Der Mieter am Amtsgericht in München
Bildrechte: picture alliance/dpa | Matthias Balk
Audiobeitrag

Der Mieter am Amtsgericht in München

Audiobeitrag
>

Gericht: Flüchtlinge müssen aus Mietshaus ausziehen

Gericht: Flüchtlinge müssen aus Mietshaus ausziehen

Ein Vermieter darf seinem Mieter verbieten, für längere Zeit Kriegsflüchtlinge bei sich aufzunehmen. Das hat das Amtsgericht München entschieden und die Klage eines Mieters aus Gräfelfing abgewiesen. Der Mieterverein will in Berufung gehen.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Oberbayern am .

Die Flüchtlinge, die ein Gräfelfinger in seinem gemieteten Haus aufgenommen hat, dürfen dort nach Ansicht des Amtsgerichts München nicht länger gegen den Willen der Hauseigentümer wohnen. Der Mann hatte die Zustimmung auf juristischem Weg erreichen wollen, das Gericht hat seine Klage aber abgewiesen.

Gericht: Kläger hat kein berechtigtes Interesse

Wer einen Teil seines gemieteten Wohnraums untervermieten oder "unentgeltlich Dritten überlassen" möchte, hat unter bestimmten Umständen zwar tatsächlich ein Recht auf die Zustimmung der Vermieter – zum Beispiel wenn ein Mieter sich seine Wohnung sonst nicht mehr leisten kann oder jemand für die Pflege einziehen soll. In all diesen Fällen müsse es aber um den Mieter selbst gehen, und nicht um Dritte, sagt das Amtsgericht. Fazit: Der Gräfelfinger habe kein "berechtigtes Interesse", um die Zustimmung der Vermieter zu bekommen.

Der Witwer hatte humanitäre Gründe geltend gemacht. Mit seinen beiden Kindern hat er 240 Quadratmeter Wohnfläche zur Verfügung und deshalb im Frühjahr eine 74-jährige Frau und deren 15-jährige Enkelin aus der Ukraine aufgenommen. "Oben in unserem Dachgeschoss haben wir Platz, während die Geflüchteten aus der Ukraine in Unterkünften auf Feldbetten schlafen müssen", erklärt er.

Starke persönliche Bindung

Mittlerweile ist eine starke persönliche Bindung zwischen den beiden Familien entstanden, wie der Mieterverein betont: Der Gräfelfinger organisierte demnach psychologische Hilfe für die 15-Jährige, die durch den Krieg und den Tod der Mutter traumatisiert ist. Die 74-jährige Oma kümmert sich um die Kinder des Witwers und hilft im Haushalt.

Die Hauseigentümer, die im Nachbarhaus wohnen, hatten aber nach ihren Angaben wegen schlechter Erfahrungen in der Vergangenheit schon bei Abschluss des aktuellen Mietvertrags klargestellt, dass sie absolute Ruhe wollen und im Haus ihres Mieters nicht zusätzlich jemand einziehen dürfe. Im Fall der Flüchtlinge hätten sie am Anfang nur zugestimmt, weil sie wussten, dass sie kurzzeitigen Besuch nicht untersagen dürften. Nur: Nach acht Wochen wollten sie das nicht länger hinnehmen.

Mieterverein: humanitäre Hilfe durchaus "berechtigtes Interesse"

Der Mieter wurde bei dem Verfahren vom Mieterverein München unterstützt, der die Prozesskosten übernimmt. Für den Verein ist humanitäre Hilfe durchaus ein berechtigtes Interesse, bei dem die Vermieter der Wohnraumüberlassung zustimmen müssen.

Mieterverein will Berufung einlegen

Das Urteil ist nach Ansicht der Vorsitzenden Beatrix Zurek nicht nur für die beiden Ukrainerinnen einschneidend: "Es kann auch für viele andere Geflüchtete bedeuten, dass sie in einer ohnehin belastenden Situation zurück in Unterkünfte müssen." Man werde sich jedenfalls "weiter dafür einsetzen, dass humanitäre Hilfe in einer Notlage ein berechtigtes Interesse ist", versichert Zurek. Der Mieterverein München wird gegen die Entscheidung des Münchner Amtsgerichts in Berufung gehen.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!