Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hat immer mehr Hass und Hetze im Netz und auf der Straße sowie eine zunehmende Aggressivität von Extremisten aller Art beklagt. Mit Blick auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine warnte Herrmann zudem vor aus Russland gesteuerten Falschmeldungen und vor russischen Cyberattacken - auch auf Behörden und Unternehmen im Freistaat. Bayern habe daher die Kapazitäten der entsprechenden Sicherheitsbehörden erhöht.
Generell zog der Innenminister ein bedenkliches Fazit mit Blick auf das abgelaufene Jahr. Hass und Hetze hätten 2021 ein nicht gekanntes Ausmaß erreicht - im Netz, auf der Straße, bis hinein ins private Umfeld. Befeuert durch die Anti-Corona-Maßnahmen würden Politiker und staatliche Institutionen zu nahezu jedem beliebigen Thema von einem zwar kleinen, aber umso aggressiveren Teil der Bevölkerung mit Hass überzogen - "in einem bislang nicht gekannten Ausmaß". Als Beispiel nannte Herrmann die Debatte über eine allgemeine Impfpflicht, deren Einführung gescheitert ist.
Corona-Demos: Geringerer Extremisten-Einfluss als befürchtet
Allerdings stellte Herrmann mit Blick auf Corona-Proteste in Bayern im vergangenen Jahr klar: Der Einfluss von Extremisten auf die Veranstaltungen sei zahlenmäßig geringer gewesen als befürchtet. "Lediglich bei 207 von rund 3.000 Protesten gegen staatliche Pandemie-Maßnahmen haben die Verfassungsschützer Personen mit extremistischen Bezügen festgestellt", berichtete der Innenminister. Die Mehrzahl der Proteste sei friedlich verlaufen.
Der CSU-Politiker nannte es gleichzeitig alarmierend, wenn es unter Ausnutzung der Versammlungsfreiheit zu massiven Ausschreitungen und Straftaten komme. Besonders die rechtsextremistische Szene versuche, die Corona-Proteste für ihre Zwecke zu nutzen und mit Verschwörungstheorien Anschluss an das bürgerliche Spektrum zu finden. Den selbsternannten Reichsbürgern ist es demnach gelungen, im virtuellen und im realen Raum Anhänger der Corona-Proteste zu gewinnen. Laut Herrmann gibt es inzwischen in Bayern 4.605 Anhänger der Reichsbürger-Szene - ein Höchstwert. Aus dieser Gruppe heraus seien im vergangenen Jahr 122 politisch motivierte Straftaten begangen worden. "Die Entwaffnung der Szene treiben wir weiter voran", sagte Herrmann.
Schulze: "Das ist eine ernste Lage"
Die bayerische Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze sprach angesichts des Verfassungsschutzberichts von einer ernsten Lage. "Wir müssen hier von verschiedenen extremistischen Bedrohungslagen ausgehen, die alle darauf abzielen, unsere Demokratie zu destabilisieren", teilte sie mit.
Von der Staatsregierung forderte die Grünen-Politikerin neue Maßnahmen gegen alle Feinde der Demokratie. "Neben nötigen Investitionen in die Sicherheitsbehörden, vor allem im digitalen Raum, braucht es auch großangelegte Investitionen in Demokratieförderung, Prävention und Extremismus-Forschung." Bayern sei "da immer noch zu schmal aufgestellt". Schulzes Fazit: "Mit der Analyse allein ist es nicht getan, jetzt müssen schnellstmöglich Taten folgen."
Herrmann warnt vor "gefährlicher Gemengelage"
Innenminister Herrmann warnte derweil auch vor der linksextremistischen Szene im Freistaat. Zwar sei die Zahl der Straftaten im vergangenen Jahr von 705 auf 471 zurückgegangen. Linksextremisten hätten aber "besonders kritische Infrastrukturen als Anschlagsziel und willkommenes Vehikel entdeckt, um die Gesellschaft zu destabilisieren". Auch islamistische Gefährder habe man weiter im Blick: Dort könne es "nahezu aus dem Nichts" zu einzelnen Anschlägen kommen.
Schon vor der Vorstellung des Berichts hatte Bayerns Innenminister vor den Folgen von immer mehr Hass uns Hetze gewarnt: "Vermischt mit Unkenntnis als auch völliger Ablehnung von demokratischen Entscheidungsprozessen entsteht so eine gefährliche Gemengelage", sagte er.
(mit Informationen von dpa)
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