Hamburg, Köln, auch Nürnberg haben sie – präzise Zahlen zum Infektionsgeschehen in ihren Stadtvierteln. Nur München nicht. Die bayerische Landeshauptstadt verzichtet auf eine Aufschlüsselung der Statistik, um einzelne "Problemviertel" nicht zu stigmatisieren.
Soziale Brennpunkte in München sollen nicht stigmatisiert werden
"Stadtviertel mit besonders hoher Inzidenz würden gebrandmarkt," so lautet die offizielle Begründung der Stadt München, weshalb sie keine gesonderten Infektionszahlen je nach Stadtviertel erhebt. Man erhalte keine Auskunft darüber, wo die Infektion stattfand, sondern lediglich darüber, wo infizierte Menschen wohnten, antwortet die Landeshauptstadt auf BR-Anfrage. Außerdem könne man in der Münchner Meldesoftware nur nach Postleitzahlen, nicht aber nach Stadtvierteln auswerten.
In Städten wie Hamburg hat die Auswertung des Wohnorts der Infizierten anhand von Daten der Sozialämter dagegen gezeigt, dass sich in sozial schwächeren Gegenden wohnende Menschen bis zu sechs Mal häufiger mit Corona infizierten als andere. Auch Nürnberg verzeichnet deutlich höhere Infektionszahlen in sozial angespannten Quartieren, was auch mit dem vorhandenen Wohnraum zusammenhängt.
Gezielte Impfungen in sozialen Brennpunkten
SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hat deshalb angeregt, mit Impfmobilen in sozialen Brennpunkten gezielt entgegenzusteuern. Auch Intensivmediziner fordern dies, um die Krankenhäuser zu entlasten. Für München könnte diese Strategie ohne entsprechende Statistik wegfallen. Martin Hagen von der Landtags-FDP kritisiert das Vorgehen der Landeshauptstadt, es gehe bei der Datenerhebung nicht um Stigmatisierung, sondern um gezielte Pandemiebekämpfung.
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