In ganz Bayern ist die Nachfrage nach Ganztagsbetreuung gestiegen. Knapp 60 Prozent der Eltern im Freistaat gaben bei einer Studie des Bundesfamilienministeriums an, Betreuungsbedarf zu haben. Demgegenüber stand aber nur eine Betreuungsquote von 36 Prozent.
In Sontheim, einer kleinen Gemeinde im Unterallgäu, gibt es keine Lücke zwischen Angebot und Bedarf. Denn die schließt ein Generationenhaus, das 2007 eines der ersten seiner Art in Bayern war.
Ausreichend Betreuungsplätze für alle Familien im Dorf
Wer sein Kind in Sontheim zur Grundschule schickt, der muss sich keine Sorgen um die Betreuung am Nachmittag machen. Denn direkt an die Schule ist ein Generationenhaus angeschlossen. Über die Hälfte der 137 Grundschulkinder kommen nach dem Unterricht regelmäßig hierher. Sie freuen sich besonders auf das frische Mittagessen. Darüber hinaus fallen den Kindern auch einige Gründe ein, warum sie gerne ins "Geni" kommen, wie sie es nennen: Etwa, weil sie hier Fußballspielen können, nach der Schule schneller beim Mittagessen sind und die Hausaufgaben erledigt sind, bevor man nach Hause kommt.
Hausaufgabenbetreuung mit Senioren und Lehrkräften
Bei den Hausaufgaben helfen den Kindern neben den Betreuenden auch Senioren aus Sontheim, die sich im Generationenhaus engagieren. Eine große Hilfe, denn in ganz Bayern ist die Nachfrage nach Ganztagsbetreuung gestiegen. Das liegt nicht nur daran, dass häufiger beide Elternteile arbeiten, sagt Mona Krompholz, die Leiterin des Generationenhauses. "Man braucht viel mehr Betreuung. Es gehen einfach Zeiten verloren, die in der Familie vielleicht wichtig wären", sagt Krompholz. "Aufgrund der Schnelllebigkeit und dem Druck, unter dem die Familie finanziell steht, haben auch die Kinder mehr Druck. Man hat nicht mehr so viel Zeit miteinander", so die Leiterin des Hauses.
Enge Zusammenarbeit mit Grundschule
Viel Zeit nehmen sich neben den Ehrenamtlichen vor allem auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Generationenhauses und der Grundschule. Die Kinder würden davon profitieren, dass die Betreuenden, die sie durch den Tag begleiten, alle in einem Haus zusammenarbeiten, sagt Gisela Seehaus, die Direktorin der Grundschule Sontheim. Die Nachmittagsbetreuung weiß, wie es bei dem Kind am Vormittag in der Schule lief und andersherum. So könnten sich die Direktorin und die Lehrkräfte über die Entwicklung eines Kindes direkt im selben Haus mit den Betreuenden des Generationenhauses austauschen. "Für eine kleine Schule bieten wir ein unglaublich großes und umfassendes Angebot, für alle Generationen", sagt die Direktorin.
Ganztagsbetreuung mit Hausaufgabenhilfe
In enger Zusammenarbeit mit der Grundschule koordiniert Magali Wölfle die offene Ganztagsbetreuung. Von Montag bis Donnerstag können hier die Kinder ihre Hausaufgaben in zwei Gruppen erledigen. Auch von dem Kontakt zu den Senioren würden die Kinder profitieren, sagt Wölfle. "Zum Beispiel beim Mittagessen gibt es da einen schönen Austausch. Die Kinder sind sehr glücklich, wenn einer der Senioren an ihrem Tisch sitzen darf", so Wölfle.
Kinder servieren Senioren Mittagessen
Besonders am Generationenhaus sei, dass viel füreinander getan werde, sagt Mona Krompholz. "Dass die Kinder was für die Senioren machen und umgekehrt. Also dass man merkt, man muss was füreinander machen, der soziale Aspekt wird noch mal gesehen", so Krompholz. So servieren die Kinder etwa den Senioren das Mittagessen – jeder will die ehrenvolle Aufgabe übernehmen, sagt Krompholz. Gemeinsam mit den Kindern sitzen die Senioren am Spielenachmittag an einem Tisch.
Offener Jugendtreff und Seniorenfrühstück
Mittlerweile gibt es auch einen offenen Jugendtreff im Generationenhaus. Dort wird gemeinsam gekocht, es werden Ausflüge unternommen sowie aktuelle Probleme besprochen. Alle zwei Wochen können sich im Generationenhaus Senioren zu einem "nostalgischen Frühstück" treffen. Finanziert wird das Haus über die Regierung Schwabens, sagt Direktorin Seehaus.
Die Idee für das Generationenhaus entstand bereits 1998 im Rahmen der Dorferneuerung in Sontheim. Damals suchte der Arbeitskreis Familie-Kirche-Soziales Lösungen für soziale Probleme im Dorf. Sogar einen Preis hat der Arbeitskreis erhalten. 2007 wurde dann schließlich das Generationenhaus an die Grundschule in Sontheim angeschlossen und hatte damals eine Vorbildfunktion, erzählt Gründungsmitglied Dr. Dieter Morbach. "Die Leute damals davon zu überzeugen, dass wir etwas Neues wie das Generationenhaus brauchen, war nicht leicht. Doch mit der Unterstützung vom Landkreis und dem Bayerischen Landwirtschaftsministerium ist es möglich geworden", so Morbach. Er beobachtet eine Vereinzelung der Familien und der Senioren. Deshalb sei es besonders schön, dass im Generationenhaus Dorfbewohner jeden Alters zusammenkommen würden, auch außerhalb der Familie, sagt Morbach.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!