Dass eine IG-Metall-Vorsitzende in einem schweren Tarifkonflikt den Vorschlag eines früheren CDU-Bundesinnenministers und eines CDU-Ministerpräsidenten gutheißt, kommt nicht alle Tage vor. Beim aktuellen Tarifkonflikt zwischen der Lokführergewerkschaft GDL und der Deutschen Bahn ist das aber der Fall. Am Sonntags-Stammtisch im BR Fernsehen befürwortete die IG-Metall-Chefin Christiane Benner das Angebot der Moderatoren Thomas de Maizière (CDU), ehemals Bundesinnenminister, und des CDU-Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein, Daniel Günther. "Ich glaube, dass da ein gutes Angebot vorliegt", so die Vorsitzende der größten Einzelgewerkschaft der Welt.
Konkret geht es um den Vorschlag der Vermittler, die Wochenarbeitszeit in zwei Stufen von 38 auf 36 Stunden bei vollem Lohnausgleich bis 2028 zu verkürzen. Das genügt der GDL bisher nicht.
Benner fordert Ergebnis im Tarifstreit
Die ARD-Börsenjournalistin Anja Kohl, Stammgast am Stammtisch, forderte Benner auf, einen Tipp an GDL-Chef Claus Weselsky zu formulieren. Den wollte Benner nicht geben, sagte aber: "Ich vertraue darauf, dass es bei der GDL kluge Mitglieder gibt. Die werden jetzt genau diese Debatten führen", so Benner.
Christian Neureuther, Ski-Legende und ebenfalls Stammgast am Stammtisch, kritisierte Weselsky scharf: "Wenn er zu den Bahn-Leuten sagt: 'Die wollen sich nur die Taschen füllen!' Das stimmt einfach nicht. Da komme ich zu keinem Konsens, den auch die Gesellschaft mitträgt."
Die IG-Metall-Vorsitzende Benner ergänzte, dass es diesen Konsens in der Bevölkerung lange gegeben habe: "Es gab ja auch lange Unterstützung. Jetzt wäre wirklich Zeit, das in ein Ergebnis münden zu lassen."
Benner verwies weiterhin darauf, dass es in solchen Tarifkonflikten auf die Art der Auseinandersetzung ankomme: "Da haben wir an der Spitze der IG Metall eine Verantwortung zu gucken: Wie ist die Stimmung?" Am Ende müsse klar sein, wie man zu einer Lösung komme, die akzeptiert werde.
Autor Jan Weiler nimmt Weselsky teilweise in Schutz
Autor Jan Weiler nutzt für seine Lesetour häufig die Bahn. Seine Erfahrung nach mache es angesichts häufiger Verspätungen der Bahn oft keinen Unterschied, ob die Bahn streike oder nicht. Ihn sorgen vor allem die Wellenstreiks, die Weselsky bereits angedroht hatte und die nur sehr kurzfristig angekündigt werden sollen. "Wenn ich eine Woche vorher vom Streik weiß, kann ich versuchen, einen Mietwagen zu bekommen. Wenn ich das nicht weiß, bedeutet das für mich, dass ich dann Veranstaltungen absagen muss", so Weiler. Trotzdem nahm er Weselsky teilweise in Schutz.
"Ich finde ihn teilweise auch unerträglich, aber er steht für die Interessen seiner Leute ein, denen es nicht gut geht", so Weiler. Bahn-Mitarbeiter würden wahnsinnig viel arbeiten und das in einem "infrastrukturell heruntergewirtschafteten Unternehmen", argumentierte Weiler.
Institut der Deutschen Wirtschaft: GDL-Streik kostet pro Tag 100 Millionen Euro
Nach einer Schätzung des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) hat der GDL-Streik die Volkswirtschaft pro Tag 100 Millionen Euro gekostet. Allein der direkt bestreikten Deutschen Bahn ist einer Sprecherin zufolge täglich ein Schaden von 25 Millionen Euro entstanden.
Im aktuellen Tarifkonflikt will die GDL nur dann an den Verhandlungstisch zurückkehren, wenn bis 10. März um 18 Uhr ein neues Angebot der Bahn vorliegt.
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