Ein Mund-Nasen-Schutz im Herbstlaub (Symbolbild)
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Hohe Corona-Zahlen: Welche Maßnahmen jetzt im Gespräch sind

Hohe Corona-Zahlen: Welche Maßnahmen jetzt im Gespräch sind

Bayern meldet die bisher höchste Corona-Inzidenz. Ein erneuter Lockdown gilt als ausgeschlossen, aber diskutiert wird über vieles: Auffrischungsimpfungen für alle, schärfere Maßnahmen in Hotspot-Regionen, 3G am Arbeitsplatz - und mehr. Ein Überblick.

Die Corona-Zahlen sind in Teilen Deutschlands weiter hoch - der Süden Bayerns ist besonders betroffen. Am Dienstagmorgen waren laut Robert-Koch-Institut (RKI) die bundesweit sieben Landkreise mit dem höchsten Inzidenzwert allesamt in Bayern. All diese Landkreise liegen über dem Wert 500, ganz vorne ist demnach der Landkreis Mühldorf am Inn mit einer Inzidenz von 650,7. Die bayernweite Inzidenz beträgt laut RKI 248,9 - mögliche Nachmeldungen könnten den Wert noch steigen lassen.

Regionalisierte Corona-Ampel in Bayern?

Angesichts steigender Corona-Zahlen beschäftigt sich das bayerische Kabinett am Mittwoch in einer Sondersitzung mit der Lage im Freistaat. Eine zentrale Frage: Inwieweit wird es künftig eine regionalisierte Krankenhausampel geben, um die Situation in besonders betroffenen Gebieten besser abzubilden?

Diese bayerische Krankenhausampel, inzwischen zentrale Grundlage für die Bewertung der Pandemie, steht weiter auf grün. Allerdings sind die entscheidenden Parameter hier zuletzt ebenfalls gestiegen. Am Dienstag waren laut Divi-Intensivbettenregister 452 Corona-Fälle in Bayern in intensivmedizinischer Behandlung. Ab dem Wert 600 wechselt die Krankenhausampel im Freistaat auf rot - welche Einschränkungen dann genau gelten, ist bisher im Detail nicht festgelegt.

Klar ist dagegen: Die hohen Zahlen liegend ganz überwiegend an infizierten Ungeimpften. Zuletzt war die bayernweite Inzidenz in der Gruppe der Ungeimpften laut dem Gesundheitsministerium rund neunmal höher als bei den Geimpften. Auch auf den Intensivstationen ringen demnach vor allem ungeimpfte Covid-Patienten um ihr Leben. Steigende Infektionszahlen, stagnierende Impfquote: Angesicht dieser gesamten Ausgangslage wächst der Handlungsdruck auf die Politik. Im Wesentlichen geht es dabei aktuell um folgende Punkte:

Bald Corona-Auffrischungsimpfung für alle Geimpften?

Bislang empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko) eine Corona-Auffrischungsimpfung in erster Linie für Menschen ab 70 oder mit gewissen Vorerkrankungen sowie für bestimmte Berufsgruppen. Das könnte sich bald ändern. "Die Ständige Impfkommission prüft im Moment sehr intensiv, ob sie Auffrischungsimpfungen für alle Bevölkerungsgruppen empfehlen wird", sagte der Vorsitzende der Stiko, Thomas Mertens, den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Eine Entscheidung werde in wenigen Wochen fallen.

Bei einer Pressekonferenz am Dienstag äußerte sich Mertens zurückhaltend. Es komme darauf an, die Menschen zuerst zu schützen, die die Impfung am dringendsten benötigen, sagte der Stiko-Vorsitzende in Berlin. Zwar lasse der Schutz vor Ansteckung mit der Zeit nach, nicht aber der Schutz vor einer schweren Erkrankung. Gesunde Menschen mittleren Alters mit Grundimmunisierung könnten davon ausgehen, dass sie noch ausreichend Schutz vor einer schweren Covid-19-Erkrankung haben.

Der Stiko-Vorsitzende Mertens erklärt, dass die Corona-Impfung guten Schutz vor der Erkrankung bietet, nicht aber vor der Ansteckung.
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Der Stiko-Vorsitzende Mertens erklärt, dass die Corona-Impfung guten Schutz vor der Erkrankung bietet, nicht aber vor der Ansteckung.

Laut dem Chef der Kassenärztlichen Vereinigung (KVB), Andreas Gassen, sollen laut der aktuellen Empfehlung rund 15 Millionen Menschen in Deutschland bis Ende Dezember eine sogenannte Booster-Impfung erhalten. Gassen warb für ein "geordnetes Einladungsverfahren", zudem dürften die Regeln nicht alle paar Wochen geändert werden. Er betonte: Die letzte Corona-Impfung vor einer Auffrischungsimpfung müsse mindestens sechs Monate her sein.

