Ein kräftiger Mann, mit ruhiger Miene ist Valid D.. Gelegentlich lehnt er sich zurück auf seinem Stuhl, die oberen Knöpfe seines Hemdes hat er geöffnet. Seit Mittwoch steht der 47-Jährige vor dem Oberlandesgericht München, weil er den Mord eines tschetschenischen Regime-Kritikers vorbereitet haben soll. Ein Mord, der mit der Festnahme Valid D.s verhindert werden konnte. Sein Anwalt stellt sofort klar, dass sich sein Mandant nicht zu den Vorwürfen äußern wolle. Dem Gericht erzählt Valid D. lediglich, er sei russischer Staatsbürger, sei in Tschetschenien geboren und habe Jura studiert. Der Angeklagte spricht nur russisch, er braucht einen Dolmetscher.
Seit einiger Zeit lebt Valid D. in Deutschland. Laut Bundesanwaltschaft hat er Verbindungen zum Sicherheitsapparat des tschetschenischen Präsidenten Ramsan Kadyrow. Von dessen Cousin soll der Auftrag gekommen sein, den Mord an dem tschetschenischen Oppositionellen in Deutschland vorzubereiten.
Mutmaßliches Opfer erwartet Aufklärung
Kadyrow ist seit 2007 Präsident der russischen Teilrepublik Tschetschenien und wird mit den Morden an mehreren Kritikern in Verbindung gebracht. Das mutmaßlich anvisierte Opfer im Fall Valid D. lebte zuletzt in einer Asylunterkunft im Raum Augsburg. In sozialen Medien engagiert sich der 27-jährige Mokhmad A. für ein unabhängiges Tschetschenien. Zuletzt kritisierte er etwa, dass Kadyrow zur Unterstützung Russlands seine Soldaten in die Ukraine geschickt hat. "Ich möchte gerne die Einstellung des tschetschenischen Volkes gegenüber diesen verabscheuungswürdigen Verrätern ausdrücken (...) Kein ehrwürdiger Tschetschene würde das ukrainische Land mit Waffen in der Hand betreten", heißt es etwa in einem seiner Videos.
Der Exil-Oppositionelle unterstützt auch die Arbeit seines Bruders, der in Schweden lebt und das Kadyrow-Regime ebenfalls via Youtube verurteilt. Die Bundesanwaltschaft geht davon aus, dass dieser Bruder mit der Ermordung A.s zum Schweigen gebracht werden sollte.
Mokhmad A. tritt im Prozess als Nebenkläger auf. Vor Prozessstart hatte er über seine Anwältin verbreiten lassen, er sei "erschüttert und verunsichert", seit er von dem geplanten Mord des prorussischen Regimes in Tschetschenien an ihm erfahren habe. Und dann fügte er hinzu: "Ich erwarte, dass vor Gericht der politische Hintergrund dieser Tat aufgeklärt wird." Am ersten Verhandlungstag wurde nur die Anklage verlesen. Der Prozess ist auf 39 Tage angesetzt.
Bundesanwaltschaft: Es gab Hinweise an die Polizei
Dem Beschuldigten Valid D. werden das "Sichbereiterklären zu einem Mord in staatlichem Auftrag", die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat und Verstöße gegen das Waffengesetz zur Last gelegt. Demnach besorgte der Angeklagte unter anderem eine Waffe samt Munition sowie Schalldämpfer und spähte das Opfer aus. Der Angeklagte wurde Ende 2020 verhaftet. Wie er auffliegen konnte, das wollte der Vertreter der Bundesanwaltschaft auf BR-Nachfrage nicht sagen. Lediglich: Es habe Hinweise an die Polizei gegeben.
Angeblicher Komplize wurde offenbar unter Druck gesetzt
Unklar ist auch noch die Rolle des mutmaßlichen Komplizen des Angeklagten: Ausführen sollte den Mord laut Anklage ein weiterer angeblich vom tschetschenischen Sicherheitsapparat ausgewählter Mann, der "den Auftrag jedoch aus Angst vor Repressalien nur zum Schein annahm". Diesen Mann soll Valid D. im September 2020 in Tschetschenien getroffen und ihn von dort nach Deutschland geschleust haben. Beide sollen in der Bundesrepublik eine Schießübung mit der Tatwaffe vorgenommen und weiter den Wohnort der Zielperson ausgespäht haben.
Der mutmaßliche Komplize soll sich an beiden Tschetschenien-Kriegen gegen Russland beteiligt haben. Nach Angaben der Bundesanwaltschaft nutzte der tschetschenische Sicherheitsapparat diese Information, um ihn unter Druck zu setzen. Dem Mann sei vermittelt worden, er stehe in der Schuld von Ramsan Kadyrow und müsse deshalb den Mord-Auftrag ausführen. Kadyrow habe dafür gesorgt, dass er wegen seiner Beteiligung an den Tschetschenien-Kriegen nicht den russischen Sicherheitskräften übergeben worden sei.
Laut Bundesanwaltschaft hatte der angebliche Komplize große Zweifel. Er habe immer wieder versucht, den Mord zu verschieben.
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