Frauen auf der Baustelle - das ist auch im Jahr 2023 noch ein seltener Anblick. Vanessa Riedel aus Eggstätt am Chiemsee ist das egal. Sie macht eine Ausbildung zur Maurerin - und liebt die Arbeit auf der Baustelle.
Sie ist im zweiten Lehrjahr und hat endlich ihre Berufung gefunden. Davor hat sie bereits eine Ausbildung als Physiotherapeutin und Masseurin gemacht. Doch das war gar nichts für Vanessa Riedl. Sie will draußen sein und anpacken. "Wenn du ein Haus baust, dann siehst du, was du mit deiner eigenen Kraft aufgebaut hast", sagt die 25-Jährige.
Maurerin und Instagram-Star
Aber Vanessa ist nicht nur Maurerin. Ein besonderes Arbeitsgerät ist immer mit dabei: Ihr Kamerastativ. Auf Instagram begleiten sie mittlerweile schon über 33.000 Menschen durch ihren Arbeitsalltag.
Auf Social Media will sie zeigen, was ihren Beruf und das Handwerk ausmacht. Und das Interesse ist groß. Nicht nur an einer Frau, die im Arbeitsgewand posiert, sondern auch an ihrem Job. Gerne möchte sie noch mehr Frauen erreichen und ihnen Mut machen.
Kampf gegen Vorurteile
Durch den Beruf sei sie wirklich gewachsen. Auf der Baustelle müsse sie sich öfter herablassende Kommentare anhören, räumt sie ein. Auch auf Social Media erhält sie nicht nur Zuspruch. "Frauen gehören hinter den Herd und nicht auf die Baustelle" - das haben ihr schon einige geschrieben. Doch davon habe sie sich nie entmutigen lassen. "Man lernt zu kontern und wird stärker und selbstbewusster."
Vanessas Vorteil: Sie ist mit dem Beruf quasi aufgewachsen und weiß genau, worauf sie sich einlässt. Ihr Vater führt den Betrieb seit über 25 Jahren und war sein ganzes Leben lang Maurer - so wie schon sein Vater und sein Opa. Mit Vanessa steht nun die vierte Generation in den Startlöchern - und die erste Frau.
Mit Samthandschuhen wird sie deshalb noch lange nicht angefasst, auch wenn das viele glauben. Sie muss genauso mit anpacken und posiert nicht nur für Instagram. Wer das nicht glaubt, könne gerne mal vorbeikommen.
Werbung fürs Handwerk
Vanessa wünscht sich mehr Aufmerksamkeit fürs Handwerk. Nicht jeder muss studieren oder ins Büro, findet sie. Und das, obwohl Vater Jürgen sich früher immer gewünscht hat, dass seine Kinder nicht mehr Maurer werden. Denn die Arbeit ist kein Zuckerschlecken, immer draußen, bei 40 Grad plus oder 10 Grad minus. Jetzt könnte er stolzer nicht sein, dass seine Tochter in seine Fußstapfen treten und die Familientradition fortführen will.
Vanessas Social Media Account sei für das Unternehmen eine gute Werbung. Beide hoffen, dass so vielleicht bald auch Bewerberinnen oder Bewerber auf sie aufmerksam werden.
Junge Handwerkerinnen als Vorbild
Wie wichtig Social Media mittlerweile für das Handwerk ist, weiß auch Anna Sänger. Sie hat erst als Unternehmensberaterin gearbeitet und dann eine Ausbildung als Schlosserin gemacht. Jetzt steht sie nicht nur in der Werkstatt, sondern berät auch andere, wie sie erfolgreich auf Social Media sein können. Das Potenzial sei groß.
Vorgemacht hat es Maurerin Julia Schäfer, ihr folgen mittlerweile über eine halbe Million Menschen. Viele junge Menschen schreiben ihr, dass sie wegen ihr eine Maurerlehre begonnen haben, erzählt Julia.
Das würde auch Vanessa Riedel freuen. Fürs erste will sie ihre Ausbildung abschließen, dann den Meister machen und später den Betrieb übernehmen. Ihre Familie und ihr Team will sie bei all ihren Zielen unterstützen.
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