Kassenärzte-Präsident Gassen fordert ein "geordnetes Einladeverfahren" für die Auffrischungsimpfungen.
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Kassenärzte-Präsident Gassen fordert ein "geordnetes Einladeverfahren" für die Auffrischungsimpfungen.

Schon jetzt sind sogenannte Booster-Impfungen in Deutschland für alle möglich, die das wollen. In anderen Ländern, allen voran Israel, werden schon weite Teile der Bevölkerung zum dritten Mal geimpft. Auch in Deutschland gibt es entsprechende Forderungen, etwa vom Vorsitzenden des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery. "Jeder, dessen vollständige Impfung sechs Monate zurückliegt, sollte sich bald eine Auffrischungsimpfung holen." Der Immunschutz nehme nach einem halben Jahr ab, erläuterte Montgomery.

  • Zum Artikel: "Booster-Impfung: Wer braucht die dritte Corona-Spritze?"

(Noch) strengere Regeln für Hotspot-Regionen?

Bereits seit Montag gelten in südbayerischen Regionen mit besonders vielen Corona-Infektionen etwas strengere Regeln als anderswo. Konkret geht es um die Landkreise Altötting, Berchtesgadener Land, Miesbach, Mühldorf, Traunstein sowie Stadt und Landkreis Rosenheim. In vielen Bereichen gilt dort wieder eine FFP2-Maskenpflicht, eine medizinische Maske reicht nicht mehr. In Discos und Clubs dürfen nur noch vollständig geimpfte oder genesene Menschen - 2G also statt 3G.

Bisher sind die Extra-Maßnahmen also vergleichsweise moderat. Ob es weitere Verschärfungen für die bayerischen Hochinzidenzgebiete gibt, wird ebenfalls die Kabinettsitzung am Mittwoch zeigen. Entscheidend ist offenkundig die jeweilige Zahl der schweren Verläufe. Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) kündigte bereits an: "Wir werden für Corona-Hotspots, in denen sich die Lage in den Krankenhäusern zuspitzt, am Mittwoch im Kabinett weitere Maßnahmen diskutieren."

Kleinteiliger gibt es regional bereits Verschärfungen. Am Dienstag kündigte etwa das Krankenhaus Agatharied im Landkreis Miesbach (Inzidenz: 621) ein weitreichendes Besuchsverbot an. Ausnahmen gibt es demnach nur für dringende Notfälle - etwa für Besuche von engsten Angehörigen bei Sterbenden sowie bei schwer dementen Patienten, für Begleitpersonen von kranken Kindern sowie einer Begleitung werdender Mütter zur Geburt. Für diese Besucher gilt die 3G-Regel.

3G-Regel am Arbeitsplatz - Testpflicht für Ungeimpfte?

Über die 3G-Regel wird derzeit auch an anderer Stelle diskutiert - und zwar mit Blick auf den Arbeitsplatz. Zum Beispiel in Österreich und Italien gilt für viele Arbeitnehmer und Beschäftigte inzwischen: Zutritt nur für Geimpfte, Genesene und Getestete. In Deutschland ist das bisher nicht vorgeschrieben. Laut dem Bundesverband mittelständische Wirtschaft ist die 3G-Regel allerdings in vielen deutschen Firmen bereits Realität. Der Verband fordert, dass Arbeitgeber den Impfstatus ihrer Beschäftigten erfragen dürfen. Viele Datenschützer und Gewerkschafter sind strikt dagegen.

Auch Industriepräsident Siegfried Russwurm hält unterdessen eine 3G-Regel am Arbeitsplatz für hilfreich. "Bund und Länder müssen rasch gemeinsam eine klare bundesgesetzliche Grundlage schaffen, damit die Unternehmen in den kommenden Wochen Schutzmaßnahmen auf 3G-Basis nachvollziehbar und planvoll für ihre Mitarbeitenden anwenden können", sagte Russwurm. "So lassen sich Arbeitsabläufe wieder weitestgehend normalisieren, die Beschäftigten von belastenden Hygienevorgaben befreien - und kreative Zusammenarbeit wird wieder uneingeschränkt möglich." Russwurm warnte: Die Politik drohe den gleichen Fehler zu machen wie im vergangenen Herbst, als sie "vor konsequenten und zentral wirksamen Maßnahmen zurückschreckte".

Bayern: Maskenpflicht im Schulunterricht ab 8. November?

