Wie heikel ein Haarschnitt in Zeiten von geschlossenen Friseur-Salons, während der Corona-Pandemie, sein kann, hat zuletzt der Traunsteiner Landrat Siegfried Walch (CSU) erfahren. Nachdem er mit offensichtlich frisch geschnittenen Haaren zu sehen war, empörten sich Nutzer in den sozialen Netzwerken. In einer Videobotschaft auf Instagram erklärte er daraufhin: Seine Lebensgefährtin habe ihm die Haare geschnitten.
Eine ähnliche Aufregung, etwa über die Frisuren von Fußballern, Politikerinnen und Moderatoren, entsteht im Netz immer wieder, auch in den Kommentarspalten von BR24. Häufig entsteht demnach der Eindruck: Während man zuhause sitzt und nichts darf, können sich Promis nach Belieben die Haare schneiden lassen. Doch stimmt das? Der #Faktenfuchs gibt einen Überblick.
Friseur-Schließungen: Maßnahmen werden von den Ländern umgesetzt
Das Friseur-Verbot ist in Paragraf 12, Absatz 2 der elften Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung festgeschrieben. Darin steht: "Dienstleistungen, bei denen eine körperliche Nähe zum Kunden unabdingbar ist, wie zum Beispiel Friseure, Kosmetikstudios, Massagepraxen, Tattoo-Studios oder ähnliche Betriebe sind untersagt".
Da die Infektionsschutzmaßnahmen als Verordnungen von den Bundesländern erlassen werden, kann sich die Umsetzung oder die Formulierung im Detail unterscheiden. Auch Hausbesuche von Friseuren bei den Kunden sind nicht erlaubt. In der bayerischen Verordnung ist die Ausübung der Dienstleistung an sich verboten. Wer in einem gewerblichen Kontext Haare schneidet und etwa Geld dafür nimmt, verstößt gegen die Maßnahmen.
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Doch was ist, wenn ein befreundeter Friseur einem unentgeltlich die Haare schneidet? Solche Detailfragen lässt das bayerische Gesundheitsministerium unbeantwortet und schreibt auf #Faktenfuchs-Anfrage: "Im Kampf gegen die Corona-Pandemie ist es sehr wichtig, mögliche Infektionen zu vermeiden. Deshalb ist es nicht sinnvoll, irgendwelche Schlupflöcher bei den Schutzmaßnahmen zu suchen." Das Haarschneiden ist aber nicht komplett verboten. "Haushaltsmitglieder, die sich gegenseitig die Haare schneiden, sind vom Verbot nicht erfasst."
Politiker-Frisuren: Von Do-It-Youself bis zur Assistentin
Auf die Familie verlassen sich neben Landrat Walch auch andere Politiker: Dorothee Bär (CSU) hat laut Medienberichten erzählt, ihre Tochter habe ihr die Haare geschnitten. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder hingegen "kümmert sich selbst um seine Haare", wie die Bayerische Staatskanzlei dem #Faktenfuchs mitteilte.
Wie groß das Interesse an den Frisuren der Politiker ist, zeigte sich auch in einem Interview von RTL mit Kanzlerin Angela Merkel. Auf die Frage von Moderatorin Frauke Ludowig, wie Merkel es mit ihren Haaren mache, antwortete diese: Sie habe eine Assistentin, die sie mit Maske und unter Einhaltung der Hygiene-Regeln in Sachen Frisur unterstütze. Merkel spricht jedoch davon, zu ergrauen - was zeigt, dass diese Unterstützung nicht einem uneingeschränkten Friseur-Besuch gleichkommt.
Fernsehen: Maskenbildner kommen zum Einsatz, Friseure nicht
Auch der Berufsstand von Frauke Ludowig steht unter besonderer Beobachtung. Offensichtlich frisch frisierte Fernsehmoderatorinnen und Nachrichtensprecher sorgen bei vielen Menschen ebenfalls für Unmut.
