90.000 Kilometer kleine Bäche ziehen sich durch Bayern, sogenannte Gewässer dritter Ordnung. Sie könnten wie Adern Artenreichtum in die Landschaft bringen, wenn sie besser betreut würden. Wer sich als Bachpate engagiert, kann auch als Einzelperson erstaunlich viel bewirken.
Vorzeigeprojekt Retzenbach
Das zeigt das Engagement von André Holzinger aus Wemding. Der Hobbyangler kümmert sich seit 2019 um den Retzenbach. Der Retzenbach ist sechs Kilometer lang, dreißig bis fünfzig Zentimeter tief und fließt in der Nähe von Nördlingen im Landkreis Donau-Ries. 2019 gab es kaum Leben im und am Bach, nur sehr vereinzelt mal eine Mühlkoppe. Inzwischen ist dort ein üppiger Bestand an dem kleinen Fisch mit dem dicken Kopf zu finden. Am Ufer fliegt wieder die Blaue Prachtlibelle, eine Libellenart, die hohe ökologische Ansprüche hat. Die Artenvielfalt hat rasant zugenommen, oder wie André Holzinger sagt: "Das Insektenaufkommen ist explodiert". Er findet die Retzenbach-Betreuung inzwischen interessanter als zu angeln. Und die Stadt Nördlingen ist froh, dass er sich kümmert. Sie spricht von einem "Vorzeigeprojekt".
Den Bach pflegen und von Müll befreien
Springkraut und andere invasive Pflanzen, die am Ufer wachsen, rausrupfen und abtransportieren, Müll sammeln. Egal um welchen Bach es sich handelt, mit solchen Aktionen kann ein Bachpate nichts verkehrt machen, bestätigt Jürgen Geist, Professor für Aquatische Systemökologie an der Technischen Universität München-Weihenstephan. "Es gibt eine ganze Menge von Maßnahmen, wo man sagen kann, das ist auf jeden Fall eine Maßnahme, die nur Positives bewirken kann, die also zu keinen Schäden führt". Auch immer gut: Wenn man dafür sorgt, dass der Uferrand nicht gemulcht, sondern am besten mit der Sense und nur portionsweise gemäht wird. Und wenn das Mähgut anschließend weggefahren wird.
Bachpaten unterstützen die Kommunen
Für den Unterhalt der kleinen Bäche sind die Gemeinden zuständig. "Weil die Kommunen aber oft wenig Kapazität für diese sehr vielseitigen Aufgaben haben, können Bachpaten da eben eine große Unterstützung sein", sagt Dominik Ranker vom Bayerischen Landesamt für Umwelt in Augsburg. Denn die Bachpaten (externer Link) leisten allein schon durch ihre Bach-Visiten einiges, so der Gewässerökologe Jürgen Geist. Zum Beispiel, wenn ein Starkregen zu Erosion geführt hat und Ackerboden im Bach landet. "Also wenn dann wirklich einen Starkregen stattfindet, dann ist das der Zeitpunkt, wo man rausgehen muss, wo man das untersuchen muss: Wo kommt das Material her?" Dieses lokale Wissen hätten die Bachpaten und damit könnten sie auch die Behörden unterstützen bei der Vorbeugung gegen weitere Erosionsschäden, die für den Bach eine "kleine Katastrophe" darstellen können, so Jürgen Geist.
Erster Schritt: Mit der Gemeinde Kontakt aufnehmen
Auch Schulklassen oder Walking-Gruppen können Bachpaten sein. Denn ein Bachpate braucht keine Fischerprüfung. Trotzdem geht es natürlich nicht ohne Grundlagen. Das Landesamt für Umwelt bietet Infomaterial an. Wer sich für die Tätigkeit interessiert, kann sich dann bei seiner Gemeinde melden. Oder bei der Kommune, in der der Bach liegt, den man gern betreuen möchte. Bachpate und Kommune schließen dann einen Bachpatenschafts-Vertrag (externer Link) ab.
Die Verpflichtung, für den Gewässerunterhalt zu sorgen, bleibt jedoch in jedem Fall bei der Gemeinde. Und für den Fall, dass sich jemand beim Bach verbessern verletzt, rät Dominik Ranker vom Landesamt für Umwelt: "In der Regel vereinbart man dann für solche Fälle vorab mit der Kommune, dass man als ehrenamtlich tätige Person eben für die Stadt oder Gemeinde entsprechend mitversichert ist."
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