Die Glashütte von Poschinger in Frauenau, deren Ursprünge bis in das Jahr 1568 zurückgehen, legt überraschend am 30. November die Produktion still. Einen entsprechenden Bericht der "Passauer Neue Presse" hat die Freiherr von Poschinger Glasmanufaktur jetzt auch dem Bayerischen Rundfunk per E-Mail kurz inhaltlich bestätigt. Man will aber weiter dazu keine Stellungnahme mehr abgeben.
Kündigungen ohne Vorwarnung
Aber die betroffene Belegschaft spricht über die Situation. 13 Mitarbeiter, davon fünf Glasmacher, hatten am Donnerstagmittag in einer kurzfristig einberufenen Betriebsversammlung ihre Kündigungen erhalten - "völlig ohne Vorwarnung", wie Hüttenmeister und Produktionsleiter Thomas Liebl dem BR jetzt sagte.
Gestiegene Gaspreise als Begründung
Benedikt von Poschinger, der die Glashütte in der 15. Generation führt, habe der Belegschaft erklärt, es stehe so schlecht um die Hütte, dass er den Betrieb einstellen müsse. Als Grund habe er vor allem die gestiegenen Gaskosten für den Glasofen genannt. Außerdem seien einige Kunden abgesprungen. Thomas Liebl widerspricht dem: "Wir haben volle Auftragsbücher bis Frühjahr 2022," sagte er dem BR, "und es stimmt einfach nicht, dass die Geschäfte nicht mehr laufen."
Kein Sozialplan und keine Abfindung für Mitarbeiter
Seines Wissens nach sei kein Kunde abgesprungen. Nur ein Kunde, der noch viel Ware auf Lager hat, habe momentan nicht nachbestellt. "Wir finden es unverschämt, die Belegschaft auf diese Weise vor vollendete Tatsachen zu stellen," so Liebl. Es gebe keinen Sozialplan und die 13 Entlassenen bekämen auch keine Abfindung.
Bürgermeister überrascht
Ebenfalls "völlig überrascht" ist der Frauenauer Bürgermeister Fritz Schreder (SPD). Er habe im Vorfeld nicht gewusst, dass die Glashütte schließen will. Ihm gegenüber habe Benedikt von Poschinger von einer nur "vorübergehenden Hüttenschließung" gesprochen. Er habe neue Ideen und überlege sich ein neues Konzept. "Die Familie von Poschinger wird sich nicht vom Glasmachen verabschieden", habe ihm Benedikt von Poschinger am Telefon zugesagt.
"Schwerer Schlag für Frauenau"
Die Schließung der Traditionsglashütte - eine der ganz wenigen, die überhaupt noch Gläser von Hand herstellt - sei "gravierend" und ein "schwerer Schlag für Frauenau", so der Bürgermeister. Die Hütte sei für den ganzen Bayerischen Wald ein wichtiger Bestandteil der Glastradition, auch wenn sie längst nicht mehr so viel Belegschaft habe wie früher.
Immer weniger Glashütten
Die Nachricht sei eine weitere Hiobsbotschaft in diesem Bereich. 2018 war die "Nachtmann"-Glashütte im Ort, eine größere Maschinenglashütte, endgültig geschlossen worden. Bis heute gibt es für diese Gebäude keine Nachnutzung.
Die Glashütte von Poschinger hatte sich trotz der schwierigen Lage in der gesamten Glasbranche, die seit Jahren unter Preisdruck und internationaler Konkurrenz leidet, in den letzten Jahren gut behauptet. Die Mundglashütte hatte sich auf Spezial-und Einzelanfertigungen, Restaurierungen, zum Beispiel für Museen oder im Denkmalschutz, und auf besondere handgefertigte Gläser konzentriert und damit erfolgreich eine Nische gefunden. Die traditionell gebaute alte Glashütte mit dem Ofen in der Mitte ist eine der letzten Hütten, wo man die jahrhundertealte Glastradition des Bayerischen Waldes noch erleben kann.
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