Beim BR Fernsehen gehen die Moderatorinnen und Moderatoren vor einer Sendung in die sogenannte Maske. Dort werden sie von Maskenbildnern geschminkt, in Corona-Zeiten übernehmen sie manche Arbeitsschritte auch selbst. Dabei werden sie auch frisiert. Das Haareschneiden fällt allerdings nicht darunter, lediglich das Stylen der Haare. So läuft es zum Beispiel auch beim Fernsehsender RTL, wie ein Pressesprecher dem #Faktenfuchs schrieb.
Bei Filmproduktionen dürfen die Haare geschnitten werden
Einzelfallregelungen bei der Auslegung der Infektionsschutzmaßnahmen legen die Kommunen fest. Die Stadt München etwa erlaubt den Einsatz von Maskenbildnern, wenn dieser "für die Berufsausübung Dritter erforderlich ist". So kann in München die Arbeit von Maskenbildnern, etwa im Rahmen von Fernseh- und Filmproduktionen, ohne rechtliche Probleme möglich sein.
Deshalb dürfen bei Filmproduktionen - wenn nötig - auch die Haare geschnitten werden. Das bestätigte zum Beispiel die Produktionsfirma Bavaria Fiction dem #Faktenfuchs. Eine Pressesprecherin verwies auf die Vorgaben der Berufsgenossenschaft, an die man sich halte. Darin seien etwa unterschiedliche Schutzstufen definiert, die besagen, wann welche Abstände und Maßnahmen eingehalten werden müssen und wer wie oft getestet werden muss. Außerdem werde nur an geschlossenen Sets gearbeitet.
In der Kritik: Professionell gestylte Fußballer?
Besonders aber befeuerten Profi-Fußballer die Debatte um mögliche verbotene Friseurbesuche. Nachdem viele Fußballer den Eindruck machten, mit professionell statt laienhaften Haarschnitten den Rasen zu betreten, während Friseur-Salons geschlossen waren, rüffelte sogar der Präsident des Zentralverbands des deutschen Friseurhandwerks die Spieler. So ein Eindruck ist jedoch kein Beleg für einen Regelverstoß, wie auch die Spielergewerkschaft anmerkte.
Ob die Vereine im Nachgang das Thema angesprochen und ihre Spieler sensibilisierten oder gar kontrollierten? Auf diese Fragen antworteten die Bundesliga-Vereine FC Augsburg und FC Bayern München dem #Faktenfuchs nicht. Der FC Augsburg schrieb in einer Mail: Da das "Thema in den letzten Wochen bereits sehr intensiv und zum Teil sehr populistisch beleuchtet wurde", werde man sich nicht äußern. Vom FC Bayern kam keine Antwort. Auch die für das Hygienekonzept der Bundesliga verantwortliche Deutsche Fußball Liga (DFL) antwortete dem #Faktenfuchs nicht.
Luxemburg: Ein Tagestrip für einen Haarschnitt?
Die Möglichkeit, sich von einem Friseur die Haare schneiden zu lassen, hatte Medienberichten aus dem Januar zufolge, wer nach Luxemburg fährt. Fernsehbeiträge aus dem Januar von SWR und n-tv zeigen Friseur-Salons die geöffnet sind und auch viele deutsche Kunden empfangen - während hierzulande die Salons geschlossen waren.
Verboten ist so ein Abstecher laut Reisehinweisen des Auswärtigen Amtes nicht, von nicht notwendigen und touristischen Reisen wird jedoch aufgrund hoher Infektionszahlen abgeraten. Bei einer Einreise nach Luxemburg besteht demnach keine Quarantänepflicht. Wer aber aus einem Risikogebiet wie Luxemburg nach Deutschland einreist, muss binnen 48 Stunden einen Corona-Test machen.
Seit Mitte Februar haben laut Medienbericht auch im Nachbarland Belgien die Friseur-Salons wieder geöffnet.
Fazit
Nicht jede oder jeder, der sich frisiert in der Öffentlichkeit zeigt, hat sich verbotenerweise die Haare schneiden lassen. Dafür gibt es zahlreiche Beispiele. Zugleich gibt es Personen des öffentlichen Lebens, die im Rahmen ihrer Berufsausübung gestylt oder denen die Haare geschnitten werden. Eine pauschale Sonderregel gibt es nicht: Es gelten hierbei die jeweiligen Einschätzungen der Landes- und Kommunalbehörden.
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