Es gibt offenbar Bewegung im festgefahrenen Haushaltsstreit der Ampel-Regierung: Das Finanzministerium hat den anderen Ressorts mitgeteilt, welche Mittel ihnen im kommenden Jahr zur Verfügung stehen sollen. Die Ressorts seien nun aufgefordert, "eigenverantwortlich die Ausgestaltung ihres jeweiligen Plafonds vorzunehmen", erklärte eine Ministeriumssprecherin am Donnerstag. Dabei gelte weiterhin, dass die Schuldenbremse eingehalten werden müsse. Das Vorgehen sei mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) abgestimmt.
Einsparungen: Verteidigungsministerium bleibt außen vor
Über die Vorgaben von Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatte zuerst das "Handelsblatt" berichtet. Der Zeitung zufolge müssen mit Ausnahme des Bundesverteidigungsministeriums alle Ministerien Einsparungen vornehmen. Die Kürzungen sollten vor allem die disponiblen Ausgaben betreffen, also etwa Förderprogramme. Investitionen oder Sozialausgaben, für die Rechtsansprüche bestehen, seien vorerst ausgenommen. Leistungskürzungen, auch bei den Sozialausgaben, seien aber nicht grundsätzlich ausgeschlossen, sollten die Ministerien nicht ausreichende Einsparungen vornehmen, hieß es.
Insgesamt solle ein hoher einstelliger Milliardenbetrag eingespart werden. Allerdings werde damit die von Lindner zuletzt auf 20 Milliarden Euro bezifferte Finanzierungslücke nicht einmal zur Hälfte geschlossen, berichtete das "Handelsblatt" weiter. Einige Ministerien sollen 2024 demnach sogar mit weniger Geld auskommen, als bisher in der mittelfristigen Finanzplanung vorgesehen war.
Das Finanzministerium erklärte auf AFP-Anfrage, für den Haushalt 2024 "gilt unverändert, dass er im Rahmen der Vorgaben der Schuldenbremse aufzustellen ist". Das Verfahren sei vorab mit Bundeskanzler Olaf Scholz und Vizekanzler Robert Habeck abgestimmt worden. Wie aus Regierungskreisen verlautete, war die Haushaltsaufstellung Thema in einer Besprechung Lindners mit seinen Kolleginnen und Kollegen vor der Kabinettsitzung am Mittwoch. Scholz und Lindner hätten demnach beide betont, dass der Regierungsentwurf vor der parlamentarischen Sommerpause ab 7. Juli vorliegen solle. Das erwarte auch der Haushaltsausschuss des Bundestags, der dann weiter mit dem Entwurf arbeitet.
Haushaltsstreit sorgt in der Ampelkoalition für Unruhe
Das Finanzministerium forderte laut "Handelsblatt" in den am Mittwoch verschickten Briefen die Ressorts teilweise auch auf, konkrete Vorschläge für ein geplantes Haushaltsbegleitgesetz vorzulegen. Ein solches Gesetz würde es erlauben, gesetzlich geregelte Ausgaben für Soziales, aber auch für Subventionen, zu kürzen.
Der Etat für nächstes Jahr sorgt in der Koalition seit Monaten für Unruhe. Mehrere Ministerien meldeten teils hohen Mehrbedarf an. Da Lindner aber sowohl eine erneute Ausnahme von der Schuldenbremse als auch Steuererhöhungen ausschließt, gibt es dafür praktisch keinen Spielraum.
Schuldenbremse bleibt bestehen
Die Schuldenbremse sei ein Gebot der Verfassung und auch der "ökonomischen Vernunft", betonte Lindner am Donnerstag beim Deutschen Sparkassentag in Hannover. Es gebe viele wünschenswerte Vorhaben, es gelte aber auch: "Wir müssen mit dem auskommen, was wir haben."
Die Aufgabe der Politik sei es, "zwischen dem zu unterscheiden, was notwendig und dringend einerseits ist, und was wünschenswert andererseits ist, was aber noch eine Zeit braucht, bis wir es finanzieren können", erläuterte der Minister.
Wegen der koalitionsinternen Meinungsverschiedenheiten hatte Lindner bereits darauf verzichtet, wie sonst üblich im März Eckpunkte für den neuen Haushalt sowie die mittelfristige Finanzplanung des Bundes vorzulegen. Auch ein weiter Termin wurde gekippt: Der Kabinettsbeschluss zum Haushaltsentwurf werde nicht am 21. Juni erfolgen, erklärte Lindner Mitte Mai.
Mit Informationen von dpa und AFP
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