Gianfranco Canzian steht in der Wertach in Ebenhofen und wirft seine Angel aus. Echte Hoffnung auf einen großen Fang macht er sich nicht. Denn Fische sind hier inzwischen Mangelware, sagt der Vorsitzende der Marktoberdorfer Fischereiverbands, Josef Hochmuth.
"Die Allerweltsfische – Nase, Barbe – die es immer gegeben hat, sind verschwunden. Was Sie hier noch sehen, sind die besetzten Fische, die der Fischereiverein setzt: Forellen." Josef Hochmuth, Vorsitzender der Marktoberdorfer Fischereiverbands
Die Wertach ist schon lange nicht mehr natürlich
Von einem natürlichen Lebensraum ist die Wertach vielerorts weit entfernt. Über zwei Jahrhunderte hinweg wurde sie kanalisiert, begradigt und aufgestaut. Martin Mohr vom Wasserwirtschaftsamt Kempten steht an einem Abschnitt bei Leuterschach. Normalerweise müssten hier links und rechts vom Fluss weitläufige Auen sein. Tatsächlich stehen nur links ein paar wenige Bäume, rechts geht ein Feld bis direkt ans Ufer. Und die Uferböschung bricht fast senkrecht ab.
"In dem Bereich, wo wir uns jetzt befinden, sieht man sehr schön, wie die Wertach eben eingezwängt ist auf so ein Regelprofil. Im Prinzip läuft die Wertach jahreweise genau in dieser Struktur. Es ändert sich nur noch sehr wenig. Und dadurch fehlt es eben an der Dynamik, die ein natürliches Gewässer an sich hätte." Martin Mohr vom Wasserwirtschaftsamt Kempten
Mehrere hundert Vorschläge zur Renaturierung der Wertach
Wo es geht, steile Böschungen zurückbauen, Auwälder wiederherstellen, Totholz und Kiesbänke den Tieren als Lebensraum zurückgeben: Mehrere hundert Vorschläge listet das Gewässerentwicklungskonzept auf, das das Wasserwirtschaftsamt jetzt vorgestellt hat. Auf einem Grundstück der Stadt Marktoberdorf sollen auf vielen Metern dem Fluss links und rechts bis zu 20 Meter mehr Platzgegeben werden.
"Dass Bereiche entstehen, die nicht nur alle zehn Jahre überschwemmt werden, sondern möglicherweise sogar jährlich. Und wir bilden quasi einen komplett neuen Lebensraum aus, den es in diesem Bereich so eigentlich gar nicht gibt." Martin Mohr
Renaturierung der Wertach könnte mehre Millionen Euro kosten
Würden sämtliche Vorschläge aus dem Konzept umgesetzt, käme die Wertach ihrem natürlichen Zustand schon deutlich näher. Gut 11 Millionen Euro würde das wohl kosten. Eine komplette Umsetzung ist angesichts schwieriger Grundstücksverhältnisse am Fluss eher unwahrscheinlich.
"Wenn wir alles, was da drin steht, umsetzen würden, dann wären wir schon sehr nah an diesem natürlichen Zustand, wo wir hin wollen. Aber natürlich ist jeder kleine Schritt, jede kleine Stufe, die wir da bewältigen, jede kleine Maßnahme, die man da irgendwie umsetzen kann, sofort und schlagartig eine Verbesserung für das Gewässer. Also wir freuen uns um jede Kleinigkeit, die wir an dem Konzept auch umsetzen können." Martin Mohr
Für den Marktoberdorder Fischer Josef Hochmuth ist auf jeden Fall klar: So wie bisher kann es an der Wertach nicht weitergehen.