurde sie fast ausgerottet: Vor 120 Jahren etwa gab es Fangprämien und Zehntausende der Schlangen wurden jedes Jahr erschlagen.
Heute gilt die Vipera berus - wie ihre lateinischer Name lautet - in Deutschland als "stark gefährdet". Sie steht auf der Roten Liste der am meisten vom Aussterben bedrohten Tierarten. Jetzt haben Forschende im Bayerischen Wald gleich sieben Kreuzottern auf einmal entdeckt. Sie sonnten sich auf einer trockenen Wiese in Lindberg im Landkreis Regen, wie die Heinz Sielmann Stiftung berichtet.
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Größte bekannte Kreuzotterpopulation Mitteleuropas?
Dieser und auch schon vorangegangene Funde veranlassen die Experten zu der Vermutung, dass es im Bayerischen Wald eine größere Population der gefährdeten Tierart gibt. "Eine Population wird darüber definiert, ob sich die Tiere untereinander paaren", wird Paul Hien zitiert, der Kreuzotterexperte des Bayerischen Waldes.
Nun sollen Gentests der Tiere zeigen, ob es sich um mehrere kleine Populationen oder um eine große handelt. Sollten die Tests ergeben, dass eine zusammenhängende Population existiert, dann wäre das laut Hien die größte bekannte Kreuzotterpopulation Mitteleuropas. Erste Auswertungen würden bereits darauf hinweisen, heißt es von der Hans Sielmann Stiftung.
Mit dem Wattestäbchen in den Schlangenrachen
Um die in Lindberg entdeckten Kreuzottern genauer zu untersuchen, wurden sie kurzzeitig eingefangen. Wie beim Menschen wird der Gentest mit Wattestäbchen im Rachenbereich gemacht, heißt es von der Stiftung weiter. Schlangenexperte Hien schob, geschützt durch dicke Handschuhe, den Schlangen dünne Wattestäbchen an den Giftzähnen vorbei in den Rachen. Er nahm außerdem Daten auf: zu Länge, Gewicht, Farbe, Schuppenzahl am Schwanz und Temperatur der Tiere. Unmittelbar danach ließ er die Kreuzottern wieder frei.
Kreuzotter-Forschung im Bayerischen Wald
Das Forschungsprojekt wurde 2020 vom Nationalpark Bayerischer Wald begonnen. Seitdem untersuchen Hien und seine Nationalpark-Kollegen den Kreuzotterbestand im gesamten Bayerischen Wald. 180 Proben wurden bisher genommen.
Die Wiese bei Lindberg, auf der die sieben Kreuzottern vor kurzem gefunden worden waren, gehört zu einer drei Hektar große Fläche, die der Heinz Sielmann Stiftung gehört. Sie liegt in unmittelbarer Nachbarschaft zum Forschungsgebiet.
Naturschutz in Niederbayern
Die Heinz Sielmann Stiftung setzt laut eigener Aussage in enger Zusammenarbeit mit der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Straubing-Bogen und der Höheren Naturschutzbehörde Niederbayerns unterschiedliche Renaturierungsprojekte im Bayerischen Wald um. Ziel sei es, die Artenvielfalt in ganz Niederbayern zu fördern.
Auch andere Umweltorganisationen – wie zum Beispiel der Landesbund für Vogel- und Naturschutz – besitzen Flächen in der Nähe des Nationalparks Bayerischer Wald, um sie "langfristig für den Naturschutz zu sichern", wie es heißt. Lindberg liegt am Rande des Nationalparks Bayerischer Wald und an der Grenze zum europäischen Nachbarland Tschechien.
Kreuzotter ist Reptil des Jahres
Die Kreuzotter gehört zur Familie der Vipern. Ihre Bisse können schmerzhaft sein und zu Schwellungen führen – jedoch sind sie für gesunde Menschen nicht tödlich. Ein Kreuzotter-Weibchen kann bis zu 90 Zentimeter lang werden. In der Farbe sind die Tiere äußerst variabel: von weiß, hellbraun über beige bis olivbraun, silbergrau, dunkelbraun und auch kupferrote Exemplare gibt es. Viele sind gemustert und haben ein Zickzackband auf dem Rücken, das den Kreuzottern ihren Namen verschaffte. Manche Tiere sind auch komplett schwarz und werden deshalb "Höllenottern" genannt.
Die Deutsche Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde wählte die Kreuzotter zum Reptil des Jahres 2024 [externer Link].
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