Vom Gebot zum Verbot? Es ist noch nicht allzu lange her, da war das Tragen von Corona-Masken in vielen Fällen Pflicht - selbst unter freiem Himmel. Mit der Aufhebung der Maskenpflicht Anfang März ergibt sich eine absurde Situation: Fällt das Tragen eines Mund-Nase-Schutzes jetzt unter das Vermummungsverbot, weil dabei große Teile des Gesichts verdeckt werden? Im benachbarten Österreich sorgte diese Frage kürzlich für viel Aufruhr in den sozialen Netzwerken. In Bayern scheint die Situation entspannter - aber auch weniger eindeutig.
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Wirbel in Österreich: Sind Masken jetzt verboten?
In Österreich gilt seit Oktober 2017 ein strenges Verbot des Gesichtsverhüllens, in die Wege gebracht von der Regierung unter dem damaligen Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Das umgangssprachlich als "Burka-Verbot" bekannte Gesetz stellt das "Verhüllen oder Verbergen der Gesichtszüge" in der Öffentlichkeit unter Strafe. Wer eine Corona-Maske richtig trägt (also nicht baumelnd unter dem Kinn oder der Nase), bei dem ist nur noch die Augenpartie erkennbar, streng genommen werden die Gesichtszüge also verhüllt. Es scheint absurd: Sind Masken in der Öffentlichkeit seit der Abschaffung der Maskenpflicht strafbar?
Nachdem mehrere Medien über den scheinbaren Widerspruch berichtet hatten, meldete sich der österreichische Gesundheitsminister Johannes Rauch bei Twitter zu Wort: Das Tragen von Masken stelle keinen Verstoß gegen das Vermummungsverbot dar, erklärte er. "Wer freiwillig Maske trägt, schützt sich und andere." Das Innenministerium arbeite an einer Klarstellung.
Bayern definiert Vermummung nicht eindeutig
In Bayern stellt sich die Lage anders dar: Hier gibt es kein grundsätzliches Verhüllungsverbot in der Öffentlichkeit. Das Bayerische Versammlungsgesetz untersagt jedoch die Vermummung "bei Versammlungen oder sonstigen öffentlichen Veranstaltungen unter freiem Himmel" – also beispielsweise bei Demonstrationen. Dabei können bereits Zusammenkünfte von zwei Personen als Versammlung gewertet werden.
Seit 2015 gilt die Vermummung bei Versammlungen in Bayern als Straftat, zuvor wurde sie als Ordnungswidrigkeit eingestuft. Seitdem kann eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder eine Geldbuße verhängt werden. Als Vermummung definiert der Gesetzgeber Gegenstände, "die geeignet und den Umständen nach darauf gerichtet sind, die Feststellung der Identität zu verhindern".
Eine recht schwammige Definition, die auch auf das Tragen von Mund-Nase-Masken zutreffen könnte. Auf Anfrage von BR24 erklärt das bayerische Innenministerium dazu: "Erfolgt das Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen (...), um sich selbst und andere vor den Gefahren einer Infektion zu schützen, ist das Verhalten nicht darauf gerichtet, die eigene Identität zu verschleiern." Das Tragen von Corona-Masken fällt also nicht unter das Vermummungsverbot - vorausgesetzt, man will sich damit vor Corona schützen.
Vermummung oder nicht? Wie die Polizei entscheidet
Der Vorwand des Infektionsschutzes könnte allerdings Demonstranten gelegen kommen, die ihre Identität verbergen wollen. Wie entscheidet die Polizei im konkreten Fall? Wie das bayerische Innenministerium BR24 mitteilt, könnte ein Indiz gegen den Verstoß des Vermummungsgesetzes darin bestehen, "dass mehr als nur die Mund- und Nasenpartie verdeckt werden", wie es etwa bei einer Sturmhaube der Fall wäre.
Andererseits verdeckt auch eine tief über die Stirn gezogene Mütze in Kombination mit einer Corona-Maske große Teile des Gesichts. Wie gehen die Ordnungshüter dann vor? Faustregeln gibt es offenbar nicht: "In jedem Fall ist eine Prüfung des konkreten Einzelfalles vorzunehmen", antwortet das Innenministerium - und räumt ein: Es sei nicht auszuschließen, dass einzelne Demonstranten die Mund-Nasen-Bedeckung vorwiegend zu Vermummungszwecken tragen. Ein Tatnachweis sei dann aber kaum möglich. Grundsätzlich kann die Polizei Demonstranten aber auffordern, die Maske kurzzeitig abzunehmen, um sich erkennbar zu geben.
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