Weil die Corona-Zahlen derzeit unter den (besonders häufig getesteten) Kindern und Jugendlichen vergleichsweise hoch sind, ist seit Tagen im Gespräch, die Maskenpflicht im Unterricht bayernweit wieder einzuführen. Auch mit dieser Frage beschäftigt sich das bayerische Kabinett an diesem Mittwoch. Gelten würde die Maskenpflicht vermutlich direkt nach den Herbstferien ab 8. November.

Wie bei nahezu allen Corona-Maßnahmen in den Schulen gibt es auch in diesem Fall Befürworter und Gegner. Bayerns Lehrerverbände sind dafür, die Maskenpflicht im Unterricht wieder einzuführen. Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, lehnt eine Maskenpflicht für Schüler während des Unterrichts dagegen ab. "Ich glaube, dass das eines der Elemente ist, mit dem man am wenigsten erreicht", sagte Reinhardt im Interview mit dem BR. Es sei "unangemessen", wenn Kindern zugemutet werde, dass sie während der Unterrichtsstunde am Platz Maske tragen sollen - während etwa Gäste in der Gastronomie keine Masken tragen müssten.

Corona-Tests bald wieder kostenlos?

Seit 11. Oktober sind Corona-Tests in vielen Fällen nicht mehr kostenlos. Zuletzt gab es vermehrt Forderungen, diese Entscheidung wieder rückgängig zu machen. "Nur ein Bruchteil der Ungeimpften beabsichtigt, sich noch impfen zu lassen", erklärte der bayerische FDP-Vorsitzende Daniel Föst. "Damit ist der Versuch gescheitert, die Impfrate mittels finanziellen Drucks anzukurbeln." Es brauche das Testen als "zusätzliche Säule im Pandemiemanagement". Auch AfD und Grüne warben in Bayern zuletzt - aus unterschiedlichen Gründen - für kostenlose Tests.

Generelle Testpflicht für Heime und Kliniken?

Nicht geimpfte oder genesene Menschen müssen derzeit in Bayern für den Besuch von Krankenhäusern oder Altenheimen einen negativen Test vorweisen. Ungeimpfte Beschäftigte in diesen Bereichen müssen sich mindestens zweimal wöchentlich testen lassen. Man müsse die besonders gefährdeten Gruppen mit allen Mitteln schützen, erklärte Gesundheitsminister Holetschek beim Start der Regelung Mitte August.

Der Sozialverband VdK geht nun noch einen Schritt weiter. Die Forderung: Alle Besucher und Mitarbeiter in Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern sollen sich testen müssen - also auch Geimpfte und Genesene. "Eine solche Pflicht ist unabhängig vom Impfstatus dringend notwendig", erklärte VdK-Präsidentin Verena Bentele in einer Pressemitteilung. "Die Zahl der Infizierten steigt gerade deutschlandweit wieder, gleichzeitig können auch Geimpfte und Genesene das Virus übertragen." Es müsse schnell gehandelt werden, Menschenleben stünden auf dem Spiel.

Impfzentren reaktivieren, Hausärzte entlasten?

Die Impfquote bundesweit und in Bayern steigt nur noch langsam. Das liegt nicht am fehlenden Angebot, sondern an der fehlenden Impfbereitschaft mancher Menschen. Zuletzt überraschte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) mit der Forderung, die Bundesländer sollten ihre Impfzentren wieder hochfahren - besonders mit Blick auf die inzwischen angelaufenen Auffrischungsimpfungen. Spahns Vorstoß stieß aber vor allem auf Skepsis, unter anderem beim Bayerischen Landkreistag und beim Deutschen Hausärzteverband.

Das bayerische Gesundheitsministerium betonte auf BR-Anfrage, es sehe primär die niedergelassenen Praxen in der Verantwortung. Das staatliche Impfangebot erfolge ergänzend dazu durch die 81 Impfzentren mit ihren rund 230 mobilen Impfteams und mindestens einer stationären Sprechstunde pro Woche. Auffrischungsimpfungen könnten zudem in Krankenhäusern durchgeführt werden, teilte ein Ministeriumssprecher mit. Auch könnten die Impfzentren schon jetzt "entsprechend den lokalen Gegebenheiten ihre Kapazität aufstocken und die Durchführung der Impfungen flexibel handhaben".

Bundesärztekammer-Präsident Reinhardt sprach sich dagegen dafür aus, die Impfzentren der Bundesländer für Booster-Impfungen wieder in Betrieb zu nehmen. Die Arztpraxen seien durch die Impfungen und die normale Infektwelle derzeit sehr in Anspruch genommen, eine Entlastung durch Impfzentren wäre hilfreich.

(mit Informationen von dpa und AFP)

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