Der genaue Zweck der sogenannten Grünbrücke erschließt sich erst bei genauerem Hinsehen: Das Bauwerk dient ausschließlich Tieren. Und dabei wird es auch bleiben: Spaziergängern ist das Betreten ausdrücklich verboten. Autos und andere Fahrzeuge haben dort erst recht nichts verloren.
Hirsch, Reh & Co. vor der Kamera
Dass auf der Brücke trotzdem einiges los ist, beweisen die Aufnahmen von Wildtier-Kameras, die das Staatliche Bauamt Freising für 300 Tage und Nächte ausgewertet hat: "Da haben wir zum Beispiel pro Nacht etwa ein Reh, fast täglich Feldhasen, alle sechs Tage einen Fuchs und alle drei Wochen einen Rothirsch gefunden", erzählt Christine Philipp vom Sachgebiet Naturschutz und Landschaftsplanung. Ein Steinmarder war nur einmal dabei, "das macht nichts - Hauptsache, die Wechselbeziehungen finden statt".
Folgen von Straßen und Schienenbau minimieren
Die Rede ist von den Wechselbeziehungen zwischen den Tierpopulationen in den Isarauen und dem Erdinger Moos. Früher gab es an der Stelle keine Probleme. Aber dann haben die Bundesstraße 301 und die S-Bahn-Linie München-Flughafen eine 40 Meter breite Schneise in die Landschaft geschlagen. Das Bayerische Naturschutzgesetz schreibt vor, dass in solchen Fällen wenigstens die Folgen so weit wie möglich minimiert werden müssen. Deshalb hatte die Regierung von Oberbayern mit der Genehmigung der Bundesstraße den Bau der Grünbrücke zur Auflage gemacht, so dass Tiere weiter sicher queren können.
Beliebte Land- und Luftwege
Auf der Grünbrücke wachsen eine Wiese, Büsche, und kleine Bäume. Es gibt auch einen Kiesstreifen. Die unterschiedlich strukturierten Bereiche sollen die Oberfläche für möglichst viele Tierarten interessant machen. Auch der "Luftweg" über die Grünbrücke ist offenbar beliebt. "Es waren Singvögel zu sehen, die tatsächlich auf den Kamerahaltungen landen", berichtet Christine Philip. Insekten nutzen die Brücke ebenfalls.
Inzucht bedroht Populationen
Es geht um das Überleben der Tiere und außerdem um die Zukunft ganzer Populationen, wie der Freisinger Kreisvorsitzende des Bund Naturschutz, Christian Magerl, erläutert. Bei seltenen Eidechsenarten zum Beispiel seien die Populationen zum Teil so klein, dass es im Falle einer Teilung zu Inzucht kommen würde. Eben das wolle man mit so einer Grünbrücke unterbinden.
Wohlfühl-Oasen an der Grünbrücke
Zwei Millionen Euro hat das Staatliche Bauamt Freising in das Bauwerk investiert, das für die Tiere schon von weitem gut sichtbar ist. Die größeren werden außerdem von einem Wildschutzzaun sozusagen in Richtung Brücke gelenkt. Auch Biotopflächen auf beiden Seiten sollen dafür sorgen, dass die Tiere sich in dem Bereich wohlfühlen und dann auch die Brücke nutzen. Dass das mit der Grünbrücke wirklich klappt, musste das Bauamt mit den Kameras nachweisen.
"Krückstock – aber besser als nichts"
Das Konzept funktioniere, bestätigt auch der Biologe Christian Magerl: "Es ist natürlich nicht der Ersatz für die alten Wege, die früher vorhanden waren für die Wanderungen. Es ist ein gewisser Krückstock, aber es ist besser als nichts." Naturschutzverbände fordern auch, solche Grünbrücken nachträglich noch an Autobahnen einzubauen, um Tierwanderungen zu ermöglichen.
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