Das Oberpfälzer Unternehmen Dorfner mit rund 300 Beschäftigten stand vor einer großen Herausforderung: Wenn es weiterhin Rohstoffe wie bisher fördert, dann ist die Kaolingrube in absehbarer Zeit ausgeschöpft. Der Geschäftsführer Mirko Mondan wollte das nicht akzeptieren und nahm viel Geld in die Hand. Die Firma stellte einen neuen Mitarbeiter ein: Künstliche Intelligenz (KI).
KI mit Wissen gefüttert
Zuerst ist das "alte Wissen", das überwiegend in Leitz-Ordnern oder Excel-Tabellen schlummerte, digitalisiert und analysiert worden, erzählt Mondan. Anschließend wurde eine eigene, spezielle KI-Plattform mit den gesammelten Informationen gefüttert. Entwickelt wurde diese von einem kalifornischen Unternehmen im Auftrag der Oberpfälzer. Der neue, digitale Mitarbeiter kann jetzt unter anderem viel schneller Laborwerte ermitteln.
Wochenlange Tests gehören der Vergangenheit an
Dorfner beliefert unter anderem namhafte Farbhersteller mit Rohstoffen. Bei einer Anpassung des Farbrezeptes mussten die Labormitarbeiter früher wochenlang Tests durchführen, ob ein neuer Rohstoff die Qualität des Produkts verändern würde. Die Künstliche Intelligenz liefert jetzt Ergebnisse meist innerhalb einer Stunde.
Durch die Zeitersparnis können nicht nur mehr Aufträge abgewickelt werden, sondern auch andere, energieeffizientere Rohstoff-Rezepte beispielsweise für Farbhersteller entwickelt werden. Das Ergebnis: Dorfner konnte seinen Umsatz um gut 30 Prozent steigern. Personal wurde aber nicht abgebaut.
Dank KI wird der Sand länger reichen
Gleichzeitig kann Dorfner den Sand jetzt effizienter nutzen – und dadurch voraussichtlich länger. Vor dem Einsatz der KI hat Dorfners Unternehmen für die Farben seiner Kunden den besten Sand genommen, der mit hohem Energieaufwand veredelt wurde. Die KI hat jetzt Möglichkeiten gefunden, erstens weniger Sand einzusetzen und diesen zweitens energiesparender zu veredeln – bei gleichbleibender Qualität.
Vanessa Colelli ist Anwendungstechnikerin bei Dorfner. Sie war anfangs skeptisch gegenüber der KI. Die Mitarbeiterin konnte sich nicht vorstellen, wo ihr die Künstliche Intelligenz im Labor helfen könnte. Mittlerweile denkt sie anders darüber und sagt sogar, dass der neue Kollege ein "Gamechanger" für das Unternehmen sei. Sie hätte nie gedacht, dass die KI-Plattform selbstständig eine neue Rezeptur vorschlagen kann, auf die sie noch gar nicht gekommen sei. Ihre Arbeit sei dadurch viel effizienter geworden und sie könne sich mehr Zeit der Forschung widmen, berichtet sie im BR-Interview.
Unternehmen setzen auf Künstliche Intelligenz
Das Thema Künstliche Intelligenz ist auch im Mittelstand angekommen. Laut einer Umfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) Regensburg für Oberpfalz/Kelheim verwenden bereits 32 Prozent der bayerischen Unternehmen KI-Lösungen wie ChatGPT. Doch die Nutzung der einzelnen Branchen ist laut der Umfrage unterschiedlich ausgeprägt. Während in der IT und Kommunikation bereits 52 Prozent mit KI arbeiten, setzt die Baubranche mit elf Prozent bisher kaum auf Künstliche Intelligenz.
Laut IHK planen aber alle Branchen in Zukunft den Einsatz von Künstlicher Intelligenz. Doch nicht überall sind die Zugangsvoraussetzungen gegeben. Um KI-Plattformen nutzen zu können, ist nicht nur ein schneller Internetanschluss nötig, auch das Unternehmen muss eine interne, digitale Infrastruktur aufbauen.
Experte: Regionale Unternehmen brauchen mehr Mut
Viel Potenzial gerade im Mittelstand und in Verwaltungen sieht auch Professor Ulrich Schäfer. Er leitet das Innovations- und Kompetenzzentrum Künstliche Intelligenz an der Ostbayerischen Technischen Hochschule (OTH) Amberg-Weiden. Im Gespräch mit dem Bayerischen Rundfunk wünscht er sich von Unternehmen in der Region mehr Mut. Schäfer erklärt, dass sich zwar schon viele mit dem Thema KI beschäftigen, aber oftmals nur, weil es die Konkurrenz macht. Er ist der Meinung, dass sich Firmen frühzeitig, zum Beispiel mit einer Hochschule, in Verbindung setzen sollten. Denn nur eine KI-Plattform, die individuell zum Unternehmen passt, kann den gewünschten Erfolg bringen.
Schäfer ist überzeugt, dass KI in allen Branchen einsetzbar ist. Vor allem im Verwaltungsbereich sieht er viel Potenzial. "Viele Firmen haben zwar schon ein paar Dinge ausprobiert, aber die innovative Bandbreite einer Künstlichen Intelligenz noch lange nicht ausgeschöpft", so Schäfer.
Dorfner bildet Mitarbeiter zu Spezialisten aus
Die Firma Dorfner aus Hirschau entwickelt ihre KI-Plattform stetig weiter. Mittlerweile hat das Unternehmen zehn Mitarbeiter zu KI-Spezialisten ausbilden lassen. Diese sollen auch in Zukunft Prozesse digitalisieren und mithilfe von Künstlicher Intelligenz weiterentwickeln. Mirko Mondan ist überzeugt, dass der Einsatz von KI nicht nur den Umsatz steigert, sondern auch dafür sorgt, dass Ressourcen in Zukunft besser und effektiver eingesetzt werden können.
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