"Das ist für das Naherholungsgebiet hier eine Katastrophe", sagt Stefan Zeitlmann. Er besitzt ein Wochenendhaus am Badesee in Riedlingen, einem Ortsteil von Donauwörth. Genauso wie Wilhelm Rister: "Das ist das Paradies, das wir hier vor Donauwörths Toren haben und wenn hier der Rückhalteraum kommt, ist dieses Paradies akut gefährdet." Beide stehen am Ufer des Badesees mit seinem klaren Wasser und vielen Seerosen. Neben den Wochenendhäusern gibt es eine große Liegewiese und einen Kiosk.
Angst vor Schadstoffen im Badesee
Die Befürchtung von Wilhelm Rister: Sollte wie geplant direkt neben dem Badesee ein kleiner Flutpolder entstehen, könnte unter dem Damm das Hochwasser in den Badesee durchsickern – inklusive Schadstoffen. Die Wasserqualität könnte so schlecht werden, dass Schwimmen in dem Baggersee ers tmal nicht mehr möglich ist, fürchtet Rister.
Widerstand gegen Hochwasserschutz gibt es vielerorts
Das Beispiel aus Donauwörth zeigt: Egal wo die Wasserwirtschaftsämter Flutpolder und Rückhalteräume für den Hochwasserschutz planen, gibt es vor Ort Widerstand. Landwirte fürchten eine Belastung mit Schadstoffen in den Böden, wenn ihre Flächen innerhalb eines Polders liegen und bei Hochwasser unter Wasser stehen. Anwohner haben Angst vor Rückstau auf der eigentlich trockenen Seite des Deichs oder sehen das Landschaftsbild in Gefahr. "Wir nehmen die Sorgen ernst", versichert Gudrun Seidel, Leiterin des Wasserwirtschaftsamtes Donauwörth. Je mehr Einwendungen es gegen Hochwasserschutz gibt, desto länger dauern aber auch die Planungen.
- Zum Artikel: Widerstand gegen Hochwasserschutz-Projekt an der Donau
Sieben Rückhalteräume an der schwäbischen Donau geplant
Der Polder in Riedlingen ist Teil des Hochwasserschutz-Aktionsprogramms Schwäbische Donau. Das Wasserwirtschaftsamt Donauwörth plant entlang der schwäbischen Donau sieben Rückhalteräume. Einer davon soll in Riedlingen entstehen. Die Idee: 135 Hektar, das entspricht einer Fläche so groß wie 190 Fußballfelder, mit einem Deich umgeben. In dem Gebiet liegen vor allem Ackerflächen, ein wenig Wald und Baggerseen, in denen nicht gebadet werden darf. Bei einem sogenannten mittleren Hochwasser, das im Schnitt alle 80 Jahre auftritt, soll der Rückhalteraum geflutet werden. 1,6 Millionen Kubikmeter Wasser fließen dann aus der Donau in den Polder. Zurzeit läuft das Raumordnungsverfahren. Das ist die erste Stufe eines Genehmigungsverfahrens, das mehrere Jahre dauert. Ob der Polder wirklich einmal so gebaut wird, steht noch nicht fest.
Wochenendhaus-Besitzer fürchten Wertverlust
Trotzdem wehren sich die Wochenendhausbesitzer schon frühzeitig gegen die Pläne des Polders. Denn der Damm des Rückhalteraums könnte nur wenige Meter neben dem Badesee gebaut werden. Hinter dem Deich würde das Wasser bei einem Hochwasser drei Meter hoch stehen. "Ich gehe nicht davon aus, dass das Wasser durch den Damm dringt, aber darunter hindurchsickert", sagt Wochenendhaus-Besitzer Wilhelm Rister. Eine schlechte Wasserqualität im Badesee, Mückenplagen, wenn das Wasser im Flutpolder steht und stinkende, tote Fische, wenn sich das Wasser zurückzieht – das sind die Befürchtungen. Und: Dass die Wochenendhäuser an Wert verlieren, sagt Stefan Zeitlmann. Allein die Grundstücke seien meist schon 100.000 Euro wert.
Man sei nicht gegen den Hochwasserschutz insgesamt, aber der Polder in Riedlingen würde Donauwörth nicht schützen, sagt Wilhelm Rister. Bei einem Hochwasser, wie es statistisch gesehen alle 80 Jahre vorkomme, sei die Stadt einen Kilometer flussabwärts jetzt schon durch Mauern und Dämme geschützt. Deshalb sei der Polder in Riedlingen überflüssig.
Polder soll Rettungskräften vier Stunden Zeit verschaffen
In den Planungsunterlagen des Wasserwirtschaftsamtes steht, der Rückhalteraum bedeute einen Grundschutz entlang der Donau und einen "Erhalt der Funktionsfähigkeit der Region bei sehr großen, seltenen Hochwasserereignissen". Reinhard Löffler vom Wasserwirtschaftsamt macht es konkret: Wenn der Polder mit Wasser vollläuft, verschaffe das den Rettungskräften flussabwärts vier Stunden mehr Zeit, um Menschen zu warnen oder Gebäude zu sichern.
Drei Milliarden Euro an Hochwasserschäden verhindern
Der Polder in Riedlingen und die sechs weiteren Rückhalteräume entlang der schwäbischen Donau kosten zusammen rund 700 Millionen Euro. Dafür können sie bei einem Hochwasser Sachschäden von drei Milliarden Euro verhindern, rechnet das Wasserwirtschaftsamt vor. Und die Besucher des Badesees müssten sich nicht sorgen, der Damm werde so gebaut, dass das Naherholungsgebiet nebenan nicht betroffen ist, sagt Leiterin Gudrun Seidel.
Fehlendes Personal verzögert Planungen
Die Einwände von Betroffenen bei der Planung sind aber nicht der einzige Grund, warum es oft viele Jahre dauert, bis Rückhalteräume gebaut werden. Es fehle an Personal. In den Wasserwirtschaftsämtern genauso wie in den externen Ingenieurbüros. Auch Baufirmen seien schwer zu bekommen, so Seidel. Deshalb bleibt nur zu hoffen, dass das nächste starke Hochwasser erst kommt, wenn der Hochwasserschutz an der Donau ausreicht.
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